Physiologie der Ehe (German Edition)
hätte, wie es dir anzunehmen beliebt, so würde ich nicht einen alten Herrn wählen wie deinen Baron. Wenn ich ihm einige Hoffnung gemacht, wenn ich ihn bei mir empfangen habe, so geschah dies ganz gewiß, um mir damit einen Spaß zu machen und um ihn dir vom Halse zu schaffen, denn ich habe geglaubt, du habest eine Schwäche für den jungen de Rostanges ...«
»Ich?« rief Luise. »Gott soll mich davor bewahren, meine Liebe! Das ist ja der unerträglichste Geck von der Welt! Nein, ich versichere dir, ich liebe meinen Mann! ... Du hast gut lachen, aber es ist so. Ich weiß wohl, ich mache mich damit lächerlich – aber urteile selber: er hat mein Glück gemacht, er ist nicht geizig, und er ist für mich alles und alles, da das Unglück gewollt hat, daß ich Waise werden sollte. Und selbst wenn ich ihn nicht liebte, so müßte mir doch daran liegen, mir seine Achtung zu erhalten. Habe ich eine Familie, zu der ich eines Tages meine Zuflucht nehmen könnte?«
»Höre, mein Engel, sprechen wir nicht mehr von all diesen Geschichten,« fiel Emilie ihrer Freundin ins Wort; »denn das ist ja gräßlich langweilig.«
Nach einem Austausch von einigen gleichgültigen Bemerkungen ging die Baronin.
»Nun, mein Herr?« rief Frau B., indem sie die Tür zur Kammer öffnete, in der der Baron ganz frosterstarrt stand – denn der Vorfall spielte sich im Winter ab – »nun? Schämen Sie sich denn nicht, daß Sie eine so interessante kleine Frau nicht anbeten? Mein Herr, sprechen Sie mir nicht mehr von Liebe! Sie könnten mich eine Zeitlang ›vergöttern‹, wie Sie es nennen – aber Sie würden mich niemals so lieben, wie Sie Luisen lieben. Ich fühle, ich werde niemals in Ihrem Herzen die Teilnahme aufwiegen, die eine tugendhafte Frau, Kinder, eine Familie einflößen müssen! Eines Tages stände ich schutzlos vor der ganzen Strenge Ihrer Ansichten. Sie würden kalt von mir sagen: ›Diese Frau da habe ich mal gehabt!‹ – denn diese Redensart höre ich fortwährend von den Männern mit der beleidigendsten Gleichgültigkeit aussprechen. Sie sehen, mein Herr, ich erwäge die Gründe mit kaltem Blut, und ich liebe Sie nicht, weil Sie selbst mich nicht lieben können ...«
»Aber was muß ich denn tun, um Sie von meiner Liebe zu überzeugen?« rief der Baron, indem er die junge Frau ansah.
Niemals war sie ihm so entzückend erschienen wie in diesem Augenblick, wo ihre neckische Stimme ihn mit Worten überschüttete, deren Härte durch die Anmut ihrer Gebärden, durch ihre Kopfbewegungen und durch ihre ganze kokette Haltung Lügen gestraft zu werden schien.
»Oh! Wenn ich einmal sehe, daß Luise einen Liebhaber hat,« erwiderte sie; »wenn ich weiß, daß ich ihr nichts genommen habe und daß sie es nicht zu bedauern braucht, wenn sie Ihre Zuneigung verliert; wenn ich ganz sicher bin, daß Sie sie nicht mehr lieben, und wenn ich einen sichern Beweis Ihrer Gleichgültigkeit gegen sie erhalte ... oh! dann ... ja dann werde ich Sie anhören können! Diese Worte müssen Ihnen abscheulich erscheinen,« fuhr sie mit einem tiefen Klang der Stimme fort; »sie sind es in der Tat, aber glauben Sie nicht, daß diese Worte von mir ausgesprochen seien! Ich bin der strenge Mathematiker, der aus einer Voraussetzung alle Folgerungen zieht. Sie sind verheiratet – und Sie lassen sich's einfallen, lieben zu wollen? Ich wäre wahnsinnig, wenn ich die geringste Hoffnung auf einen Mann setzen würde, der mir nicht ewig angehören kann!«
»Teufelin!« rief der Baron. »Ja, Sie sind eine Teufelin und keine Frau!«
»Aber Sie sind wirklich scherzhaft!« sagte die junge Dame, indem sie nach der Klingelschnur griff.
»O nein, Emilie!« rief mit ruhigerer Stimme der vierzigjährige Liebhaber. »Läuten Sie nicht, halten Sie ein! Verzeihen Sie mir! Ich werde Ihnen alles opfern!«
»Aber ich verspreche Ihnen nichts!« rief sie schnell und mit lautem Lachen.
»Gott! wie lassen Sie mich leiden! rief er.
»Ei! Haben Sie nicht in Ihrem Leben mehr als ein Unglück angerichtet?« fragte sie. »Erinnern Sie sich aller der Tränen, die um Ihretwillen geflossen sind! Oh! Ihre Leidenschaft flößt mir nicht das geringste Mitleid ein! Wenn Sie wollen, daß ich nicht darüber lache, so bringen Sie mich dazu, sie zu teilen ...«
»Adieu, Madame! In Ihrer Grausamkeit liegt noch eine gewisse Milde. Ich weiß die Lektion zu schätzen, die Sie mir geben. Ja, ich habe Verirrungen gutzumachen ...«
»Schön, dann gehen Sie hin und tun Sie Buße!« sagte sie mit
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