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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Schönheit und ließ die weißesten Schultern, die entzückendsten Umrisse sehen. Ihr Antlitz, das noch von der Lust des Abends bewegt war, schien an Glanz mit dem Atlas ihrer Robe zu wetteifern, ihre Augen mit dem Feuer der Diamanten und ihre Hautfarbe mit der sanften Weiße einiger Marabufedern, die ihre Haare schmückten und das Ebenholzschwarz ihrer Flechten und die neckischen Windungen ihrer Locken hervortreten ließen. Ihre sanft eindringende Stimme bewegte die gefühllosesten Fibern des Herzens. Mit einem Wort, sie zog so mächtig zur Liebe hin, daß vielleicht sogar Robert d'Arbrissel unterlegen wäre.
    Der Baron sah seine Frau an, die ermüdet in einer der Ecken des Coupés schlief. Er verglich unwillkürlich die Toiletten Luisens und Emiliens. Nun ist bei derartigen Gelegenheiten die Gegenwart unserer Frau ein eigentümlicher Stachel, für die unwiderstehlichen Begierden einer verbotenen Liebe. Daher waren denn auch die Blicke, die der Baron abwechselnd auf seine Frau und auf deren Freundin richtete, leicht zu verdolmetschen, und Frau B. verdolmetschte sie.
    »Sie ist ganz abgespannt, die arme Luise!« sagte sie. »Das Gesellschaftstreiben ist nichts für sie – sie hat mehr Geschmack für das Einfache. In Écouen las sie fortwährend.«
    »Und Sie, was machten Sie da?«
    »Ich, mein Herr? Oh! Ich dachte nur ans Theaterspielen. Das war meine Leidenschaft!«
    »Aber warum besuchen Sie meine Frau so selten? Wir haben ein Landhaus in Saint-Prix; dort hätten wir zusammen Komödie spielen können auf einer kleinen Bühne, die ich habe einrichten lassen.«
    »Wer hat schuld daran, wenn ich Frau von V. nicht gesehen habe?« antwortete sie. »Sie sind so eifersüchtig, daß Sie ihr weder erlauben, ihre Freundinnen zu besuchen, noch sie zu empfangen.«
    »Ich eifersüchtig!« rief Herr von V. »Nach einer vierjährigen Ehe und nachdem wir drei Kinder gehabt haben!«
    »Bst!« sagte Emilie, indem sie dem Baron einen Schlag mit dem Fächer auf die Finger gab; »Luise schläft nicht!«
    Der Wagen hielt, und der Intendant bot der schönen Freundin seiner Frau die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen.
    »Ich hoffe,« sagte Frau B., »Sie werden Luise nicht verhindern, auf den Ball zu kommen, den ich diese Woche gebe?«
    Der Baron verneigte sich ehrerbietig.
    Dieser Ball war der Triumph der Frau B. und die Niederlage des Barons; denn er verliebte sich bis über die Ohren in Emilie, der er hundert legitime Frauen aufgeopfert hätte.
    Einige Monate nach dieser Gesellschaft, auf der der Baron die Hoffnung faßte, es werde ihm bei der Freundin seiner Frau glücken, befand er sich eines Morgens bei Frau B., als die Zofe die Baronin von V. meldete.
    »Ach!« rief Emilie, »wenn Luise Sie um diese Stunde bei mir sähe, sie wäre imstande, mich bloßzustellen. Gehen Sie in dieses Kabinett nebenan und machen Sie nicht das leiseste Geräusch.«
    Der Ehemann, der wie in einer Mausefalle gefangen war, versteckte sich in dem Kabinett.
    »Guten Tag, meine Teure!« sagten die beiden Frauen zueinander, indem sie sich küßten.
    »Warum kommst du denn so frühzeitig?« fragte Emilie.
    »Oh! Meine Liebe, errätst du es nicht? Ich komme zu dir, um mit dir eine Auseinandersetzung zu haben.«
    »Bah! Ein Duell?«
    »Ganz recht, meine Liebe, ich bin nicht wie du! Ich liebe meinen Mann und bin eifersüchtig auf ihn. Du, du bist schön, reizend, du hast das Recht, kokett zu sein; du kannst sehr wohl dich auf B.'s Kosten lustig machen, der sich aus deiner Tugend sehr wenig zu machen scheint; aber da es dir an Liebhabern in der Gesellschaft nicht fehlen wird, so bitte ich dich, mir meinen Mann zu lassen ... Er ist fortwährend bei dir, und er würde gewiß nicht hierher kommen, wenn du ihn nicht herzögest.«
    »Schau, du hast da ein ganz reizendes Halstuch!«
    »Findest du? Meine Kammerzofe hat es mir arrangiert.«
    »Schön, ich werde meine Anastasie zu deiner Flora schicken, um sich das zeigen zu lassen.«
    »Also, meine Liebe, ich rechne auf deine Freundschaft – du wirst mir keinen häuslichen Kummer machen.«
    »Aber, mein armes Kind, ich weiß gar nicht, wie du auf den Gedanken kommen kannst, ich könnte deinen Mann lieben! Er ist dick und fett wie ein Zentrumsabgeordneter. Er ist klein und häßlich. Freigebig ist er allerdings, aber das ist auch alles, was er für sich hat, und das ist eine Eigenschaft, die höchstens einer Operntänzerin gefallen könnte. Also, du begreifst, meine Liebe, wenn ich mir einen Liebhaber zu suchen

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