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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schuster
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etwas umständlichen Treppenlifte für alte Menschen eine elegantere Technik zu setzen. Was sind die Begriffe des Umfeldes Treppenlift?
Fahrstuhl, Sessel, Zahnrad, Motor,
Treppe, Etage, heben, Stufe, Geländer, Strom, Getriebe, Bühne,
Lift, Aufzug, Hochsitz, Schräge.

    Wie lassen sich die kombinieren? Zahnradsessel, Stufenmotor (hier kommt mir eine erste Idee, die Stufen zu bewegen), Stufen heben, Stufenaufzug (stützen diese Idee). Könnte man nacheinander die Treppenstufen bewegen, und der alte oder behinderte Mensch muss nur noch geradeaus gehen? Sicher wäre das möglich. Mit der Wortkombination öffnete sich also schnell die Idee zu einer ganz neuen Lift-Technik.

    Eine Analogie soll die Macht des Zufalls bei der Suche nach wichtigen Ideen anschaulich machen: Wie man weiß, fliegen Insekten zum Licht und nach oben, wenn sie flüchten wollen. So kann es kommen, dass sie unter einem Glas gefangen sind, obwohl es nach unten eine große Fluchtöffnung hat. Wenn die Insekten nach ihren vielen fehlgeschlagenen Versuchen, der Situation zu entkommen, die Möglichkeit hätten, eine Zufallsstrategie anzuwenden, würden sie schnell den Weg in die Freiheit finden.
Der morphologische Kasten (Möglichkeitenraum)
    Der erfindungsreiche Astronom und Physiker Fritz Zwicky hat nicht nur die Supernova als Übergang zum Neutronenstern entdeckt, sondern sich auch intensiv mit einer Methode der Erfindung beschäftigt, die er morphologische Methode nennt. Der Name ist etwas schwer zu entschlüsseln. Die Morphologie beschäftigt sich mit den Formprinzipen einer Gegenstandswelt, also etwa die Morphologie der Pflanzen mit den grundlegenden Formen der Pflanzen.
    Hier ist aber eher gemeint, dass alle Erscheinungsmöglichkeiten eines Phänomens in kreuztabellierten Dimensionen erfasst werden, um dann für die Erfindung günstige oder auch bislang übersehene neue Möglichkeiten auszuwählen (daher habe ich für die Methode den neuen Namen »Möglichkeitenraum« vorgeschlagen).
    Ein gutes Beispiel ist das periodische System der Elemente. Es ist die Tabelle zweier Dimensionen der Elemente, nämlich des Atomgewichts und der Elektronen auf der äußeren Schale. Zunächst waren Felder von seltenen Elementen unbesetzt, aber der »morphologische Kasten« des periodischen Systems der Elemente erlaubte die Vorhersage, dass hier noch neue Elemente zu entdecken wären, und diese Vorhersage wurde im Laufe der Zeit erfüllt!
    Wichtig ist es natürlich, wirklich grundlegende Dimensionen eines Gegenstandsbereichs zu erfassen: Eine Kreuztabelle von der Farbe eines chemischen Stoffs und dessen Geruch hätte nicht vorhersagbar machen können, welche Elemente noch zu finden sind. Also ist es die Aufgabe des Erfinders, mit den Dimensionen des Gegenstandes ein wenig zu spielen, bis sich neue, vielversprechende Felder öffnen. Gute Sachkenntnis über die Domäne des Möglichkeitsfeldes ist die Bedingung dafür, sinnvolle Dimensionen für die Möglichkeitentabelle zu finden.
    Zudem ist die Tabellierung bei nur zwei relevanten Dimensionen leicht zu überblicken, wenn es drei Dimensionen werden, ist es schon schwieriger, und vier Dimensionen mit jeweils zehn Ausprägungen würden schon 10 × 10 × 10 × 10, also 10 000 Felder ergeben. Bei komplexeren Gegenstandsbereichen empfiehlt es sich also, die Möglichkeiten einzugrenzen. Erst werden die ersten zwei Dimensionen tabelliert, dann wählt man nur die für eine Innovation vielversprechenden Felder aus und tabelliert sie einzeln mit den nächsten beiden oder nur mit der nächsten relevanten Dimension.

    In einem Seminar soll mit Zwickys Möglichkeitenraum ein neuer Tisch erfunden werden. Welche Dimensionen des Tisches soll man aufnehmen? Es wurden vorgeschlagen: Form, Material, Funktion, Beine/Stand. Die Unterteilungen können den Möglichkeitenraum, der in den Blick gerät, bereits einengen: Bei Beine/Stand könnte man ein Bein, zwei Beine, drei Beine, vier Beine wählen. Andere Standmöglichkeiten oder das Aufhängen ohne Beine fallen nun aus dem Möglichkeitenraum heraus. Erst wenn man »keine Beine« ins Auge fasst, kommen auch Aufhängungen, seitliche Anbringungen oder gar ein Schweben auf einem Luftstrahl in den Möglichkeitenhorizont. Verrückte neue Tische ergeben sich auch erst, wenn man sich bei der Funktion nicht auf traditionelle Möglichkeiten wie Esstisch, Computertisch, Beistelltisch beschränkt, sondern auch Möbelfunktionen wie aufbewahren, schlafen, Raum trennen, Sammlungspräsentation, kochen,

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