Picasso kann jeder
Zukunft zu zweifeln begann. Als Bild kommt mir in den Sinn: zwei Ritter jeweils auf einer eigenen Burg, die Truppen am Boden in leichte Gefechte verwickelt.
In einem zweiten Schritt sollte man nun dieses Bild – durch bildhaftes Denken – in einen Zustand verwandeln, bei dem alles wieder gut ist (All-better-Bild). Ich stelle mir vor, wie die Ritter aus ihren Burgen kommen (vom hohen Ross herunterkommen), um am Boden ein Turnier ihrer Truppen zu beobachten. Ergibt sich aus diesem Bild ein (origineller) therapeutischer Hinweis, ein Hinweis für die Lebensführung? Ja, sicher: Die beiden könnten eine nützliche Konkurrenz entwickeln, indem sie sich gemeinsame Ziele setzen und der Partner, der die beste Lösung findet, einen (symbolischen?) Preis erhält. Man könnte versuchen, im beginnenden Streitgespräch Argumente für die Position der Gegenseite, also hier des Partners, beizutragen.
Modelle, Analogien
Die bildhaften Vorstellungen sind nicht nur einfach Bilder, sondern – indem sie Bilder sind – auch Modelle oder Analogien für einen Sachverhalt. Manchmal ergibt sich der Einfall einfach aus der Analogie; wenn die Analogie gefunden ist, kommt der Einfall sozusagen ganz von selbst. (Zwischen Modell und Analogie müssen wir hier nicht unterscheiden. Gemeint ist: Der Sachverhalt, über den wir nachdenken, wird auf einen Sachverhalt hin projiziert, der sich ähnlich verhält, aber möglicherweise einfacher oder anschaulicher ist.)
Oben habe ich berichtet, dass auf dem Weg zu wichtigen Erfindungen das Denken in Analogien stand, so etwa bei der Entwicklung der Relativitätstheorie oder der Darwinschen Evolutionstheorie. In den Forschungen zum komplexen Problemlösen zeigte sich, dass Analogien bei der Lösung sehr helfen können. Es ist gar nicht so leicht, ein Kühlhaus zu steuern, weil die Zieltemperatur erst einige Zeit nach der Regeloperation erreicht wird. Wenn man aber für die Steuerungsaufgabe die Analogie von Rechnungen wählt, die erst nach einiger Zeit bezahlt werden, gelingt die Bewältigung der Aufgabe (Dörner 1989).
Als Einstein die Relativitätstheorie entwickelte, hatte er eine plötzliche Fantasie, die er als einen der glücklichsten Gedanken seines Lebens beschreibt. Er stellte sich einen Mann vor, der vom Dach fällt. Während des Falls bemerkt er die Wirkung der Gravitation nicht. Lässt er einen Gegenstand los, den er in der Hand hält, so wird dieser, wie in der Schwerelosigkeit, seine relative Position beibehalten. So ist dieser Mann also auf der einen Seite in Bewegung – er fällt ja gerade –, und auf der anderen Seite empfindet er sich in einem Zustand der Ruhe. Aus diesem Gegensatz von Ruhe und Bewegung entstand die plötzliche Einsicht, die dann in komplizierten weiteren Gedankenschritten zur Initialzündung der Idee der Relativitätstheorie wurde. Auch hier half im Prozess der Ideenfindung eine Analogie in Form einer bildhaften Vorstellung weiter.
Wie findet man aber eine Analogie?
Alles, was einander ähnlich ist, kann sich als Analogie eignen. Ein Weg zu einer ähnlichen Sache führt über den Oberbegriff. Nehmen wir an, ich wolle eine Analogie für den Stromkreislauf finden. Der Oberbegriff ist Kreislauf. Jetzt suche ich andere Unterbegriffe dieses Oberbegriffs und prüfe, ob sie als Analogie taugen: Blutkreislauf, Geldkreislauf, Wasserkreislauf. Tatsächlich gibt es die didaktische Hilfe, den Stromkreislauf durch den Wasserkreislauf zu erklären. Der Widerstand wird bei engen Rohren größer. Eine Pumpe/Batterie muss beide Kreisläufe in Gang halten.
In einem von Dörners Experimenten zum Lösen komplexer Probleme (vgl. Dörner 1989) müssen die Studenten in der Simulation eine Uhrenfabrik managen. Eine Studentin überlegt sinngemäß wie folgt: »Eine Uhrenfabrik, das ist doch auch eine Produktion, genauso wie mein Drehen der Zigaretten.« Jetzt kommt sie auf die relevanten Fragen für die Uhrenproduktion. »Bei der Zigarettenproduktion brauche ich Papier, Tabak und Spucke in einer bestimmten Reihenfolge, wie ist das eigentlich bei der Uhrenproduktion? Welche Materialien braucht man dort?«
Natürlich kann ich auch den Zufall zu Hilfe nehmen, meine Analogie zur Zerstörungskraft eines schnellen Autos kam ja durch zufälliges Blättern in einem Lexikon zustande.
Eine spezielle Analogie (aus den Synectics)
Eine Analogie, die sich immer anbietet, ist der eigene Körper, das eigene Verhalten: Wie müssten die Zähne eines Reißverschlusses ineinandergreifen? Kann ich mir
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