Picasso kann jeder
befanden, durch Reiben entzünden lassen. Das Streichholz war erfunden. Viele andere Produkte unserer Welt sind das Ergebnis von Zufallsfunden, so der Faden für den Nylonstrumpf und der Teebeutel.
Wer eine Problemfrage mit sich trägt, kann also hoffen, dass ein günstiger Zufall eine nützliche Anregung gewährt. Der Chemiker Louis Pasteur hat es so formuliert: »Der Zufall begünstigt nur einen vorbereiteten Geist.« Man kann die zufällige Anregung natürlich auch aktiv suchen – wovon der folgende Abschnitt handeln soll.
Den Zufall nutzen
Es gibt viele Quellen »zufälliger« Information, z.B. Zufallszahlen. Die werden aber kaum nützlich sein, wenn man einen Einfall für ein Bildmotiv sucht. Dann sollte es eher eine bildhafte Information sein: Leonardo da Vinci schlug vor, bröckelndes Mauerwerk zu betrachten, wenn man ein Landschaftsbild entwerfen will. Derartige Zufallsstrukturen gibt es viele: abfrottierte Hölzer (wie sie Max Ernst benutzte; Holzfrottagen), blinde Fensterscheiben, Strukturen in Natursteinfliesen. Alle regen die bildnerische Fantasie an.
Will ich eine Melodie finden, muss ich mich zufälligen Tönen aussetzen. Vielleicht gibt der Gesang der Vögel (Verallgemeinerungs-Spezialisierungs-Schaukel: Tierstimmen?) Anregungen. Also könnte ich mich dem systematisch aussetzen und z.B. eine CD mit Vogelstimmen erwerben oder Zeit im Vogelhaus eines Zoos verbringen. Vielleicht ist auch das zufällige Funk-Mischmasch eines Kurzwellenempfängers oder das Rattern der Eisenbahn auf den Gleisen und Schwellen Anregung für einen Rhythmus (siehe auch den Musikfilm »Dancer in the Dark« von Lars von Trier aus dem Jahr 2000: »Björk«, die isländische Sängerin und Komponistin für elektronische Musik, hat in den 90er Jahren gemeinsam mit dem dänischen Regisseur Lars von Trier einen Film gemacht, bei dem die Umweltgeräusche mit ihrem Rhythmus immer wieder ein neues Lied anstoßen).
Anregungen für ein Gedicht können zufällig in die Tastatur geschriebene Buchstabenfolgen geben. Versuchen wir es gleich einmal (wirklich, dies ist die erste und unveränderte Folge, die ich geschrieben habe): »Ndekööwrlkgvjjv«. Dazu fällt mir ein: »Nadelkönig Wirlvesuvisch«. Immerhin zwei ganz ungewöhnliche Wörter, die jetzt vielleicht in einem Gedicht Verwendung finden.
Für ganze literarische Entwürfe gibt es die Methode des »automatischen Schreibens«. Man schreibt einfach drauflos, wie die Worte kommen, ohne auf Sinn oder Grammatik zu achten – und prüft dann, ob es der Entwurf zu einer Geschichte wird.
Schriftsteller suchen ihre Anregungen aber eher in den vielen Geschichten, die in der Presse kolportiert werden. Beim Lesen der »unglaublichen Geschichten«, die etwa R. W. Brednich wiedergibt (vgl. die vier im Literaturverzeichnis genannten Bände), staunte ich darüber, in welch starkem Maße diese Geschichten Vorlagen für literarische Bearbeitungen wurden; ganz zufällig war ich auf diese Quelle der literarischen Inspiration gestoßen.
Bei Sachproblemen kann es nützlich sein, einfach ein Lexikon oder Wörterbuch an einer beliebigen Stelle aufzuschlagen und dann blind ein Wort auf der Seite anzutippen. Mir hat dieses Vorgehen einmal schnell zu einem Einfall verholfen.
Ich wollte einfühlbar, am besten mit Hilfe einer Analogie, darstellen, dass mit steigender Geschwindigkeit die Gefährlichkeit eines Autounfalls drastisch zunimmt. Also probierte ich aus, ob zufällig gewählte Wörter in einem Lexikon weiterhelfen. Das neunte Wort, das ich antippte, war »Gewehr«. Das verhalf mir zu dem Einfall: Wenn man eine kleine Stahlkugel wirft, kann sie nicht viel Schaden anrichten. Wenn man sie aber mit hoher Geschwindigkeit aus einem Gewehr schießt, kann sie Panzerplatten durchschlagen. Bei diesem Gedanken kam ich dann auch noch auf den Karateschlag, der auch ein gutes Beispiel ist.
Von der Anregung bis hin zum Einfall ist – wie hier berichtet – immer noch ein wenig Gedankenarbeit zu leisten, die aber sozusagen von selbst passiert; wenn nicht, muss man eben eine andere Anregung suchen.
Exkurs zum Zufall – neue Wortkombinationen
Man kann mit Wortneukombinationen versuchen, auch unter Zuhilfenahme des Zufalls, etwas enger am semantischen Umfeld eines Problems zu bleiben. Zunächst sammelt man alle Begriffe, die mit der Aufgabenstellung zu tun haben, dann kombiniert man sie neu und prüft, ob sich ein nützlicher Hinweis ergibt.
Zum Beispiel wäre es doch sicher möglich, an die Stelle der
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