Picknick mit Bären
war, und er war fast immer betrunken.
Wie ich später erfuhr, fand ihn die Polizei zwei Wochen später in einem Auto, das sich auf einem Stoppelfeld außerhalb der Kleinstadt Mingo überschlagen hatte. Er hing noch im Sicherheitsgurt, mit dem Kopf nach unten, das Steuerrad fest umklammert, und sagte zu dem Polizisten: »Irgendwelche Probleme, Officer?« Im Handschuhfach wurde eine geringe Menge Kokain gefunden, und Katz wurde vorsorglich für 18 Monate in Sicherheitsverwahrung genommen. Während dieser Zeit fing er an, regelmäßig zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker zu gehen.
Zu unser aller Überraschung, nicht zuletzt seiner eigenen, hatte er seitdem keinen Tropfen Alkohol oder andere Drogen mehr angerührt.
Nach seiner Entlassung bekam er einen kleinen Job, ging halbtags wieder aufs College und zog mit einer Friseuse namens Patty zusammen. Die letzten drei Jahre hatte er ein unbescholtenes Leben geführt und, wie ich gleich feststellen konnte, als er geduckt durch die Tür trat, sich einen Bauch zugelegt. Katz war erstaunlich breit geworden im Vergleich zum letzten Mal. Er war immer schon ein wenig pummelig, aber jetzt mußte man gleich an Orson Welles nach einer durchzechten Nacht denken, wenn man ihn sah. Er humpelte leicht und atmete schwerer, als nach einem Weg von 20 Metern zu erwarten wäre.
»Mann, hab’ ich einen Hunger«, sagte er, ohne ein Wort der Begrüßung, und übergab mir sein Handgepäck. Ich hätte mir beinahe den Arm ausgerenkt.
»Was hast du denn da drin?« keuchte ich.
»Nur ein paar Kassetten und anderen Kram für unterwegs. Gibt es hier irgendwo ein Dunkin Donuts in der Nähe? Ich habe seit Boston nichts mehr gegessen.«
»Boston? Da kommst du doch gerade erst her.«
»Ja. Ich muß jede Stunde was essen, sonst kriege ich meine – wie soll ich sagen? – Anwandlungen.«
»Was denn für Anwandlungen?« Es war nicht gerade das Wieder- sehen, das ich mir ausgemalt hatte. Ich stellte mir vor, wie er den Appalachian Trail entlanghüpfte, wie ein Spielzeug zum Aufziehen, das auf den Rücken gefallen war.
»Die kriege ich regelmäßig, seit ich vor zehn Jahren mal verseuchtes Anilin eingenommen habe. Mit ein paar Doughnuts ist die Sache normalerweise erledigt.«
»In drei Tagen sind wir mitteninder Wildnis, Stephen. Da gibt es keine Doughnuts.«
Er strahlte stolz übers ganze Gesicht. »Ich habe vorgesorgt.« Er zeigte auf seine Tasche an der Gepäckausgabe, einen grünen Army-Seesack, und deutete mir an, ich solle ihn hochheben. Er wog mindestens 30 Kilo. Er sah meinen verwunderten Gesichtsausdruck. »Snickers«, erklärte er. »Ein ganzer Sack voll Snickers.«
Wir machten einen Umweg über Dunkin Donuts, bevor wir nach Hause fuhren. Meine Frau und ich setzten uns mit ihm an den Küchentisch und sahen zu, wie er fünf Boston-Cream-Doughnuts verputzte, die er mit zwei Bechern Milch hinunterspülte. Dann sagte er, er wolle sich ein bißchen ausruhen. Er brauchte mehrere Minuten, um die Treppe nach oben zu bewältigen.
Meine Frau sah mich mit einem Ausdruck heiterer Verständnislosigkeit an.
»Bitte, sag jetzt nichts«, bat ich sie.
Nachdem er seinen Mittagsschlaf gehalten hatte, suchten wir Dave Mengle in dem Outdoor-Laden auf, kauften eine Ausstattung für Katz – Rucksack, Zelt, Schlafsack und den ganzen anderen Kram, – anschließend gingen wir zu Kmart und besorgten einen Zeltboden, Thermounterwäsche und noch ein paar Kleinigkeiten. Danach mußte er sich wieder hinlegen.
Am Tag darauf gingen wir in einen Supermarkt, um Proviant für die erste Woche unserer Wanderung einzukaufen. Ich hatte keine Ahnung vom Kochen, aber Katz versorgte sich seit Jahren selbst und hatte ein festes Repertoire an Gerichten (hauptsächlich Erdnußbutter, Thunfisch und brauner Zucker, alles in einem Topf vermengt), die seiner Meinung nach auch ganz gut zur Zeltlageratmosphäre paßten, aber er packte noch eine Menge anderer Sachen in seinen Einkaufswagen – vier große Salamiwürste, fünf Pfund Reis, diverse Kekspackungen, Haferflocken, Rosinen, M&Ms, Büchsenfleisch, noch mehr Snickers, Sonnenblumenkerne, Grahamplätzchen, Instant-Kartoffelpüree, mehrere Streifen gedörrtes Rindfleisch, ein paar Käsestücke, Dosenschinken und die gesamte Auswahl unverderblicher Kuchen und Doughnuts, die der Hersteller Little Debbie im Angebot hat.
»Ich glaube nicht, daß wir das alles tragen können«, gab ich ängstlich zu bedenken, als er auch noch eine kommetgroße Mortadella in den Einkaufswagen
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