Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
legte.
    Katz begutachtete den Wageninhalt mißmutig. »Du hast recht«, pflichtete er mir bei. »Fangen wir nochmal von vorne an.«
    Er ließ den Wagen einfach stehen und ging los, um sich einen neuen zu holen. Wir drehten nochmal eine Runde und versuchten, diesmal eine intelligentere Auswahl zu treffen, hatten aber zum Schluß immer noch viel zu viel.
    Wir brachten alles nach Hause, teilten es auf und machten uns ans Packen – Katz in dem Gästezimmer, wo auch sein übriger Kram lag, und ich in meinem Hauptquartier im Keller. Ich packte zwei Stunden lang, aber ich schaffte es nicht, alles reinzukriegen. Ich legte Bücher, Notizblöcke und die ganze Ersatzkleidung beiseite und probierte alle möglichen Kombinationen aus, aber jedesmal, – wenn ich fertig war, entdeckte ich ein großes und -wichtiges Teil, das übriggeblieben war. Schließlich ging ich nach oben, um zu sehen, wie Katz zurechtkam. Katz lag auf dem Bett und hatte seinen Walkman auf. Sein Zeug lag überall verstreut im Zimmer herum. Der neue Rucksack stand schlaff und vernachlässigt da. Ein leises rhythmisches Zischen tönte aus dem Kopfhörer.
    »Willst du nicht packen?« sagte ich.
    »Jaah.«
    Ich wartete eine Minute lang. Ich dachte, er würde sich vom Bett erheben, aber er rührte sich nicht. »Entschuldige bitte, Stephen, aber ich habe den Eindruck, daß du dich hingelegt hast.«
    »Jaah.«
    »Kannst du mich eigentlich verstehen?«
    »Jaah. Es dauert nur noch eine Minute.«
    Ich seufzte und ging wieder runter in den Keller.
    Beim Abendessen sprach Katz nur wenig und verschwand danach gleich wieder in seinem Zimmer. Wir hörten nichts weiter von ihm im Laufe des Abends, erst vor Mitternacht, als wir schon im Bett lagen, drang Lärm durch die Wand zu uns herüber – ein Poltern und Murmeln, Geräusche, als würden Möbel im Zimmer verrückt, und kurze heftige Wutausbrüche, gefolgt von lang anhaltenden Phasen der Stille. Ich hielt die Hand meiner Frau fest und wußte nicht, was ich sagen sollte. Am nächsten Morgen klopfte ich bei Katz an und steckte schließlich, da er nicht antwortete, den Kopf durch die Tür. Er schlief noch, angezogen, auf einem Haufen zerwühlter Bettwäsche. Die Matratze war ein Stück vom Bettkasten gerutscht, als hätte er sich mit irgendwelchen nächtlichen Eindringlingen herumgeschlagen. Sein Rucksack war voll, aber nicht zugebunden, und seine persönlichen Sachen lagen immer noch weiträumig im ganzen Zimmer verstreut. Ich sagte ihm, wir müßten in einer Stunde losfahren, wenn wir unseren Flug nicht verpassen wollten.
    »Jaah«, sagte er.
    20 Minuten später kam er die Treppe herunter, schwerfällig und unter leisem Gefluche. Man hörte, ohne hinzusehen, daß er seitlich und übervorsichtig ging, als wären die Stufen vereist. Den Rucksack hatte er aufgesetzt. Hinten und an beiden Seiten, überall waren irgendwelche Sachen festgebunden – ein Paar versiffte Turnschuhe, ein zweites Paar, offenbar normale Alltagsschuhe, dazu Töpfe und Pfannen, eine Laura-Ashley-Einkaufstasche, die er im Kleiderschrank meiner Frau gefunden und sich angeeignet hatte und die jetzt mit wer weiß was gefüllt war. »Besser habe ich es nicht hingekriegt«, sagte er. »Ich mußte ein paar Sachen hier lassen.«
    Ich nickte. Ich mußte auch ein paar Sachen zu Hause lassen. An erster Stelle waren die Haferflocken zu nennen, die ich sowieso nicht mag, und die etwas ekligeren Kuchen von Little Debbie, will sagen, alle Kuchen von Little Debbie.
    Meine Frau brachte uns bei dichtem Schneetreiben zum Flughafen nach Manchester, und wir verharrten in dem eigentümlichen Schweigen, das einer langen Trennung vorausgeht. Katz saß auf dem Rücksitz und aß Doughnuts. Am Flughafen überreichte mir meine Frau ein Geschenk der Kinder, einen Spazierstock mit Knauf, dem sie eine rote Schleife umgebunden hatten. Ich hätte in Tränen ausbrechen können – am liebsten wäre ich gleich wieder in den Wagen gestiegen und zurückgefahren. Katz mühte sich derweil noch stirnrunzelnd mit den vielen Gurten ab. Meine Frau kniff mich in den Arm, lächelte verlegen und ging.
    Ich schaute ihr hinterher, dann betrat ich mit Katz den Terminal. Der Mann am Abfertigungsschalter warf einen Blick auf unsere Tickets nach Atlanta und sagte in einem – wie ich fand -ziemlich alarmierenden Ton für einen Menschen, der im Winter mit kurzärmeligem Hemd herumlief: »Haben Sie vor, den Appalachian Trail entlangzuwandern?«
    »Und ob!« sagte Katz mit stolzgeschwellter Brust.
    »Die

Weitere Kostenlose Bücher