Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
hinter seinem Rücken.
    Er musterte mich mißtrauisch. »Wieso wollen Sie das wissen?«
    Ich erwiderte seinen Blick. »Weil ich Zink brauche«, entgegnete ich.
    Er sah mich von der Seite an, als wollte er sagen: Klugscheißer, was? Statt dessen sagte er plötzlich entschlossen: »Ich notiere mir mal lieber Ihren Namen.« Umständlich zog er ein Notizbuch und einen Bleistiftstummel aus der Gesäßtasche.
    »Nur, weil ich Sie gefragt habe, ob das die Zinkfabrik ist?«
    »Weil Sie Privatgelände betreten haben.«
    »Ich wußte nicht, daß es Privatgelände ist. Da steht ja nicht mal ein Hinweisschild.«
    Er hielt den Stummel schreibbereit. »Name?«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    »Sie haben Privatgelände betreten, Sir. Wollen Sie mir jetzt bitte Ihren Namen sagen?«
    »Nein.«
    In dem Stil ging es etwa eine Minute lang hin und her, schließlich schüttelte er mit bedauerlicher Miene den Kopf und meinte: »Ganz wie Sie wollen.« Er holte ein Funkgerät, zog die Antenne raus und schaltete es ein. Zu spät war mir klargeworden, daß er während vieler, langer ereignisloser Wachschichten in seinem kleinen Glaskasten von so einem Moment geträumt haben mußte.
    »J. D.?« sagte er in das Funkgerät. »Luther hier. Hast du die Parkkralle dabei? Ich stehe hier mit einem Einbrecher auf Parzelle A.«
    »Was machen Sie da?« fragte ich.
    »Ich beschlagnahme Ihr Fahrzeug.«
    »Ich bitte Sie. Ich habe doch nur kurz angehalten. In Ordnung, ich fahre ja schon.«
    Ich stieg ein, ließ den Motor an und fuhr los, aber der Mann versperrte mir den Weg. Ich beugte mich aus dem Fenster. »Würden Sie bitte beiseitetreten?« rief ich, aber er rührte sich nicht vom Fleck. Er stand mit dem Rücken zu mir, die Arme verschränkt, und schenkte mir keine Beachtung. Ich hupte leise, aber er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich steckte wieder den Kopf durchs Fenster und sagte: »Also gut, ich sage Ihnen meinen Namen, wenn es unbedingt sein muß.«
    »Zu spät.«
    »Meine Güte«, murmelte ich, und dann, wieder durchs Fenster, sagte ich »Bitte«, danach nochmal, diesmal flehentlicher: »Ich bitte Sie, wirklich«, aber er hatte sich nun einmal entschieden und war durch nichts davon abzubringen. »Stand in der Stellenausschreibung: Arschloch gesucht, oder haben Sie dafür extra einen Lehrgang besucht?« Dann stieß ich noch ein schlimmes Schimpfwort aus, blieb sitzen und kochte innerlich.
    Eine halbe Minute später fuhr ein Wagen vor, und ein Mann mit Sonnenbrille stieg aus. Er trug die gleiche Uniform wie der Dicke, aber er war zehn, 15 Jahre älter und sehr viel schlanker. Er hatte das Gebaren eines Ausbildungsoffiziers.
    »Was gibt’s?« fragte er, von einem zum anderen blickend.
    »Vielleicht können Sie mir weiterhelfen«, sagte ich im süßlichen Tonfall bedingungsloser Einsicht. »Ich suche den Appalachian Trail. Und dann sagt mir dieser Herr hier, ich sei auf Privatgelände eingedrungen.«
    »Er hat sich den Berg angesehen, J. D.«, widersprach der Dicke hitzig, aber J. D. hob abwehrend die Hand und wandte sich dann mir zu.
    »Sind Sie Wanderer?«
    »Ja, Sir«, sagte ich und zeigte auf meinen Rucksack auf dem Rücksitz. »Ich wollte nur nach dem Weg fragen, und ehe ich mich’s versah« – ich stieß ein gespielt erschrockenes Lachen aus –, »kommt der Herr da an und sagt, ich befände mich auf Privatgelände, und er müsse meinen Wagen beschlagnahmen.«
    »J. D. der Mann hat sich den Berg angeschaut und Fragen gestellt.« J. D. hielt diesmal die andere Hand abwehrend hoch.
    »Wo wollen Sie denn wandern?«
    Ich sagte es ihm.
    Er nickte. »Gut. Dann fahren Sie ungefähr sechs Kilometer geradeaus auf dieser Straße weiter bis Little Gap und biegen da rechts nach Danielsville ab. Oben auf dem Hügel kreuzt der Trail die Straße. Das können Sie gar nicht verfehlen.«
    »Vielen Dank.«
    »Keine Ursache. Frohes Wandern noch!«
    Ich bedankte mich noch mal wortreich und brauste davon. Im Rückspiegel sah ich mit Genugtuung, daß er Luther zurechtwies, ruhig aber bestimmt – und damit drohte, wie ich stark hoffte, ihm das Funkgerät abzunehmen.
    Die Straße führte steil bergauf bis zu einer einsamen Paßhöhe, wo sich ein mit Schotter befestigter Parkplatz befand. Ich stellte den Wagen ab, fand den AT und folgte ihm auf einem hohen, freiliegenden Grat, durch ein unvorstellbar verwüstetes Gelände. Kilometerweit nur kahle Landschaft, hier und da die dürren Stämme abgestorbener Bäume, einige konnten sich noch aufrechthalten,

Weitere Kostenlose Bücher