Piesberg in Flammen
Taxi würde etwas dauern, sagte man ihm. Zehn Minuten wenigstens.
»Pieter«, rief Jacqui nun von oben. »Wer ist denn da? Warum seid ihr so laut?«
»Es ist Hero Dyk, Maman«, antwortete Simon an seiner Stelle. »Der Schriftsteller, für den du heute gesungen hast.«
Das schien ihr peinlich zu sein. Sekunden später schloss sich die Tür oben. Pieter wies Simon an, noch einen Schnaps einzuschenken. Nachdem Hero Dyk ihn getrunken hatte, begleitete er ihn zur StraÃe.
»Ein merkwürdiger Job, den Sie da haben«, bemerkte Hero Dyk, als sie allein waren.
»Das ist richtig«, sagte Pieter. »Nicht jeder könnte ihn so ausfüllen wie ich.«
»Ich hoffe, sie zahlt gut.«
Sie sprachen kein weiteres Wort, während sie die Räder bargen und zum Schuppen schoben. Carlsson stand zwischen ihnen und sah vom einen zum anderen. Endlich kam das Taxi.
Hero Dyk lieà sein Rad stehen. Es war spät geworden. Nach drei Uhr morgens. Er würde es am nächsten Tag holen.
Als er vor seinem Haus aus der Droschke stieg, stieà er auf einen jungen Mann, der gerade sein Grundstück verlieÃ. Hero Dyk stellte sich ihm entrüstet in den Weg, er war gut in Schwung und wollte wissen, was der Kerl hier denn suche, bitte?
»Die Zeitung, Mann«, sagte der Eindringling und wies auf die Haustür. »Tschakka! Ich habe die Zeitung gebracht. Das mache ich jeden Morgen.«
Hero Dyk runzelte die Stirn. Nie hatte er sich Gedanken darüber gemacht, wie die Menschen aussahen, die ihm seine Morgenzeitung zustellten. Er zerrte den Mann unter eine Laterne.
»Ich habe Sie schon mal gesehen«, sagte er und wies auf das kurze blonde Haar. »Sie waren drauÃen in der Siedlung am Westerberg. Zusammen mit diesem Prinz Eisenherz.«
»Lassen Sie mich. Ich bin Ihr Nachbar. Ich wohne gleich nebenan«, wimmerte der junge Mann und wand sich unter Hero Dyks Griff. Er wies auf das Nachbarhaus zur Rechten. Ein ganz ähnliches Gebäude wie das, was nun in Schutt und Asche lag.
Hero Dyk konnte den Mann nun zuordnen. Ein Mensch mit asozialem Verhalten, der ständig die Nachtruhe der umliegenden Häuser störte. Er traf ihn ab und zu, wenn er seine Mülltonnen an die StraÃe stellte. Auch das »Tschakka!« hatte er schon oft gehört.
»Sind Sie der, der immer den Müll aus dem Fenster wirft?«, fragte er. »Wie heiÃen Sie?«
»Pretorius.« Der junge Mann grinste frech. Er mochte Mitte dreiÃig sein, gab sich aber halbstark und überheblich wie ein weit jüngerer Mann.
»Pretorius«, wiederholte Hero Dyk. »Also gut. Haben Sie von dem Brand gehört?«
»Ja, Mann. Habe ich. Aber deshalb muss ich trotzdem meine Zeitungen austragen, Mann«, entgegnete Pretorius als Verweis auf ein Arbeitsethos, das ihm niemand abnahm. Er riss sich los und stürzte auf die gegenüberliegende StraÃenseite.
VIER
Hero Dyk wachte am nächsten Morgen später auf als üblich, und ihm tat der Kopf schrecklich weh. Zu viel Alkohol und zu viele Schläge auf den Hinterkopf. Er quälte sich aus dem Bett und in sein Badezimmer, schluckte ein paar Tabletten, lieà das kalte Wasser laufen und wusch sich den Kopf, aber es half nichts. Sein Prusten machte die kleine schwarze Frau auf ihn aufmerksam.
»Hero!«, hörte er sie von ihrem Zimmer aus rufen, es lag nur eine Ankleide zwischen seinem Reich und ihrem. »Hero, komm doch mal her. Bist du da?«
Alles, nur das nicht. Er torkelte durch zwei Türen und konnte kaum aus den Augen sehen. »Mutter«, stöhnte er. »Guten Morgen. Was ist denn, um Himmels willen?«
Doña Francisca trug das schwarze Kleid, wie immer. Wie hatte diese kleine Frau jemals einen so groÃen Kerl gebären können, wie Hero Dyk es war? Um die Schultern hatte sie ein Plaid aus schwarzer Wolle gelegt, mit Rauten in Ockergelb und einem leicht schimmernden Grün. An den FüÃen trug sie grässliche Hausschuhe.
»Ist das gut?« Sie zupfte an dem Plaid. »Oder doch besser eine Jacke?« Sie hielt eine ebenfalls schwarze Bolerojacke aus einem sehr steifen Material in die Höhe.
Er betrachtete die Auswahl für die gebührende Dauer und fand keinen Unterschied. Beides ganz hübsch. »Sicher das Plaid«, sagte er. »Es steht dir phantastisch.«
»Ja«, sagte die kleine schwarze Frau, »das dachte ich auch. Trotzdem werde ich die Jacke anziehen. Sie ist
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