Piesberg in Flammen
er schon am Haken. »Hören Sie, Herr Pretorius, könnten Sie vielleicht aufhören, mir Müll in den Garten zu werfen? Und es wäre nicht schlecht, wenn Sie die Gasse fegen würden. Es ist wirklich sehr dreckig dort unten.«
»Natürlich«, sagte Pretorius leise und rotzte aus dem Fenster gegen die Hauswand seines Nachbarn. »Kann ich. Wenn ich will. Tschakka. Einfach so.«
Hero Dyk atmete tief durch. Ganz plötzlich hielt er es in dem engen Raum nicht mehr aus. Der Gestank widerte ihn an. Schweià und Müll und eine stark riechende medizinische Creme, darüber ein Duftöl, das alles überdecken sollte.
Er beschloss, falls er den Kaffee überlebte, den er gerade getrunken hatte, die Spur von Hannes aufzunehmen. So, wie Pretorius es ihm vorgeschlagen hatte. Ihm war schon ganz flatterig zumute von dem vielen Koffein.
*Â *Â *
Es war nicht schwer gewesen, die Tageswohnung für Obdachlose zu finden. Ein uraltes Haus in der Bramscher StraÃe, frei stehend, mehrfach erweitert, mit dem Rücken zur viel befahrenen B 68. Hier wird vor allem Männern geholfen, die mit ihrem Leben nicht mehr klarkommen. Frauen finden meist eine andere Lösung, und es ist fraglich, wer in diesem Falle besser dran ist.
Einen Moment war ihm in den Sinn gekommen, Karl Heeger um Rat zu bitten, bevor er mit der Recherche begann. Aber es wäre möglich, dass sein Nachbar die Geschichte vom gezielten Mord frei erfunden hatte. Das galt es zunächst herauszufinden. Die Neugier trieb Hero Dyk voran.
Ein Hund kläffte wie verrückt, als er das Gebäude betrat. Der Eingang war von Büschen überwuchert. Links davon hatte man mehrere Zwinger gebaut, da im Gebäude neben Alkohol auch Tiere nicht erlaubt sind. Rechts vom Eingang, hinter einer Hecke, lungerten fünf Männer herum und beachteten Hero Dyk kaum, als er die Stufen hochstieg.
Drinnen war es kühl wegen der dicken Mauern des Gebäudes. Es roch nach Essen. Hero Dyk folgte einem Flur. An dessen Ende schien es einen Aufenthaltsraum zu geben. Die Männer dort wirkten beschäftigt. Hin- und hergeschickt von helfenden Frauen, die sich um das Mittagsmahl kümmerten. Sie lieÃen sich nicht ungern organisieren, so schien es, denn sie waren friedlich und eifrig bei der Sache. Der Flur war mit langen, abgenutzten Dielen aus hellem Holz ausgelegt, die aussahen, als ob sie früher viel wert gewesen wären. Nun jedoch verstärkten sie den schäbigen Eindruck, der in einer derartigen Einrichtung zu erwarten ist. Eine Anrichte, auf der man dreckiges Geschirr abgestellt hatte, stand im Weg, ferner ein Sessel und ein Stuhl, die anderswo nicht mehr gebraucht wurden. An der Wand hingen eine StraÃenkarte von Deutschland und ein Stadtplan von Osnabrück, auf dem alle möglichen sozialen Einrichtungen verzeichnet waren, die sich, nüchtern betrachtet, in erstaunlicher Anzahl über die Stadt verteilen. Man könnte recht zufrieden sein mit all der Mildtätigkeit, die die Gemeinschaft leistet, aber wer ist das schon?
Hero Dyk fragte nach Reiner Hundt, und ein noch recht junger Mann mit einer bösen Wunde auf der Stirn führte ihn am Arm in den Flur zurück zu einer Tür gleich neben dem Eingang. Sie war verschlossen. Der Mann klopfte, aber es kam keine Antwort.
»Sie müssen warten«, sagte er und lieà ihn allein stehen.
Ein paar Minuten geschah nichts, dann öffnete sich die Tür, ein dürrer Mann kam heraus, schloss die Tür wieder und ging an Hero Dyk vorbei, ohne aufzublicken. Für einen Moment jedoch hatte der in dem Raum hinter der Tür den Mann gesehen, der hier sein Büro hatte. Ihre Blicke hatten sich getroffen, aber es dauerte weitere zwei Minuten, bis die Tür sich erneut öffnete.
Reiner Hundt war der verantwortliche Leiter der Tageswohnung, er teilte sich diese Aufgabe mit einem Kollegen. Ein untersetzter, verbindlicher Mann mit energischen Augen. Jemand, der viel gesehen und viel begriffen hatte, aber dennoch festhielt an Ãberzeugungen, was ihm bei aller Vorsicht eine gewisse Zugänglichkeit lieÃ. Er strahlte eine Lebensfreude aus, die an diesem Ort überraschte.
»Ja bitte?« Reiner Hundt gab ihm die Hand und setzte sich dann zurück an seinen Schreibtisch.
»Mein Name ist Hero Dyk. Ich bin Autor. Ich schreibe Geschichten und suche Ihren Rat bei einer Angelegenheit.«
»Was schreiben Sie denn?« Reiner Hundt schien Hero Dyks
Weitere Kostenlose Bücher