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Piesberg in Flammen

Piesberg in Flammen

Titel: Piesberg in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich-Stefan Noelke
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gestreut wie Schokostreusel auf einen Kuchen. Sie wirken aufrechter als die im nahen Münsterland. Das Fachwerk kennt keine Diagonalstreben, es gibt wenig seitlichen Halt.
    In Wellendorf fragte er nach dem »Old Hedi’s«. Man wies ihm den Weg in Richtung Hilter. Dort, links am Wegrand, fand er das Lokal und blieb erschrocken stehen. Es war ein sehr altes Gasthaus. Der flaschengrüne Rauputz bröckelte an vielen Stellen, darunter sah man den roten Klinker. Die Laibung der Fenster und Außentüren hatte man aus Sandstein gefertigt und weiß gestrichen. Der Stein bröckelte ab, und die Farbe hätte längst erneuert werden müssen. Eine ehemals reich verzierte massive Holztür diente als Eingang. Der Hof vor dem Haus war mit Platten befestigt, zwischen denen Gras und Löwenzahn wuchsen. Links befand sich ein langer, flacher Anbau, vermutlich eine alte Kegelbahn. Dieser Gebäudeteil versteckte sich hinter schäbigen Fichten.
    Die Fenster waren halb blind. Links hatte man die Rollläden heruntergelassen, es mochte früher ein Schaufenster gewesen sein. Davor war ein Stahlrohr angebracht, das zum Abstellen von Fahrrädern diente. Es war abgeknickt. Ein Rad mit Anhänger stand dort angelehnt, der Karren war voll mit Sachen, wie sie Obdachlose mit sich schleppen.
    Rechts drang Licht aus dem Fenster, trotz der Sonne draußen. Er erkannte vage mehrere Gestalten, die drinnen um einen Tisch saßen.
    Hero Dyk gab sich einen Ruck und öffnete die schwere Tür. Eine große Kälte drang heraus, die nicht von der Temperatur draußen kam, sondern vom Leben, das drinnen geführt wurde. Widerstrebend trat er ein und schloss die Tür hinter sich. Mit seiner bunten Radfahrerjacke kam er sich fehl am Platz vor. Bis hierher war es ein Ausflug in der Frühlingssonne gewesen.
    Im Gebäude war es dunkel bis auf ein Leuchten von rechts. Er rief, aber niemand antwortete. Es war eine sehr große, verwinkelte Stube. Der frühere Gastraum. Man sah Licht durch die Fenster am anderen Ende. Es lag Müll herum, aber der Raum war begehbar. Ein paar Eichenmöbel, die noch weitere hundert Jahre halten würden. An einer Wand hatte jemand Bier- und Colakästen gestapelt, die Flaschen waren leer und von Staub überzogen. Links war Altpapier aufgestapelt wie anderswo Holzscheite. Etwas lag davor, und Hero Dyk trat näher, um es zu betrachten. Jemand hatte dort in einer Ecke ein großes Geschäft verrichtet, das viele Papier hatte ihn wohl dazu verleitet. Es war eine fette Wurst von sicher zwei Kilogramm Gewicht, noch dampfend frisch wie kurz nach der Geburt. Die Oberfläche war grob krümelig, wie aus unreinem Lehm geformt. Hero Dyk fühlte sich versucht, das Objekt von Nahem zu betrachten, hielt sich jedoch zurück. Die Wurst ließ auf eine respektable Verdauung schließen, sie strotzte vor Gesundheit. Fast sah man Blumen darauf blühen.
    Er riss sich los und ging nach rechts, dort saßen mehrere Leute. Dies musste die gute Stube sein. Ein Kachelofen. Es stank nach Staub und altem Holz, darüber lag etwas Süßsaures. Und es roch nach kalter Feuchtigkeit. Schimmel.
    Sie saßen um einen stabilen Tisch herum. Drei ältere Obdachlose und eine junge Frau. Niemand rührte sich, als Hero Dyk eintrat. Sie standen kurz vor dem völligen Blackout, aber noch war es nicht so weit. Einer der Männer hielt sich an einer Flasche Schnaps fest, die anderen tranken Bier, das reichlich auf dem Tisch stand. Sie starrten den Eindringling an, doch niemand sagte ein Wort.
    Links fiel etwas zu Boden, es hörte sich an wie ein Topf. Dann folgte ein grässlicher Fluch. Hero Dyk ging dem Geräusch nach, es kam aus der Küche. Zwischen den beiden Räumen lag die Toilette, was hygienisch mehr als bedenklich ist. Eine Latrine als Durchgangsraum. Vermutlich eine Notlösung und vom Erbauer nicht so gedacht.
    Â»Wer sind Sie?« Die Frau war blond, das Haar noch feucht von der Dusche. Es verbarg einen Teil ihres Gesichtes, dicke Schminke den Rest davon. Ihre Stimme war kratzend und wurde von einem Schmatzen und einem Grummeln begleitet.
    Â»Ein Gast«, sagte Hero Dyk. »Dies ist doch eine Gaststätte, oder nicht?«
    Es war schwer, ihr Alter zu schätzen. Hero Dyk zog alles ab, was älter macht, und kam zu dem Schluss, dass sie beide ungefähr gleich lang auf dieser Erde herumliefen.
    Â»Keine Lizenz mehr«, sagte die Frau. Ihr Blick war

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