Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
ich von einem zufälligen Unglück ausgegangen. Ich war sogar der
Meinung, mit meinem Anruf bei der Polizei überreagiert zu haben. Nun bin ich aber
froh, dass Sie hier sind.«
»Bisher
weiß ich allerdings recht wenig, Herr Dr. Alt. Die Herren Fratelli und Nönn sind
sich nicht einmal darüber einig, ob die Anschläge sie beide betreffen, nur einen
von ihnen oder gar komplett zufällig sind. Doch meine Polizistenerfahrung sagt mir,
dass die Geschichte erst ihren Anfang genommen hat. Der nächste Anschlag könnte
gelingen.«
Dr. Alt
nickte.
Da weder
Jutta noch mein Kollege Gerhard dabei waren, blieb mir nichts anderes übrig, als
mein noch jungfräuliches Notizheft aus der Tasche zu ziehen und mir selbst Notizen
zu machen.
»Ich sag’s
offen, Herr Dr. Alt. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen kann. Wenn eine Morddrohung
vorliegen würde, dann müssten wir prophylaktisch ermitteln. Aber so wie die Sachlage
aussieht, kann ich wahrscheinlich nichts anderes machen, als Protokolle aufnehmen.
Die Vorgaben durch meinen Vorgesetzten sind da ziemlich scharf formuliert. Trotz
der großen Gefahr, die ich sehe, ja erahne.«
Zack, wieder
hatte ich den Ball in Richtung KPD gespielt.
»Das lassen
Sie mal meine Sorgen sein, Herr Palzki. Das kläre ich mit Herrn Diefenbach ab. Ich
muss da sowieso mal ein persönliches Wörtchen mit ihm reden. Mir ist nämlich gerade
eingefallen, wo ich den Namen Diefenbach schon einmal gehört habe. Hat er nicht
letztes Jahr in Ludwigshafen gearbeitet?«
Ich nickte
und hätte dabei beinahe herausgelacht.
»Dann muss
diese scheußliche Expertise von ihm stammen, die wir in der Bistumskonferenz als
Tischvorlage diskutieren mussten.«
»KP- äh,
Diefenbach hat manchmal ungewöhnliche Ideen«, sagte ich und goss damit weiteres
Öl ins Feuer. »Aber selbst wenn Sie meinen Chef von der Sache überzeugen werden,
muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ich kurz vor meinem Urlaub stehe. Nicht, dass
ich mich vor dem Job drücken möchte, im Gegenteil. Aber meine Frau, äh, meine Ehefrau,
steht kurz vor der Niederkunft.«
Der Generalvikar
strahlte. »Jetzt verstehe ich, warum Sie die ganze Zeit so nervös wirken. Na, dann
mal meinen herzlichen Glückwunsch, Herr Palzki. Was wird’s denn geben?«
»Ein Junge
wird’s höchstwahrscheinlich. Ganz genau kann man es leider noch nicht erkennen.«
Der Glaube
versetzt bekannterweise Berge, dachte ich mir.
Mein Gegenüber
überlegte einen Moment.
»Ich habe
eine gute Idee. Mit Ihrem Chef werde ich ganz bestimmt einig, da habe ich Mittel
und Wege. Keine Angst, die Zeiten der Inquisition sind längst vorbei.«
Bei KPD
noch nicht, dachte ich gehässig.
»Es wäre
mir recht, wenn Sie die Ermittlungen in dieser Angelegenheit übernehmen würden,
Herr Palzki. Dazu stelle ich zusätzlich eine hohe Person des Ordinariats ab, die
mit Ihnen zusammen ermitteln kann. Dann haben Sie nämlich den Zugang zu allen Angestellten,
da ja jemand von der Bistumsseite dabei ist. Mit dieser Konstellation kann sich
keiner querstellen und die Ermittlungen behindern. Ich will nämlich eine schonungslose
Aufklärung. Außerdem kann diese Person dann mit einem Ihrer Kollegen weiterermitteln,
wenn Sie Vater werden. Damit kann es übergangslos weitergehen. Und ich weiß auch,
wer aus dem Ordinariat dafür infrage kommt.«
Dr. Alt
griff zu einem Telefonhörer, der im Besprechungstisch eingelassen war, und wählte
eine Kurzwahlnummer.
»Herr Wolf,
würden Sie bitte mal zu uns in den Sitzungssaal kommen?«
Nachdem
er aufgelegt hatte, klärte er mich über den eben Angerufenen auf.
»Joachim
Wolf ist unser Kanzleidirektor, das ist die höchste nichtgeistliche Position im
Bistum Speyer. Er ist unter anderem für die Organisation und Verwaltung, technische
Dienste sowie das kirchliche Meldewesen zuständig. Des Weiteren wird er auch für
spezielle Aufträge eingesetzt, das wissen aber nur sehr wenige.«
Er bemerkte,
dass er mir noch nichts zu Trinken angeboten hatte.
»Ich bin
untröstlich, Ihnen keinen Kaffee anbieten zu können. Wir lassen die Bestellungen
des gesamten Ordinariats über den Peregrinus Verlag laufen, weil die fair gehandelten
Pilgerkaffee zu günstigen Konditionen erhalten. Leider gibt es gerade einen Lieferengpass.
Herr Fratelli betonte, dass es ihm leidtue, seine Mitarbeiter und er selbst hätten
nur noch kleine Restmengen vorrätig.«
»Macht nichts«,
sagte ich und dachte an die Riesenpakete mit Kaffeebohnen, die ich im Pausenraum
des Verlags gesehen hatte.
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