Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Möglichkeit brachte uns nicht
weiter. Nönn könnte ja durchaus bereits mehrere Minuten in der Halbkugel gelegen
haben.
Gerhard
blickte auf einen Zettel. »Die erste Untersuchung ergab, dass dem Chefredakteur
mit dem Metallpfosten frontal auf die Stirn geschlagen wurde. Man kann davon ausgehen,
dass er den Täter gesehen hat.«
Ich zögerte
einen Moment. »Gerhard, Jutta, ich habe eine Idee, wie wir den Täter finden können.«
Die beiden
schauten äußerst überrascht drein.
»Das ist
ja mal ganz was Neues«, kommentierte Gerhard. »Normalerweise machst du solche Sachen
immer im Alleingang oder mit deinem Freund, dem Studenten.«
»Becker
ist nicht mein Freund. Außerdem weiß ich nur, wie wir den Täter vielleicht entlarven
können. Keine Ahnung, ob das wirklich klappt, und dann haben wir noch lange kein
Motiv.«
»Dann mal
raus mit der Sprache«, sagte Jutta und klang dabei sehr neugierig.
Ich tat
ihr den Gefallen und erzählte von meiner Idee. Je mehr ich erzählte, desto hellhöriger
wurden sie.
»Da hätte
man aber früher draufkommen können«, meinte Gerhard lapidar.
»Was es
aber nicht einfacher macht«, ergänzte Jutta. »Theoretisch ist das eine Chance, aber
die praktische Umsetzung dürfte schwierig sein.«
Ich trank
meinen Kaffee aus.
»KPD würde
das ohne SEK oder Bundeswehr schaffen«, provozierte ich.
»Aber nicht
mit legalen Mitteln«, konterte Jutta. »Wir werden es versuchen, Reiner. Ich lasse
mir was einfallen.«
Für diesen
Abend hatte ich genug erlebt. Es war bereits nach zwei Uhr, als wir die Runde auflösten
und heimfuhren.
19
Dem Täter auf der Spur
Es wurde eine unruhige Nacht. Ich
träumte zwar dieses Mal nicht von einer Mehrfachgeburt und einem Frauenarzt namens
Doktor Metzger, dafür schwirrten mir bunte Globen und Wolken um den Kopf. Mittendrin
tanzte eine ganze Armada Diefenbach-Klons um einen Miniaturdom herum.
Jemand schüttelte
mich.
»Alles in
Ordnung, Reiner? Hast du wieder ein Gemüsebeet angelegt?«
Bevor ich
richtig bei mir war und antworten konnte, flog etwas Schweres auf meinen Bauch.
»Papa, ich
will heute Abend das Haus der Ackermanns mit Absperrband einwickeln. Hast du mir
ein paar Rollen mitgebracht?«
Mit schmerzendem
Unterleib lag ich da und konnte mir auf das Geschehen zunächst keinen Reim machen.
»Paul, was
soll das?«, rief Stefanie wütend. »Kannst du deinen Vater nicht vorsichtiger wecken?«
»Wieso,
er hatte doch die Augen auf.«
»Absperrband?
Gemüsebeet? Ackermann?«, stammelte ich, nach wie vor hoffnungslos verwirrt.
»Ach, nichts
weiter. Es ist alles in Ordnung. Komm in die Küche, das Frühstück ist fertig.«
Kurze Zeit
später war mein Gehirn wieder auf Wachbetrieb eingestellt. In der Küche stand ein
reichhaltiges Käsebuffet nebst mehreren Sorten Vollkorn-, Mehrkorn- und weiteren
Kornbrotkreationen.
Ich erzählte
Stefanie von dem Abend im Congressforum, da sie, als ich heimkam, längst geschlafen
hatte.
Meine Frau
war merklich erschüttert. »Und ihr habt wirklich keine Idee, warum dieser Mann umgebracht
wurde?«
»Tot ist
er ja bis jetzt noch nicht«, wiegelte ich ab, da unsere Kinder am Tisch saßen. »Wir
haben bisher nur dürftige Anhaltspunkte, wir treten förmlich auf der Stelle.«
»Wie geht
ihr weiter vor?« Stefanie klang interessiert.
Ich beschloss,
mein Frühstück nach dem Genuss einer halben Scheibe Gouda als beendet zu erklären.
»Jetzt sind
erst mal Spurensicherung und Labore gefragt. Über die Feiertage können wir ohnehin
nur wenig tun. Das wird für meine Kollegen nach Ostern ein harter Brocken. Ich bin
richtig froh, bald Urlaub zu haben.«
Meine Frau
sah mich schräg von der Seite an. »Das soll ich dir glauben? Das wäre das erste
Mal, dass du einen Fall ungelöst abgibst.«
Ich zuckte
mit den Schultern und schwieg.
Sie versuchte,
mich abzulenken. »Ruh dich heute Vormittag aus, ich räume auf, und um zwölf Uhr
gibt’s dann unser jährliches Fischessen.«
Eben hatte
ich noch mit den Schultern gezuckt, jetzt zuckte mein ganzer Körper. Es war Karfreitag,
der Fischtag. Doch dieses Jahr hatte ich Glück, ich musste mir nicht mal eine Ausrede
einfallen lassen.
»Das ist
jetzt etwas blöd«, begann ich vorsichtig. »Jutta hat für Punkt zwölf Uhr eine dringende
Lagebesprechung angesetzt. – Soll auch nicht so lange dauern«, ergänzte ich schnell.
Dass ich selbst heute Nacht den Termin vorgeschlagen hatte, verschwieg ich aus persönlichen
Gründen.
»Ausgerechnet«,
schimpfte Stefanie.
Weitere Kostenlose Bücher