Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Beschreibung der Frau nach könnte das passen.«
»Ja, das
war ich«, stöhnte ich. »Ich habe ihn erst Sekunden vorher entdeckt. Mehr kann ich
dir nicht sagen. In ein paar Minuten komme ich raus.«
Der Toilettenvorraum
leerte sich, und ich war wieder allein. Ich konnte mein Versprechen einlösen und
nach knapp fünf Minuten meine Sitzung für beendet erklären. Jetzt, da ich wieder
klar denken konnte, überfiel mich eine endlose Traurigkeit. Der Fall nahm eine entscheidende
Wendung. Der Täter hatte es trotz intensiver Bewachung geschafft, den Pilger-Chefredakteur
zu ermorden. Das ›warum?‹ war nach wie vor nicht mal ansatzweise zu verstehen.
Manchmal
hat man an ungewöhnlichen Orten einen Geistesblitz. Ich hatte einen beim Händewaschen.
Während ich meine Hände unter den elektronischen Trockner hielt, machte es Klick.
Einfach so, ohne Vorwarnung. Ich Trottel, schimpfte ich mich selbst. Darauf hättest
du früher kommen können, vielleicht wäre dann Nönn noch am Leben. Ich hatte eine
Idee, wie ich den Täter überführen konnte. Das würde helfen, ein Motiv zu finden.
Außerdem musste dringend geklärt werden, ob Fratelli weiterhin gefährdet war.
Ich trat
aus der Toilette heraus, und sofort zeigte eine Frau auf mich und rief: »Das ist
der Mörder!«
Rund ein
Dutzend Menschen befand sich in dem an für sich recht großen Raum. Wegen der vielen
Deko war der Platz allerdings beengt. Während mich alle anstarrten, nahm Gerhard
die Dame am Arm und klärte sie auf. Jutta kam auf mich zu und gab mir meinen Dienstausweis
zurück.
»Alles wieder
okay?«
Ich nickte
kurz und schaute zu Robert Nönn, der gerade von zwei Sanitätern auf eine Trage gewuchtet
wurde. Parallel dazu nahm ich die Infusionsflasche wahr und mehrere gebrauchte Spritzen,
die auf dem Boden lagen.
»Er lebt?«,
fragte ich unsicher aber mit erhobener Stimme den Notarzt, der kniend einen Koffer
schloss. Er blickte über den Rand seiner Brille zu mir hoch.
»Gerade
noch so«, sagte dieser. »Seine Chancen sind aber sehr gering. Wir werden ihn erst
mal ins künstliche Koma versetzen.«
Marco Fratelli
kam in mein Blickfeld, er hatte Tränen in den Augen. »Glaube und Hoffnung sind zwei
mächtige Gefährten, Herr Palzki. Finden Sie den Täter, ich fahre ins Krankenhaus.
Nönn braucht mich jetzt.«
Die Spurensicherung
kam. Die Aussicht, etwas Relevantes zu finden, dürfte gegen Null tendieren. Zu viele
Personen hatten sich hier bewegt. Ich stand nur herum und wusste nichts mit mir
anzufangen. Ich las erneut die Aufschrift auf dem Schild.
Jutta kam
und erklärte mir den Zusammenhang.
»Am 4. Mai
findet im Congressforum die Eröffnung des rheinland-pfälzischen Kultursommers statt.
Das diesjährige Motto lautet ›Gott und die Welt‹. Heute Mittag wurden die ersten
Requisiten geliefert. Aus Zeitgründen hat man sie in diesem Raum zwischengelagert.«
Jutta zeigte
auf eine Tür, die mir vorhin bereits aufgefallen war.
»Das ist
ein Zugang zu den Lagerräumen des Congressforums. Gerhard und ein paar Beamte durchsuchen
gerade die Keller. Wahrscheinlich erfolglos. Hier unten ist alles sehr verwinkelt,
und jemand, der sich ein bisschen auskennt, kann hinten im Künstlerbereich leicht
unentdeckt verschwinden, zumal der Bereich heute ungenutzt war.«
Mit dieser
Feststellung hatte Jutta den potenziellen Täterkreis wieder beinahe ins Unendliche
vergrößert. Wenn man diesen Fluchtweg mitkalkulierte, konnte es eine beliebige Person
gewesen sein, vorausgesetzt, sie kannte sich in den Katakomben des Congressforums
aus.
»Was hat
es mit dem Entensaal auf sich?« Auch diese Frage lag mir auf der Zunge.
»Das konnten
wir ebenfalls klären«, meinte Jutta. »Nebenan im ersten Lagerraum, der übrigens
riesengroß ist, wollte man nachträglich eine Kegelbahn nebst Kneipe einbauen. Aus
Sicherheitsgründen wurde daraus aber nichts.«
Ich nickte.
»Was machen wir jetzt?«
»Gehen wir
nach oben ins Restaurant. Gerhard kommt später nach. Hier können wir nichts weiter
tun.«
Fast die
ganze Zeit saßen wir schweigend bei einem Kaffee beisammen, als Gerhard zu uns stieß.
»Nichts
zu machen«, meinte er. »Da unten gibt’s mindestens 1.000 Möglichkeiten, zu verschwinden.
Theoretisch könnte es sogar jemand von den Gästen gewesen sein. Jemand, der mit
uns zusammen im Culinarium gesessen ist.«
Ich überlegte.
Auf dem Weg zur Toilette hatte ich Fratelli gesehen und an zwei, drei weitere Personen
konnte ich mich ebenfalls erinnern. Aber selbst diese
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