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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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namens Roget, blieb bei vollem Bewußtsein und rief aus dem Innern der weißen Wolke, die den ganzen Boden des Kraters bedeckte, um Hilfe. Sein Funkempfänger war beschädigt, doch der Sender funktionierte. Es war nicht möglich, ihn zu finden. Die Funkwellen brachen sich an den Felsblöcken und wurden mehrfach reflektiert. Die Blöcke hatten die Größe von mehrgeschossigen Häusern – die Menschen bewegten sich in dem Labyrinth, in dem die weiße Staubmilch brodelte, wie in den Ruinen einer Stadt. Alle Versuche, den Verunglückten anzupeilen, führten in die Irre. Durch den starken Eisensulfidgehalt des Gesteins war Radar wirkungslos. Nach einer Stunde, als am Sonnentor ein zweiter Steinfall niederging, wurde die Rettungsaktion abgebrochen. Die zweite Lawine war nicht groß, aber man befürchtete, daß sie weitere Einbrüche ankündigte. Man wartete also. Rogets Stimme war noch immer zu hören, besonders deutlich war sie auf der Station zu vernehmen. Der steinerne Kessel, in dem Roget stak, wirkte wie ein Reflektor. Nach drei Stunden kam Hilfe von der Ziolkowski-Station. Die Männer benutzten Raupenschlepper, doch die richteten sich auf dem lockeren Hang steil auf und drohten umzukippen – infolge geringerer Schwere ist der Neigungswinkel der Geröllhalden auf dem Mond größer als auf der Erde. Die Rettungsmannschaften wurden dorthin beordert, wo die Raupenfahrzeuge nicht weiterkamen. Sie durchkämmten dreimal das Gelände der Einsturzstelle. Einer der Männer stürzte in einen Spalt, und nur durch den sofortigen Transport zur Ziolkowski-Station und unverzügliche ärztliche Behandlung gelang es, ihn zu retten. Niemand zog sich zurück, denn man hörte noch immer Rogets Stimme, die allmählich schwächer wurde.
    Roget verstummte erst fünf Stunden nach dem Unfall, aber auch als er schwieg, wußte man, daß er noch lebte. Jeder Skaphander hatte außer dem Sprechfunk einen automatischen Miniatursender, der mit dem Sauerstoffgerät verbunden war. Jeder Atemzug wurde durch elektromagnetische Wellen übermittelt und von einem besonderen Gerät auf der Station registriert – einem magnetischen Auge, das sich wie ein grün leuchtender Schmetterling ausbreitete oder zusammenzog. Diese phosphoreszierende Bewegung zeigte an, daß Roget zwar bewußtlos war, aber noch immer lebte. Das Pulsieren wurde schwächer und schwächer. Keiner der Männer konnte die Station verlassen. Man saß, eng aneinandergedrängt, und wartete auf den Tod des Unglücklichen.
    Roget atmete noch zwei Stunden. Dann flackerte das grüne Licht im magischen Auge, schrumpfte zusammen und verharrte. Die Leiche fand man erst dreißig Stunden später, sie war zu Stein erstarrt. Der Leib war so zerfetzt, daß man nicht einmal den Skaphander öffnete. Man begrub den Toten in diesem halbzerdrückten metallischen Futteral wie in einem Sarg.
    Später wurde ein neuer Weg angelegt; es war der Felspfad, den Pirx und Langner gegangen waren. Die Kanadier bereiteten sich darauf vor, die Station zu verlassen – aber ihre hartnäckigen englischen Kollegen lösten das Problem der Nachschublieferung auf eine Weise, wie sie zum erstenmal projektiert worden war, als man sich anschickte, den Mount Everest zu bezwingen. Sie wurde damals als irreal abgelehnt, aber nun, auf dem Mond, erwies sie sich als real.
    Die Nachricht von der Katastrophe lief in unzähligen, oft widersprüchlichen Versionen um die Erde. Schließlich legte sich der Lärm, und die Tragödie ging in die Annalen der Mond-Eroberung ein. Auf der Station wechselten die diensthabenden Astrophysiker einander ab. Sechs Mondtage und Mondnächte vergingen, und es schien, daß der schwergeprüfte Ort keine Sensation mehr hergeben würde. Eines Tages, im Morgengrauen, stellte man in der Ziolkowski-Station fest, daß auf Mendelejew niemand antwortete. Auch diesmal rückte ein Trupp aus, um das unbegreifliche Schweigen zu ergründen. Die Männer landeten mit einer Rakete zu Füßen des Lawinengeländes am Adlerflügel.
    Als sie die Kuppel erreichten, war der Krater noch in völlige Finsternis gehüllt. Lediglich unter dem Gipfel sprühte der stählerne Bau im Licht der fast waagerechten Sonnenstrahlen. Die Ausgangsklappe war weit geöffnet. Darunter, zu Füßen der Leiter, lag Savage – in einer Haltung, als sei er von den Sprossen geglitten. Er war erstickt. Das Panzerglas seines Helms war geborsten. Später entdeckte man an der Innenfläche seiner Handschuhe winzige Spuren von Gesteinsstaub. Man entnahm daraus,

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