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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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auseinander, daß das »intellektronische Übermaß« beim derzeitigen technischen Entwicklungsstand nichts anderes sei als ein Kapazitätsüberschuß, über den in der Regel alle konventionellen Maschinen und Motoren verfügten – eine Havariereserve sozusagen, die die allgemeine Funktionssicherheit und -zuverlässigkeit erhöhte. Schließlich war es unmöglich, alle Situationen a priori zu bestimmen, in die eine Maschine – sei es nun eine energetische oder eine Informationsmaschine – geraten konnte. Wozu der Setaurus nun wirklich imstande war, davon hatte im Grunde genommen niemand auch nur einen blassen Schimmer. Natürlich übermittelten die Fachleute, auch die von der Erde, telegrafisch ihre Gutachten, das Schlimme war nur, daß manche einander diametral entgegengesetzt waren. Die einen nahmen an, der Setaurus werde versuchen, Objekte »künstlichen« Charakters zu zerstören, wie eben Nachrichtenrelais oder Hochspannungsmasten, andere wiederum vermuteten, er werde seine Energie unproduktiv verpulvern, das heißt alles unter Beschuß nehmen, was ihm in den Weg kam, ganz gleich ob es sich um das Felsgestein des Mondes oder um einen bemannten Transporter handelte. Manche plädierten für die Konzeption eines sofortigen Angriffs, um den Setaurus außer Gefecht zu setzen, andere rieten zur Taktik des Abwartens. Einig waren sie sich nur in einem Punkt: Die Bewegungen des Automaten müßten unbedingt überwacht werden. Und so patrouillierten die zwölf kleinen Einheiten der Mondflottille im Meer der Ruhe und schickten regelmäßig ihre Meldungen an den Verteidigungsstab des Baugeländes, der wiederum ständigen Kontakt mit der Leitung des Kosmodroms aufrechterhielt. Es war beileibe kein Kinderspiel, den Setaurus ausfindig zu machen: ein Metallkrümel inmitten einer riesigen Felswüste, in der es von Geröllhalden, Schrunden und halbverschütteten Spalten nur so wimmelte und die zudem von winzigen Kratern übersät war – die ganze Gegend wirkte aus der Höhe wie mit Pockennarben übersät. Wenn also die Meldungen wenigstens negativ gewesen wären! Aber die Patrouillen hatten das Bodenpersonal schon mehrere Male mit der Nachricht alarmiert, sie hätten den »Verrückten« aufgestöbert. Anschließend stellte sich stets heraus, daß es entweder ein ungewöhnlich geformter Felsbrocken oder auch ein Stück Lava war, das in der Sonne glitzerte, und selbst die Verwendung von Radar mit Ferroinduktionszeigern nutzte nicht viel, weil von den Explorationsaktionen aus der Anfangszeit der Monderkundung in den Felsenwüsten eine Unmenge von Metallbehältern, ausgeglühten Raketenpatronenhülsen und diverses Blechgerümpel zurückgeblieben war, was nun in gewissen Abständen immer wieder zu einem blinden Alarm führte. Schließlich wünschte sich der Operationsstab nichts sehnlicher, als daß der Setaurus wieder einmal irgendein Objekt angreifen möge, damit man endlich seinen Standort erfuhr – aber der Automat hatte sich zum letztenmal neun Stunden zuvor bemerkbar gemacht, als er einen kleinen Transporter des elektronischen Hilfsdienstes angriff, und seither war er wie vom Mondboden verschluckt.
    Da man jedoch ein weiteres Abwarten nicht für ratsam hielt, vor allem weil die Elektroenergiezufuhr für die Baustelle wiederhergestellt werden mußte, beschränkte sich die ganze Aktion darauf, ein Gebiet von nahezu neuntausend Quadratkilometern aus zwei entgegengesetzten Richtungen – von Norden und von Süden – mit aufeinander zustrebenden Fahrzeugketten zu durchkämmen. Die eine Gefechtslinie unter dem Kommando des Haupttechnologen Strzibr schwärmte von der Baustelle aus, die zweite vom Kosmodrom der Luna. Pirx hatte die Rolle des Koordinators übernommen, der die Aktionen beider Seiten aufeinander abzustimmen hatte und der seinerseits dem Kommandanten der Aktion unterstand, dem Commander-Navigator Pleydar. Pirx wußte sehr gut, daß sie jederzeit an dem Versteck des Setaurus vorbeikommen konnten und daß er ihnen, falls er sich in einem der zahlreichen tiefen tektonischen Gräben verborgen hielt oder sich auch nur mit dem hellen Mondsand getarnt hatte, leicht durch die Lappen gehen konnte. McCork, den er als »intellektronischen Berater« zur Seite hatte, war derselben Auffassung.
    Der Transporter wurde fürchterlich hin und her geschleudert, denn sie fuhren in einem Tempo, bei dem, wie der Fahrer ihnen seelenruhig ankündigte, »einem über kurz oder lang die Augen auslaufen« würden. Sie befanden sich im östlichen

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