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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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buckelartig ausgeladenen Rucksack mit der Hand nicht an die Patronentasche. Er schleppte ja eine Last, die zwei ausgewachsenen Männern vollauf gereicht hätte. Gewiß, man tat ihm damit kein Leid an, letzten Endes war er bloß eine Maschine, und mit einer winzigen Strontiumbatterie, die ihm als Herz diente, konnte er notfalls eine Energie von sechzehn Pferdestärken entwickeln. Aber jetzt, wahrscheinlich lag es an seinem Dämmerzustand, wollte Pirx das ganz und gar nicht gefallen. Jetzt ergriff er mit ganzer Seele für den schweigsamen Aniel Partei und war bereit anzunehmen, daß er, ebenso wie er selbst, von Natur aus keineswegs so ruhig und ausgeglichen war, sondern diesen Eindruck nur zu erwecken suchte, weil er dies für das beste hielt. Es waren jene allerintimsten Vorspiegelungen der Phantasie, denen sich der Mensch jemals überläßt – wohl weil er sich nach dem Erwachen gewöhnlich nicht mehr daran erinnert und weil dieses Vergessen im Morgen uns im Heute von allem reinwäscht. Im stillen malte er sich jene legendäre Situation aus, die – er wußte es längst – niemals Wirklichkeit werden konnte: den Aufstand der Roboter. Und während er die dumpfe, schweigende Gewißheit verspürte, daß er dann auf ihrer Seite stehen würde, schlief er augenblicklich wie geläutert ein.
    Er wachte früh auf, und aus unerfindlichen Gründen war sein erster Gedanke: Der Wind hat sich gelegt. Darauf fielen ihm Aniel und seine eigenen Phantasievorstellungen vor dem Einschlafen ein. Daß ihm so was überhaupt in den Sinn kommen konnte, verwirrte ihn ein wenig. Er blieb noch eine Weile liegen, bis er sich eine Erklärung zurechtgelegt hatte, die ihn einigermaßen beruhigte, nämlich daß die Gaukelbilder ihn zwar nicht im völligen Wachzustand heimgesucht hatten, daß er aber – im Gegensatz zum Traum, der sich ohne eigenes Dazutun einstellt – seinerseits auch nur wenig und nur halb bewußt hatte nachhelfen müssen. Derlei psychologische Spitzfindigkeiten waren ihm fremd, er wunderte sich folglich, warum er sich über so etwas den Kopf zerbrach, stützte sich auf den Ellenbogen und lauschte: Totenstille. Er zog unmittelbar vor seinem Kopf den Lukenvorhang auf. Durch die kleine trübe Scheibe sah er, wie der Morgen heraufdämmerte, und da erst begriff er, daß ihnen eine große Tour in die Berge bevorstand. Mit einem Satz sprang er aus dem Bett und schaute noch einmal im Gemeinschaftsraum nach: keine Spur von Aniel.
    Die beiden anderen waren schon auf den Beinen. Beim Frühstück bemerkte Krull ganz nebenbei, als handelte es sich um eine beschlossene Sache, sie müßten sich bald auf die Socken machen, weil die »Ampere« gegen Abend landen würde und sie mindestens anderthalb Stunden brauchten, um die Baracke abzubauen und die Sachen zu verstauen. Er formulierte wohl absichtlich so, damit offenblieb, warum sie aufbrachen: vor allem wegen der fehlenden Untersuchungsergebnisse oder auch Aniels wegen.
    Pirx aß für drei, aber er sagte keinen Ton. Während die anderen ihren Kaffee austranken, erhob er sich, kramte in seinem Beutel und holte ein zusammengerolltes weißes Nylonseil, einen Hammer und ein paar Sicherungshaken hervor. Nach kurzer Überlegung warf er noch seine Kletterschuhe in den Rucksack – für alle Fälle.
    Der Morgen graute, als sie ins Freie traten. Am farblosen Firmament standen keine Sterne mehr.
    Tiefviolettes Grau lastete reglos und kalt auf den Gesichtern, auf dem Boden, in der Luft. Das Gebirge im Norden bildete eine schwarze, in der Dunkelheit erstarrte Masse; der nähere, südliche Kamm reckte sich als geschmolzene Mauer ohne Gliederung und Relief in den Himmel, mit einem grell orangefarbenen Lichtstreifen über den Gipfeln. Dieser ferne und unwirkliche Schein fixierte den Atem, der dem Mund der drei Männer entströmte, in der Luft. Obgleich die Atmosphäre dünner war als auf der Erde, fiel ihnen das Atmen leicht. Am Ausgang der Hochebene machten sie Rast. Die letzten kümmerlichen Grasbüschel, die im Zwielicht der weichenden Nacht und des hinter den Bergen heraufziehenden neuen Tages schmutziggrau wirkten, verschwanden. Eine Gletschermoräne lag vor ihnen, die großen Felsblöcke schimmerten wie unter fließendem Wasser. Wenige hundert Meter weiter oben kam Wind auf, der unvermittelt in kurzen Böen hochfuhr. Sie stiegen weiter, sprangen leichtfüßig über kleinere Gesteinsbrocken, traten auf große, ab und zu schlug eine Felsplatte mit hohlem Ton gegen eine andere, manchmal rutschte ein

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