Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Ingenieur stieß die Tür auf, doch Pirx wartete auf eine Antwort und rührte sich nicht vom Fleck. »Geht es Ihnen um die Frage, ob ich der Projektant bin? Nein, der bin ich nicht. Ich bin für Public Relations zuständig.«
    »Und Sie sind kompetent, mir einige Fragen zu beantworten?«
    »Natürlich, aber doch nicht hier.«
    Dieselbe Sekretärin führte sie in einen großen Konferenzraum. Hinter einem langem Tisch standen wohl abgezirkelt zwei Sesselreihen. Sie setzten sich ans Tischende, wo auch die Mappe mit den Verträgen aufgeschlagen bereitlag.
    »Nun, ich höre«, sagte McGuirr. Die Asche war ihm auf die Hosen gefallen, er blies sie weg. Pirx bemerkte, daß der Ingenieur blutunterlaufene Augen und ein auffallend regelmäßiges Gebiß hatte. Ein künstliches, dachte er. Er macht sich jünger, als er ist.
    »Verhalten sich diejenigen, die keine Menschen sind, genauso wie Menschen? Nehmen sie Mahlzeiten ein? Trinken sie?«
    »Ja.«
    »Wozu?«
    »Damit die Illusion vollkommen ist. Für die Umgebung, versteht sich.«
    »Sie müssen das also auch wieder ... loswerden?«
    »Aber ja.«
    »Und ihr Blut?«
    »Wie bitte?«
    »Ob sie Blut haben. Ein Herz. Bluten sie bei Verletzungen?«
    »Sie haben eine Blut- und Herzattrappe«, sagte McGuirr, der seine Worte mit äußerstem Bedacht wählte.
    »Was heißt das?«
    »Daß nur ein guter Facharzt nach einer umfassenden Untersuchung herausfinden könnte ...«
    »Ich nicht?«
    »Nein. Es sei denn, Sie wenden irgendwelche Spezialgeräte an.«
    »Zum Beispiel Röntgen.«
    »Sehr scharfsinnig. Aber so was werden Sie nicht an Bord haben!«
    »Das hat kein Fachmann ausgeknobelt«, sagte Pirx ruhig. »Aus dem Reaktor kann ich so viele Isotope kriegen, wie ich will. Na, und außerdem muß ich Defektionskopieapparate an Bord haben. Einen Röntgenapparat brauche ich gar nicht.«
    »Wir haben diesen Apparaturen gegenüber keinerlei Vorbehalte, sofern Sie sich verpflichten, sie nicht zu anderen Zwecken zu benutzen.«
    »Und wenn ich nicht einwillige?«
    McGuirr seufzte, und während er seine Zigarre im Aschenbecher ausdrückte, als empfände er plötzlich Ekel davor, sagte er: »Sie erschweren uns die Sache, wie Sie nur können, Commander!«
    »Das stimmt!« erwiderte Pirx herzlich. »Sie bluten also?«
    »Ja.«
    »Und es ist richtiges Blut? Auch unter dem Mikroskop?«
    »Ja, es ist Blut.«
    »Wie habt ihr denn das gemacht?«
    »Toll, nicht wahr?« McGuirr grinste breit. »Ich kann es Ihnen nur sehr allgemein erklären: das Schwammprinzip. Ein Spezialschwamm unter der Haut.«
    »Ist es menschliches Blut?«
    »Ja.«
    »Wozu?«
    »Ganz bestimmt nicht, um Sie reinzulegen. Bitte begreifen Sie endlich – diese ganze Produktion, die Milliarden von Dollars verschlingt, wurde doch nicht Ihretwegen angekurbelt! Sie müssen so aussehen und müssen so sein, damit es den Fluggästen oder anderen Leuten unter gar keinen Umständen in den Sinn kommt, Verdacht zu schöpfen ...«
    »Es geht also darum, einen Boykott Ihrer ›Erzeugnisse‹ zu vermeiden?«
    »Darum auch. Aber auch um den Komfort, um den psychologischen Vorteil ...«
    »Und Sie – können Sie sie auseinanderhalten?«
    »Nur, weil ich sie kenne. Nun ... es gibt schon Methoden ... gewaltsame ... Aber Sie werden ja nicht zur Axt greifen!«
    »Und Sie sagen mir nicht, worin sie sich physiologisch von den Menschen unterscheiden? Atem, Husten, Erröten ...«
    »Ach, das ist alles da. Es gibt Unterschiede, gewiß, aber wie gesagt: Erst ein Arzt würde sie erkennen.«
    »Und in psychischer Hinsicht?«
    »Das Gehirn haben sie im Kopf! Das ist unser größter Triumph!« rief McGuirr mit echtem Stolz. »Inteltron hat es bisher immer im Rumpf installiert, weil es zu groß war. Wir dagegen haben es als erste im Kopf untergebracht!«
    »Sagen wir als zweite. Die erste war Mutter Natur ...«
    »Haha! Na schön, als zweite. Aber die Details sind geheim. Es ist ein monokristallines Multistat mit sechzehn Milliarden Zweierelementen!«
    »Ist das, wozu sie fähig sind, ebenfalls geheim?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Zum Beispiel, ob sie lügen können und in welchem Umfang sie lügen können ... Ob sie die Selbstbeherrschung, also auch die Beherrschung über die Situation verlieren ...«
    »Freilich. Das ist alles möglich.«
    »Weshalb?«
    »Weil es unumgänglich ist. Alle – bildlich gesprochen –, alle Hemmungen, die in das Neuronennetz oder in das kristalline Netz eingeführt wurden, sind relativ, sind zu überwältigen. Ich sage Ihnen das, weil

Weitere Kostenlose Bücher