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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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psychologischen Faktoren. Als die Apparatur, ihrer äußeren Impulse beraubt, den »Atmungsschmetterling« in Bewegung setzte, hielt das zuerst Savage und dann Challiers für ein eindeutiges Zeichen. Savage glaubte Challiers in Gefahr, und Challiers bangte um Savage. Das gleiche wiederholte sich bei Langner und Pirx.
    Diese Schlußfolgerungen waren verständlich. Jeder der Männer kannten die Einzelheiten der Katastrophe, bei der Roget ums Leben gekommen war, jeder erinnerte sich an den entsetzlich langen Todeskampf des Unglücklichen, den das magische Auge festhielt.
    Wenn also – wie es in der Presse hieß – überhaupt ein bedingter Reflex vorlag, dann war er nicht in der Apparatur zu suchen, sondern bei den Menschen. Halb unbewußt glaubte ein jeder, Rogets Unglück sei im Begriff, sich zu wiederholen; es habe sich diesmal einen der Ihren als Opfer ausgesucht.
     
    »Nun, da wir alles wissen«, sagte Taurow, der Kybernetiker von der Ziolkowski-Station, »sagen Sie uns doch bitte, Kollege Pirx, wie Sie sich in dieser Situation zurechtgefunden haben. Sie sagen doch selbst, daß Sie den Mechanismus der Erscheinung nicht verstanden ...«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Pirx. Durchs Fenster drang der grelle Schein der sonnenerhellten Gipfel. Ihre Spitzen ragten in das dichte Schwarz des Himmels wie Knochen. »Wohl durch die Klischees. Als ich sie sah, begriff ich, daß ich sie ebenso hingeworfen hatte wie Challiers. Vielleicht wäre ich dennoch hinausgegangen, wäre nicht noch eins gewesen: Das mit den Klischees konnte natürlich ein Zufall sein, aber wir hatten zum Abendbrot Eierkuchen – genauso wie die Kanadier an ihrem letzten Abend. Und das war ein bißchen zuviel. Ich denke also, daß uns die Eierkuchen gerettet haben ...«
    »Die offene Klappe hing tatsächlich mit den Eierkuchen zusammen – die Eierkuchen trieben Sie zur Eile. Sie haben also ganz richtig überlegt, aber das hätte Sie nicht gerettet, wenn Sie der Apparatur blind vertraut hätten«, sagte Taurow. »Einerseits müssen wir der Technik vertrauen. Ohne elektronische Geräte könnten wir auf dem Mond keinen Schritt machen. Aber ... Aber manchmal muß man solch ein Vertrauen teuer bezahlen ...«
    »Das stimmt«, sagte Langner. Er stand auf. »Ich muß Ihnen sagen, meine Herren, wodurch mir mein Sterngefährte am meisten imponiert hat. Was mich betrifft, so bin ich von diesem halsbrecherischen Spaziergang so ziemlich ohne Appetit zurückgekehrt. Aber der hier« – er legte die Hand auf Pirx’ Schulter –, »aber der hier schlug sich, nach allem, was passiert war, die Eierkuchen in die Pfanne – und aß sie alle auf. Damit versetzte er mich in Erstaunen! Denn daß er scharfsinnig ist und außerdem anständig bis zur Rechtschaffenheit, das habe ich schon vorher gewußt ...«
    »Wie bitte?« fragte Pirx.

 
Albatros
     
    Das Mittagessen bestand aus sechs Gängen – wenn man von den Beilagen absah. Die Wägelchen mit Wein rollten geräuschlos über die gläsernen Stege. Über jedem Tisch brannte eine Punktlampe: bei Schildkrötensuppe zitronengelb, bei Fisch fast weiß mit bläulicher Schattierung. Die Hähnchen waren mit rosa Licht übergossen, vermengt mit einem seidig-warmen Grauton. Glücklicherweise wurde es bei schwarzem Kaffee nicht finster – Pirx lieferte sich den trübsinnigsten Gedanken aus. Das Mittagessen hatte ihn erschöpft. Er schwor sich, von nun an im unteren Deck zu speisen, in der Bar. Hier oben wurde entschieden zuviel Wert auf Etikette gelegt. Er mußte dauernd an seine Ellenbogen denken. Und diese Toiletten!
    Der Saal war vertieft, der Fußboden lag etwa ein halbes Stockwerk unter dem der anderen Räume. Er sah aus wie ein gigantischer cremefarbener Teller, belegt mit den buntesten Appetithappen der Welt. Hinter Pirx raschelten steife, halbdurchsichtige Gewänder. Man unterhielt sich glänzend. Die Musik spielte, die Kellner bedienten – echte Kellner! Jeder einzelne wirkte wie der Dirigent eines philharmonischen Orchesters. »Unsere Transgalaktik-Linie mutet Ihnen keine Bedienungsautomaten zu, sie garantiert Ihnen intime Atmosphäre, Diskretion, echte menschliche Wärme, eine komplette lebende Besatzung – jeder einzelne ein Künstler seines Fachs ...«
    Pirx trank schwarzen Kaffee, rauchte, bemühte sich, im Saal irgendeinen Punkt zu finden, den er fixieren konnte, einen Rastplatz für seine Augen. Seine Nachbarin gefiel ihm. Ein flacher, rauher Stein hing in ihrem Dekollete. Ein Chrysopas war es nicht, ein

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