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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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»Flügel«. Unversehens – er wußte selbst nicht, warum – ergriff er das Antennenkabel und riß es aus dem Kontakt. Und es geschah etwas Verblüffendes: Der »Schmetterling«, isoliert von den äußeren Impulsen, fächelte weiter, anstatt zu erstarren ...
    Völlig verblüfft, stürzte er zum Schaltpult und vergrößerte den Neigungswinkel der Antenne: Der ferne Schein, der unter dem Sonnentor verharrte, begann zum Rand des Schirms zu wandern. Das Radar erfaßte immer näher gelegene Sektoren der Umgebung, bis plötzlich ein zweiter Schein sichtbar wurde – er war weit größer und stärker. Ein zweiter Skaphander!
    Ein Mensch. Ein Mensch, der sich bewegte. Langsam, regelmäßig stieg er hinab, er umging alle Hindernisse, denn er wich mal nach links, mal nach rechts aus und strebte geradewegs dem Sonnentor zu, dem zweiten, fernen Funken entgegen ...
    Pirx starrte sich fast die Augen aus dem Kopf. Es waren tatsächlich zwei Funken, ein naher, der sich bewegte, und ein ferner, der sich nicht rührte. Zwei Mann waren auf der Station – Langner und er. Der Apparat hingegen sah einen dritten. Er log also.
    In kürzester Zeit, als nötig war, um alles zu durchdenken, war er in der Kammer. Eine Minute später stand er mit der Leuchtpistole auf dem Dach der Kuppel und schoß Signalraketen ab. Er zielte senkrecht nach unten, immer in dieselbe Richtung – zum Sonnentor. Er schaffte es kaum, die heißen Patronenhülsen auszuwerfen. Der schwere Kolben der Leuchtpistole hüpfte in seiner Hand. Man hörte keinen Knall. Wenn er den Abzug betätigte, gab es einen leichten Rückstoß; die Feuerstreifen glühten auf, giftgrün und purpurn. Sie zerplatzten in rote Tropfen, in Saphirsterne ... Pirx schoß wahllos, er achtete nicht auf die Farben der Patronen. Endlich kam Antwort. Ein orangefarbener Stern stieg aus der unendlichen Finsternis, er explodierte hoch über der Station und erhellte die Umgebung. Wie zur Belohnung regnete es bunte Straußenfedern auf Pirx herab. Ein zweiter Schuß folgte, ein Regen aus Safrangold ...
    Pirx schoß, und Langner antwortete. Das Mündungsfeuer kam näher, und dann erblickte Pirx im Schein der Leuchtkugeln Langners gespenstische Silhouette. Schwäche übermannte ihn. Sein ganzer Körper bedeckte sich mit Schweiß. Er troff, als sei er gerade aus einem Bad gestiegen. Ohne die Leuchtpistole loszulassen, setzte er sich auf den Rand der Öffnung; er spürte, daß ihm die Knie zitterten. Er ließ die Beine in die Kammer baumeln und wartete, schwer atmend, bis Langner die Station erreichte.
     
    Das Ganze hatte sich folgendermaßen abgespielt: Pirx ging hinaus, und Langner beschäftigte sich in der Küche, ohne die Apparatur zu beobachten. Erst nach geraumer Zeit – wieviel Minuten vergangen waren, wußte er nicht zu sagen – fiel sein Blick auf die Instrumente. Das gesch⁠ah zu der Zeit, als Pirx an seinem Reflektor herumbastelte. Als er aus dem Blickfeld des Radargerätes verschwunden war, begann der Automat den Neigungswinkel der Antenne zu verringern, und zwar so lange, bis das rotierende Strahlenbündel den unteren Teil des Sonnentores berührte. Langner erblickte dort einen Schimmer, den er für einen Skaphander hielt. Das magische Auge, das nur noch zitterte, weil Pirx in dem Bleischacht saß, bestärkte ihn in diesem Glauben. Er ist bewußtlos, er erstickt! dachte Langner. Er zog, ohne zu zögern, den Skaphander an und rannte hinaus. Der Radarschirm zeigte in Wirklichkeit die erste Aluminiumstange, die dicht über dem Abgrund stand. Langner hätte seinen Irrtum vielleicht erkannt, aber der »Schmetterling« schien den Hinweis des Radargerätes zu bestätigen.
    Die Zeitungen schrieben dann, eine elektronische Apparatur kontrolliere sowohl das »Auge« als auch das Radargerät. Es handelte sich um ein Elektronenhirn, das damals, bei der Katastrophe, den Atemrhythmus des Kanadiers Roget festgehalten habe. Jedesmal, wenn eine ähnliche Situation eintrete, wiederhole das Elektronenhirn diesen Rhythmus. Es sei also eine Art bedingter Reflex entstanden.
    In Wirklichkeit verhielt sich die Sache viel einfacher. Auf der Station gab es gar kein »Elektronenhirn«, sondern nur eine gewöhnliche automatische Anlage, die bar jedes »Gedächtnisses« war. Der »agonale Atemrhythmus« entstand, weil ein kleinerer Kondensator durchgebrannt war – das machte sich aber nur bemerkbar, wenn die Ausgangsklappe geöffnet wurde. Die Spannung sprang von einer Leitung in die andere, und im Netz des magischen

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