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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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nach zu entwickeln. Der Kurs würde sich dadurch ein wenig komplizieren, und man mußte auch Abschnitte ohne Schub fliegen, ohne Schwerkraft also, was nicht gerade zu den angenehmsten Dingen gehörte. Aber wie dem auch war – es gab keinen anderen Ausweg. Er schärfte dem Piloten ein, den Sternkompaß nicht aus den Augen zu lassen, und fuhr mit dem Fahrstuhl zum Reaktor hinunter. Als er den dunklen Korridor durchquerte, der von Laderäumen flankiert war, vernahm er ein dumpfes Dröhnen – es hörte sich an, als galoppiere eine Schar gepanzerter Reiter über Eisenplatten.
    Pirx beschleunigte seinen Schritt, ein schwarzes Knäuel geriet ihm zwischen die Füße – die Katze. Sie jagte wie ein Blitz davon, gleichzeitig fiel irgendwo in der Nähe eine Tür ins Schloß, daß es krachte. Dann wurde es still. Pirx eilte weiter. Vor ihm öffnete sich wie ein Schlund der Hauptgang, der von schmutzigtrüben Lampen erhellt war, aber außer kahlen, geschwärzten Wänden war nichts zu sehen. Im Hintergrund brannte eine Glühbirne, das Kabel pendelte hin und her – irgend jemand hatte es in Schwingungen versetzt.
    »Terminus!« rief Pirx aufs Geratewohl, aber nur das Echo antwortete ihm. Er wandte sich um, eilte in den Vorraum der Atomsäule, traf aber Boman, der vor ihm heruntergefahren war, nicht mehr an. Die Luft, trocken wie Sand, brannte in den Augen. Heißer Wind rauschte in den Trichtern der Ventilatoren, es herrschte ein Getöse wie in der Nähe eines Dampfkessels. Die Säule selbst arbeitete geräuschlos wie jede andere – der Lärm wurde von den Kühlaggregaten verursacht, die bis zum äußersten strapaziert waren. Die von einer Betonschicht umgebenen, kilometerlangen Rohrleitungen, durch die eiskalte Flüssigkeit strömte, gaben eigenartig klagende, stammelnde Laute von sich. Die Zeiger der Pumpen hinter den linsenartigen Gläsern waren ausnahmslos nach rechts gerichtet. Die wichtigste der Uhren – sie gab die Dichte des Neutronenstroms an – leuchtete wie ein Mond. Ihr Zeiger berührte fast die rote Grenze – ein Anblick, der jeden Kontrollinspekteur an den Rand eines Herzinfarkts gebracht hätte. Die felsenähnliche Betonwand, narbig und rauh von den vielen Zementflicken, strahlte tödliche Hitze aus. Die Bleche der Plattform vibrierten – es war ein unangenehmes, nervöses Beben, das sich dem ganzen Körper mitteilte. Das Lampenlicht spiegelte sich ölig in den blitzenden Scheiben der Ventilatoren, ein weißes Si⁠⁠gnallämpchen begann zu flackern und verlosch, statt dessen flammte ein rotes Warnlicht auf. Pirx trat unter die Plattform, um nach den Leitungsschaltern zu sehen, aber Boman war ihm zuvorgekommen, er hatte den Automaten bereits auf Unterbrechung der Kettenreaktion in vier Stunden geschaltet. Die Geigerzähler tickten ruhig, der Signalisator zeigte ein kleines Leck an – 0,3 Röntgen pro Stunde. Pirx warf noch einen Blick in die dunkle Ecke der Kammer. Sie war leer.
    »Terminus!« rief er. »He, Terminus!«
    Keine Antwort. Die Mäuse in ihren Käfigen huschten wie weiße Flecke hin und her – sie fühlten sich offenbar nicht sonderlich wohl in der subtropischen Hitze. Pirx verließ die Kammer und verriegelte hinter sich die Tür. Draußen, im kühlen Gang, befiel ihn ein Zittern, sein Hemd war schweißnaß. Ziellos und ohne zwingenden Grund wagte er sich in die immer enger werdenden Gänge des Hecks vor, in denen Halbdunkel herrschte, bis ihm eine blinde Wand den Weg versperrte. Er berührte sie. Sie war warm. Seufzend kehrte er um, fuhr zum vierten Deck hinauf, in den Navigationsraum, und ging daran, den Kurs aufzuzeichnen. Als er das erledigt hatte, sah er auf die Uhr und stutzte: Es war neun, die Zeit war wie im Fluge verstrichen. Er knipste das Licht aus und verließ den Raum.
    Als er in den Fahrstuhl stieg, entglitt ihm sanft der Fußboden unter den Füßen. Der Automat hatte die Säule ausgeschaltet, es herrschte Schwerelosigkeit.
    In dem von Nachtlämpchen schwach erhellten Korridor des Mittelschiffs summten die Ventilatoren ihr monotones Lied. Das schwache Licht in der Ferne flimmerte in den sich kreuzenden Luftströmungen. Pirx stieß sich von der Tür des Aufzuges ab und schwamm vor sich hin. Im bläulichen Dämmerlicht schwebte er an Türen vorbei, sie führten zu den Kajüten, in die er noch nicht hineingeschaut hatte. Die Trichter der Notausgänge, die durch rubinrote Lämpchen gekennzeichnet waren, klafften schwarz. Mit fließenden Bewegungen glitt er dicht unter der gewölbten

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