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Pilze für Madeleine

Pilze für Madeleine

Titel: Pilze für Madeleine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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verbringen. Ein Jahr nach der Hochzeit war er still in seinem Schloßgemach entschlafen und hatte Madeleine seinen gesamten Besitz hinterlassen. Seine Verwandtschaft wehrte sich, aber Madeleine siegte mit Hilfe ihres Anwalts Norell, der auch ihr Liebhaber war.
    »Ein netter Kerl, ich habe später oft sehr gut mit ihm zusammen im Dorfrestaurant gesessen«, fuhr Vater fort. »Sein Vater war Schwede, und er sprach hervorragend schwedisch. Er hielt es für seine Pflicht, mich über Madeleine aufzuklären. Er war natürlich nicht mehr ihr Liebhaber. Aber genau wie du und ich war er von ihr verhext worden, und nachdem die Erbstreitigkeiten geklärt waren, nahm er sie mit in sein Sommerhaus in den Schären von Stockholm. Nach wenigen Tagen platzte die Beziehung, und sie verschwand mit einem Zahnarzt aus Sollentuna. Seither hatte er sie nicht mehr gesehen, bis sie dann mit mir im Dorf auftauchte, aber er hatte gerüchteweise gehört, daß sie einige Jahre ein Luxusleben in den feineren Kreisen von Stockholm geführt hatte. Paß doch auf!«
    Vater packte mich am Arm.
    »Bist du verrückt. Du trampelst mitten durch die Pilze!«
    Ich schaute zu Boden und sah eine Gruppe Morcheln, die ihre rundlichen Kissen aneinanderdrückten wie Babyzehen.
    »Man darf nicht auf Pilze treten!« sagte Vater streng. »Wo war ich? Ach ja, Madeleine. Verstehst du, was für eine Frau sie war? Gierig, oberflächlich, mannstoll. Eines Morgens habe ich sie mit dem Sohn des Gärtners erwischt, einem pickeligen, pubertierenden Lümmel, den sie in die Rhododendronbüsche gelockt hatte. Sie stürzte sich auf alles, was Hosen anhatte.«
    Vater seufzte, schlug mir auf die Schultern und ermahnte mich noch einmal, mir keine Schuld für das Geschehene aufzuladen.
    Was ich gehört hatte, verwirrte mich. Madeleine stürzte sich auf alles, was Hosen anhatte, hatte mein Vater gesagt. Ich dachte daran, wie sie leicht gekleidet zum Frühstück kam und wie sie mir neckend durch die Haare fuhr, was mich eher gekränkt hatte. Jetzt sah ich alles in einem anderen Licht.
    Wollte sie vielleicht mit mir flirten?
    Wenn Madeleine so leichtsinnig war, wie Vater behauptete, hätte ich das, was ich wollte, vielleicht auch ohne den schrecklichen Höhlenpilz bekommen können!
    Das war ein bitterer Gedanke. Aber geschehen war geschehen.

13
    Vater wollte in Schweden bleiben, bis Madeleine obduziert war. Dann sollte ihr Leichnam nach Frankreich gebracht werden, wo Vater sie auf dem kleinen Friedhof des Schlosses beerdigen wollte. Und er, nahm er an, würde ihren Besitz erben.
    »Aber ich werde nur den Eichenwald behalten und eine kleine Unterkunft zum Übernachten. Den Rest verkaufe ich«, sagte er. »Während der Trüffelsaison fahre ich hin, ansonsten wohne ich hier in der Kate. Ich muß mir natürlich einen Trüffelhund zulegen. Und jemanden, der sich um ihn kümmert, wenn ich nicht da bin.«
    In den folgenden Tagen redete er mehr über die Trüffelwälder als über Madeleine. Natürlich waren die schwedischen Pilze wunderbar. Aber mit denen hatte er sich nun so viele Jahre beschäftigt. Die unterirdisch wachsenden Trüffel waren etwas Neues. Eine exotische Herausforderung. Er mußte sich vorkommen wie ein Jäger, der sein Leben lang Hasen und Rehe gejagt hatte und nun plötzlich die Gelegenheit bekam, in Afrika Löwen zu schießen.
    »Trüffel aus dem Perigord sind kulinarisch nicht zu übertreffen. Außerdem wirken sie anregend auf das Liebesleben«, gluckste Vater.
    »Das will ich nicht gehört haben«, sagte ich.
    Vater war unverbesserlich. Nach der folgenschweren Heirat mit Madeleine schien er wieder er selbst zu sein.
    Ich war von den Geschehnissen immer noch erschüttert. Wenn ich abends im Bett lag, weinte ich hemmungslos und knallte, voller Verzweiflung, meinen Kopf an den Bettpfosten.
    Vaters Schlafzimmer lag direkt neben meinem, er muß mich also gehört haben, aber er sagte nie etwas.
     
    Eines Morgens klopfte ein Polizist in Zivil an die Tür. Niemand sei eines Verbrechens verdächtig, sagte er eingangs, aber da Madeleine laut Obduktion an einer Vergiftung gestorben sei, müsse er ein paar Fragen stellen.
    Vater stand schnell auf und nahm seine grüne Schirmmütze vom Haken.
    »Ich gehe ein bißchen in den Wald, dann könnt ihr ungestört reden«, sagte er und glitt diskret aus der Tür.
    Der Polizist war nicht so taktvoll wie der Arzt, mit dem ich gesprochen hatte, als Madeleine gestorben war. Er verhörte mich hart, was für Pilze ich gesammelt hatte, wo sie

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