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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
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zu allen Körperöffnungen raus. Aber manchmal ist es einfach so, dass man keinen Plan hat, wo die verdammte Zeit geblieben ist. Plötzlich ist eine Woche rum, und du hast nichts Produktives vorzuweisen, und trotzdem bist du der Meinung, die ganze Zeit überaus beschäftigt gewesen zu sein. Dass ein Satz wie »Die Sekunden krochen vorbei wie Stunden« jedoch durchaus seine Richtigkeit besitzt, zeigt die Benachteiligte-Menschen-Vorlesung.
    Wieder ist eine Woche vorbei, und wieder frage ich mich, was ich hier tue. Bereits beim letzten Mal habe ich mich unendlich gelangweilt. Es gibt Studenten, die in solchen Fällen einfach aufstehen, geräuschvoll ihre Sachen zusammenpacken und den Hörsaal verlassen. Das traue ich mich aber nicht. Ich werde verfolgt von der Vorstellung, der Professor könnte mir später einmal in einer Prüfung gegenübersitzen und sich für meine Respektlosigkeit rächen.
    Ich sitze in der obersten Bank, hinter mir nur die Wand und die rettende Tür, die mit jedem Wort des Profs immer verführerischer wird. Er blickt nicht mal auf, betet bloß in melancholischem Singsang seine Vorlesung herunter, und es erscheint mir in diesem Moment unmöglich, dass es ihn stören würde, wenn ich jetzt aufstünde und ginge. Niemals würde er sich mein Gesicht merken. Mit seinem schütteren Haar und der Maulwurfbrille sieht er vielmehr aus, als könnte er sich mit Mühe und Not an seinen eigenen Namen erinnern.
    Schon nach zwanzig Minuten fühlt es sich an, als wäre eine Ewigkeit vergangen. Die letzten Minuten bilden damit einen krassen Gegensatz zu meiner letzten Woche, die wie im Flug vergangen ist. Rückblickend bin ich der Meinung, dass die Woche viel zu schnell vorbei war und ich nichts erledigen konnte. In Wahrheit habe ich mir jedoch gar keine Mühe gegeben, auch nur irgendetwas zu erledigen. Ich habe eigentlich nur sehr viel an Janosch gedacht und sonst nur recht wenig getan.
    Nach weiteren zehn Minuten entdecke ich einen Lichtfleck am Langeweile-Horizont. Der Professor verirrt sich im Technikdschungel seines Laptops, mit dem er eine Präsentation samt Stichworten via Beamer an die Wand hinter ihm wirft. Er hat versehentlich das Touchpad deaktiviert, und nun fährt er mit seinen knochigen Professorenfingern unbeholfen über das Feld und sucht die Maus auf dem Bildschirm. Keiner von uns Studenten weist ihn darauf hin, dass er durch Drücken eines einzelnen Knöpfchens Abhilfe schaffen könnte. Ich für meinen Teil rede mich damit raus, dass er ja auch nicht um Rat fragt. Nachdem er mehrmals »Ja also… immer dieses Ungetüm. Muss ich das mit meinen achtundsechzig Jahren wirklich noch erlernen?« sagt, beschließt er, seine studentische Hilfskraft zu holen. Nicht als Einzige nutze ich diese Gelegenheit, um aus dem Saal zu entschwinden.
    Ich kaufe mir einen Kaffee und gurke wieder in den E-Trakt, weil dort nicht viel los und außerdem die statistische Wahrscheinlichkeit am größten ist, Janosch zu treffen.
    Es zieht mich nach Hause. Vielleicht sollte ich die anschließende Vorlesung auch schwänzen. Es mag an der wohligen Wärme der Heizung liegen, auf die ich mich gesetzt habe, dass ich auf einmal schrecklich müde werde. Als wollte mir mein Körper sagen, dass er es begrüßen würde, wenn ich die Biege mache und mich daheim ins Bett lege. Schlaf hätte ich auf jeden Fall nachzuholen. Die Nacht war kurz. Ich habe heftig geträumt, und als ich aufgewacht bin, war ich so hin und weg davon, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Wovon genau der Traum handelte, möchte ich diesmal wirklich nicht verraten, weil es mich aussehen lässt, als wäre ich sexuell ausgehungert. So real kann nämlich niemand träumen, der sich nicht nach dem Geträumten sehnt.
    Ich lehne mich zurück, mache die schweren Augen zu, summe vor mich hin und denke an meinen Traum. Habe dabei ganz genau Janoschs Geruch in meiner Nase und seine Stimme in meinem Ohr.
    »Mal wieder keinen Bock auf benachteiligte Menschen?«
    Plötzlich sind die Wahrnehmungen in meiner Nase und in meinem Ohr keine Erinnerung mehr, sondern– KAWUMM !– knallharte Realität. Janosch steht auf der Mitte der Treppe zum ersten Obergeschoss von Gebäude E. Wie konnte er mich erkennen? Das ist mir total unheimlich! Wie ist es möglich, dass er mich sogar bemerkt, bevor ich auf ihn aufmerksam werde.
    »Hast du mich vielleicht erschreckt«, bringe ich heraus und lege die Hand auf die Brust, in der es aus zweierlei Gründen heftig pocht.
    Mit einer Hand am Geländer und

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