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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
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dass es Zeit ist aufzustehen.
    Verdammt! So kurz vor dem Finale! Ich konnte schon Janoschs heißen Atem fühlen. Ich konnte spüren, wie meine Knie weich wie Pudding geworden sind und mein Herz so schnell angefangen hat zu schlagen wie Kolibriflügel.
    AUSSCHAUHALTEN
    Nicht, dass ich für gewöhnlich stark in rationalem Denken wäre, doch in den nächsten Tagen fällt es mir geradezu unendlich schwer. Wenn man sich einmal eingestanden hat, dass man verliebt ist, spätestens aber nachdem man den ersten romantischen Traum hatte, wird es unmöglich, die gedanklichen Prioritäten richtig zu setzen. Rein biologisch funktioniert mein Gehirn natürlich einwandfrei, nur scheint es neuerdings irgendwie zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass es von nun an überlebensnotwendig ist, Dinge wie Lehrstoff, Tagesabläufe und Benehmen außer Acht zu lassen, um alle Energie darauf zu verwenden, nach Janosch Ausschau zu halten. Ich sitze im Bus und scanne jeden einzelnen Sitzplatz nach ihm ab. Ich latsche durch die Uni und suche ihn mit Blicken. Ich kann nicht mehr ruhig auf meinem Hintern sitzen bleiben, weil ich mich in alle Himmelsrichtungen recke und strecke, um ja nicht zu verpassen, wenn er vielleicht vorbeiläuft.
    Ich vermute ihn an den unmöglichsten Orten. Nur weil ich ihn vergangene Woche mit der Kunstpädagogin auf dem Geisteswissenschaftscampus getroffen habe, warte ich jetzt darauf, ihn hier wiederzusehen. Dabei finden die Vorlesungen für Rechtswissenschaften in einem anderen Gebäude statt, das zehn Busminuten von unserem entfernt ist. Trotzdem klammere ich mich an die Möglichkeit, er könnte erneut hier auftauchen.
    In der Mensa treffe ich Kirsten und Sophie. Wir essen geschmacksneutralen Nudelauflauf und zum Nachtisch Quark, der einiges an Qualität gewinnen würde, wenn er wenigstens nach nichts schmecken würde.
    »Du musst gar nicht so umhergucken. Du weißt doch, dass die Juristen nicht hier sind, Feli.«
    JA , VERDAMMT , ICH WEISS !, möchte ich Sophie gerne anbrüllen.
    Ich will ihn doch bloß nicht verpassen. Das letzte Mal habe ich ihn in meinem Traum gesehen, und diese Begegnung war in mehr als nur einer Weise unbefriedigend. Wenn wir uns träfen, würden wir uns vielleicht zur Heimfahrt im Bus verabreden oder etwas gemeinsam unternehmen. Meine Liste an Vorstellungen ist unendlich lang.
    »Also, ich find das übrigens total süß. Was er zu dir gesagt hat. Das mit dem Kaffee und den Mandarinen«, sagt Kirsten.
    Danke. Endlich weiß mal jemand diesen Dahinschmelz-Kommentar zu würdigen. Ich dachte schon, ich wäre von unromantischen Eisblöcken umgeben.
    Am Nachmittag sitze ich wieder im Bus und male mir aus, Janosch hier oder gleich im Hausflur zu treffen. Als bei den Rechtswissenschaften eine Menge Studenten einsteigen, überschreitet mein Puls die Schwelle zum Herz-Ausdauer-Training– umsonst. Gelangweilte, streberisch aussehende Juristen mit Hornbrillen und Strickschals kommen in den Bus und belegen die Plätze, auf denen Janosch jetzt sitzen könnte.
    Glücklichsein und Unglücklichsein liegen so gefährlich nah beieinander in dieser Anfangsphase, in dieser Phase des Ausschauhaltens. Ich wette, diese Stimmungsschwankungen übersteigern die einer Frau in den Wechseljahren um ein Vielfaches. Die Wechseljahre sind ein Scheiß gegen anfängliches Verliebtsein.
    Ich sollte mir nicht so viele Gedanken um ihn machen. Mein Ruf bei ihm ist sowieso ruiniert. Was soll da schon noch groß kommen? Ich könnte beim nächsten Versuch, in seiner Küche Tee zu kochen, aus Versehen aus den Tassen, Teebeuteln und heißem Wasser eine Atombombe basteln und das Ganze in die Luft jagen. Dann hätte ich nicht nur die Sache mit dem Lidl-Einkauf getoppt, sondern wäre gleichzeitig ein physikalisches Meistergenie. Sollte ich die atomare Kontaminierung überleben, könnte ich viel Geld verdienen, indem ich einen international erfolgreichen Bestseller schreibe namens How to build a nuclear weapon out of things you can find in Janosch’s kitchen.
    Wenn ich mit ihm rede, bin ich glücklich. Zumindest so lange, bis er irgendetwas sagt, das mir den Boden unter den Converse wegzieht, ich heftig auf die Schnauze falle und meine Existenz verfluche.
    ZEIT KANN SO LANGE DAUERN ... ABER AUCH SO KURZ
    Wenn ich eine Formulierung in Romanen richtig bescheuert finde, dann diese: »Aus Tagen wurden Wochen« oder auch die Umkehrung: »Die Tage flogen vorbei wie Stunden.« Wer schon mehr als zwei Bücher gelesen hat, dem hängen solche Floskeln

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