Pinien sind stumme Zeugen
Schweiz gibt, dann würde der Markt schon in Kürze mit Falschgeld überschwemmt sein. Partaker neigt nicht zur Panik, aber er verfügt über den sechsten Sinn der fünften Kolonne. Schon jetzt liegt die Front der CIA im Osten. Amerika hat gegen Hitler gesiegt und dabei die Sowjetunion groß gemacht. Die Amerikaner zahlten die Kosten; die Russen machten die Beute. Polen, zum Beispiel, die tschechoslowakische Republik, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Estland, Lettland und das nördliche Ostpreußen. In Finnland ist der Sowjeteinfluß übermächtig. In Griechenland kämpfen kommunistische Aufständische, unterstützt von roten Anrainern, um die Macht. In Deutschland haben die Russen den alliierten Kontrollrat verlassen und Berlin blockiert. Die Zivilbevölkerung in den Westsektoren und die alliierten Truppen müssen notdürftig über eine Luftbrücke versorgt werden. Riesig ist die Kriegsgefahr, aber während sich in den USA der Präsidentenwahlkampf dem Höhepunkt nähert, ist das mächtige Land fast handlungsunfähig.
Ein Wechsel im Weißen Haus wird allgemein erwartet. Alle Voraussagen deuten auf einen überwältigenden Sieg des Republikaners Thomas E. Dewey gegen den demokratischen Präsidenten Harry S. Truman aus Missouri hin. Selbst seine Freunde und Anhänger würden bei einem Galopprennen eher auf ein dreibeiniges Pferd setzen als auf den automatisch zur Nummer Eins aufgerückten Roosevelt-Nachfolger. Wer immer hinter den dubiosen Dollar-Duplikaten steckt, hat jedenfalls den richtigen Zeitpunkt gewählt für einen Anschlag auf die amerikanische Währung.
Zwei Stunden nach diesem Telefongespräch landet in einer Militärmaschine ein erschöpfter Kurier aus Bern. Er fährt ins Pentagon und ist offensichtlich erleichtert, den Vice-Director Partaker anzutreffen, um ihm einen versiegelten Brief zu übergeben. Der Umschlag enthält zwei Fünfzig-Dollar-Scheine ohne Begleittext; Banknoten mit dem Bild des berühmten US-Generals Grant.
Partaker kann sich die Mühe sparen, sie gründlich zu untersuchen; er verläßt sich auf die Feststellung Frank Gellerts und noch mehr auf die Aussagen schweizerischer Bankexperten. Trotzdem ist eine eigene Laboruntersuchung unerläßlich. Der Vice-Director besorgt sich fünf weitere Fünfzig-Dollar-Noten, mischt die sieben Scheine wie ein Kartenspiel, läßt sie von Spezialisten auf ihre Echtheit prüfen.
Er verfolgt, wie sie unter der Quarzlampe Schein für Schein untersuchen, beobachtet die chemischen Papiertests, den Färb- und Druckvergleich, die Überprüfung von mehr als dreißig Raffinessen, die es unmöglich machen, Dollar-Falsifikate in Umlauf zu bringen, ohne daß die Fälschung – zumindest von Fachleuten – sofort erkannt wird.
»Alle sieben Scheine sind echt«, stellt der Laborleiter nach gründlicher Untersuchung fest. »Das steht außer Frage. Ich kann Sie wirklich beruhigen«, setzt er hinzu, ohne zu ahnen, wie beunruhigend diese Mitteilung für den Vice-Chef sein muß. »Warum sind Ihnen diese Banknoten eigentlich verdächtig erschienen?«
»I don't know«, knurrt Partaker. »Vielleicht habe ich geträumt – oder ich werde alt.« Die Grimasse seines zerklüfteten Gesichts soll ein Lächeln sein. »Sagen Sie es bloß nicht weiter, Mann! Es wird sich früh genug herumsprechen.«
Seine Hoffnung, daß keinem der Experten die Nummerngleichheit zweier Scheine auffalle, ist aufgegangen. Partaker nimmt sich vor, seinen Helfern bei Gelegenheit dafür die Leviten zu lesen, in der jetzigen Situation kann er sich zu dieser Nachlässigkeit allerdings beglückwünschen. Selbst im eigenen Haus will er so wenige Mitwisser wie möglich haben.
Am späten Nachmittag ruft ihn Gellert aus Bern noch einmal an. Partaker weiß sofort, was das zu bedeuten hat. Vier weitere Doppelscheine wurden inzwischen gefunden und sichergestellt. Die Wechselstelle liegt wiederum bei einer Außenstelle der Nobis-Bank im Tessin, diesmal in Locarno. »Mit weiteren Funden ist zu rechnen«, schließt der Agent seine explosive Mitteilung. »Es stinkt ganz gewaltig.«
Der CIA-Gewaltige muß sofort handeln. Zunächst unterrichtet er den CIA-Präsidenten über die drohende Blüten-Invasion und zieht offiziell den Fall an sich. Er erhält Vollmacht, unverzüglich Bundesbank und Bundespolizei in die Ermittlungen einzuschalten, falls es notwendig erscheint. Das Federal Bureau of Investigation (FBI) und CIA ziehen am gleichen Strick, doch häufig an verschiedenen Enden. Insofern ist es ein
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