Pink Christmas 2 (German Edition)
verwaschene 501 lässt eine sportliche Figur erkennen. Marco betätigt den Rückwärtsgang, als auch der junge Anhalter sich zögernd auf das Auto zu bewegt.
Marco öffnet die Fensterscheibe.
„Hallo. Musst du noch weit?“
Zwei blaue Augen blicken schüchtern zu ihm in den Wagen.
„Hallo. Nein. Bis Passau. Kannst du mich mitnehmen?“
Flehend fast die Worte des jungen Typen. Marco tippt ihn auf Anfang 20. Das Gesicht hat etwas Unschuldiges, Engelhaftes. Marco muss innerlich grinsen. Ein Weihnachtsengel!
Genau so kommt ihm sein Gegenüber grade vor.
Marco nickt.
Der Engel strahlt.
„Danke.“
„Steig erst mal ein“, nickt auch Marco, als er sieht, dass sich die Schneeflocken in den blonden Haaren des Engels verfangen. Außerdem schaut der Kleine durchgefroren aus.
„Danke“, nickt der erneut, um dann seinen Rucksack vom Boden zu heben.
„Keine Ursache“, lacht Marco.
Passau ist zwar nicht sein Ziel, aber für den kleinen Umweg hat er eh noch genug Zeit.
Eigentlich will er in die Mühle nach Schöllnach.
Ein paar ruhige Feiertage verbringen, Skifahren und Silvester feiern. Kaffee gibt es eh erst ab 15 Uhr und es ist grad mal eins und nur noch 90 km liegen vor ihm.
In dem Augenblick hüpft der Engel auf seinen Beifahrersitz, wirft den Rucksack nach hinten und sagt zum dritten Mal Danke.
Marco gibt Gas. Die Autobahn ist frei. Vierter Advent.
„Wo willst du denn hin?“, fragt der Engel da schon nicht mehr ganz so schüchtern.
„Schöllnach. In die Mühle, “ beschleunigt Marco weiter.
„Ach“, blickt der blonde Engel seinen Chauffeur an.
Ups, nun weiß er, dass ich auf Jungs stehe, durchzuckt es Marco.
Hoffentlich hat der Kleine jetzt keine Angst, dass ich ihm an die Wäsche will.
„Aber ich fahr dich erst nach Passau. Marco übrigens,“ stellt er sich bei der Gelegenheit vor.
„Nico. Machst du das echt?“
„Klar. Wohin musst du? Zu deinen Eltern?“
Nico schluckt.
„Nein. Von denen komm ich grad. Ich will nach München. Dort wohnt ein Kumpel. Vielleicht hat der Zeit.“
Nicos Worte wirken nicht grad überzeugend.
Marco bohrt auch sofort nach.
„Morgen ist Heiligabend. Und da soll er spontan Zeit haben?“
„Dachte. Sonst. Na, erst mal bis München.“
Nicos Worte klingen plötzlich mutlos.
Marco spürt, hier stimmt was nicht.
„Hattest du Zoff mit deinen Alten?“
Nico verdreht die Augen, als er aus dem Fenster blickt.
Durchfroren, überlegt Marco, um gleichzeitig die Heizung höher zu schalten.
„Ja. Darum will ich ja weg.“
Trotzig nun die Worte des blonden Engels.
„Und du auch weg?“
Marco lacht.
Er spürt, so schnell wird er das Vertrauen seines Anhalters nicht gewinnen.
„Ja. Ich will ein paar Tage relaxen. Meine Eltern machen grad auch Urlaub, auf Verwandte hatte ich keinen Bock und da kommt die Mühle genau richtig.“
„Woher kommst du denn?“
„Aus Köln. Hab dort mit zwei Freunden eine WG.“
Marco denkt an Jochen. Der Flugbegleiter wird die Feiertage auf den Bahamas verbringen. Carsten dagegen, der andere WG-Kumpel, bei der Familie im Sauerland.
„Cool. Da hätte ich auch Bock drauf.“
Langsam scheint Nico aufzutauen.
„Was machst du denn beruflich?“, forscht Marco weiter.
„Bin Koch. Grad fertig mit der Ausbildung. Meine Eltern haben in Regensburg ein Hotel. Da sollte ich ab Januar einsteigen. Aber jetzt ...“ Nico gähnt.
„Jetzt hat es Stress gegeben“, beschleunigt Marco auf 180.
„Ja ….ich …sie, ja, du willst in die Mühle?“ Nico lenkt erneut ab.
„Ja. Kennst du die Pension?“
Zu seiner Überraschung nickt Nico.
„Ich war letzten Sommer zweimal dort. Witzig.“
„Ach“, ist nun Marco überrascht.
„Allein?“
„Mit einem Freund. Daher auch der Stress. Hab meinen Alten gestern verklickert, dass ich, na ja, einen Freund hatte und … und auf Jungs stehe.“
„Ach. Coming-out?“
„Ja. Wollt ich überhaupt nicht. Aber sie haben so lange gefragt, regelrecht gebohrt, bis ich geplatzt bin.“
„Tut mir echt leid.“ Mitfühlend schaut Marco zu seinem Mitfahrer rüber. „Und nun bist du ausgerissen?“
„Ich? Ja, nein. Ich bin 21. Außerdem haben sie eh keine Zeit. Und wenn sie mich nicht wollen? Meine, schwul. Dann lieben sie mich eben nicht.“
„Doch. Doch, das tun deine Eltern ganz sicher. Auch wenn euer Gespräch Mist war. Gib ihnen Zeit. Deine Alten müssen das erst verdauen. Und du auch.“
Nico hat Tränen in den Augen. Beruhigend legt Marco ihm kurz seine rechte Hand auf die
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