Piper und das Rätsel der letzten Uhr
hier traf sie keine Menschenseele an.
Dann ging sie wieder nach unten in die Küche. Es gab eine Feuerstelle und einen Tisch, sonst nichts. Auf dem Boden standen ein paar Säcke mit Kartoffeln darin. Alles war einigermaßen aufgeräumt, aber nicht sehr sauber. Nichts deutete darauf hin, dass vorhin noch jemand hier gewesen war und Essen gemacht hatte.
Piper stellte fest, dass sie Hunger hatte. Sie fand einen Laib Brot, der unförmig und sehr groß war. Da es sonst nichts gab, das ihr als Belag dienen konnte, knabberte sie auf dem trockenen Brot herum. Sie hatte wirklich großen Hunger.
Wasser stand in einer Karaffe auf dem Tisch. In einem der Säcke fand sie zudem ein paar fleckige Äpfel. Zaghaft biss sie in einen Apfel und verzog kurz das Gesicht. Trotzdem aß sie ihn ganz auf, denn Piper mochte es, wenn Äpfel sauer schmeckten. Danach fühlte sie sich wieder etwas kräftiger, und als sie eine Maus über den Boden huschen sah, erschrak sie fast gar nicht.
Ein rotbrauner Schatten folgte der Maus, doch bald bremste er ab und blieb im Türrahmen stehen.
»Belstone!«, rief Piper erfreut.
»Piper Hepworth«, sagte Belstone. »Dachte ich mir doch, dass du hier bist.« Ja, er war es tatsächlich!
»Hey«, sagte Piper.
»Eine schöne Taverne«, stellte Belstone fest. »Und so angenehm ruhig, wenn die Hausherren auf Beutezug sind.«
»Was machst du hier?«
»Abendessen«, antwortete der Fuchs.
»Ach so.«
»Außerdem war ich neugierig.«
»Worauf?«
»Ich wollte wissen, ob du es geschafft hast.«
»Was?«
»Bis hierher zu kommen, natürlich.«
»Tja, sieht wohl so aus.« Piper zuckte die Achseln. »Ich bin hier!«
Belstone grinste. »Das ist gut. Zwei Abenteuer hast du also schon bestanden.«
»Kann sein«, sagte Piper ausweichend. Sie hatte keine Lust, dem Fuchs zu erzählen, was passiert war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er es schon wusste. »Kann ich dir trauen?«, fragte sie stattdessen erneut.
»Würde ich dir die Wahrheit sagen, wenn es nicht so wäre?«
Sie biss in einen weiteren Apfel.
»Du bist schon seltsam«, sagte sie.
»Ich bin ein Fuchs«, sagte der Fuchs. »Danke für das Kompliment.«
Piper, die nicht wusste, ob das, was sie gerade gesagt hatte, ein Kompliment gewesen war, ließ es dabei bewenden.
»Ich bin müde«, stellte sie fest.
»Das hier ist eine Taverne. Oben ist bestimmt ein Bett gemacht.«
»Und die Strandpiraten?«
»Die machen Strandpiratensachen«, antwortete Belstone.
Das fand Piper beruhigend und so verließen sie zusammen die Küche und gingen nach oben in den ersten Stock. Nachdem sie etwas suchen mussten, fanden sie ein Zimmer mit einem gemachten Bett.
»Gefällt es dir, Abenteuer zu erleben?«, fragte der Fuchs auf einmal.
»Wie meinst du das?«
»In Buckbridge hast du dich doch gelangweilt.«
Piper fragte sich, woher er das schon wieder wusste, versuchte aber gar nicht erst, es herauszufinden. Seine Antwort darauf wäre bestimmt wieder noch rätselhafter ausgefallen.
Während sie nachdachte, ließ Belstone sie nicht aus den Augen.
»Ich langweile mich aber nicht mehr.«
»Ja«, sagte Belstone, »das ist offensichtlich.«
Jetzt fragte sie ihn doch: »Was meinst du damit?«
»Du wirst selbst draufkommen«, gab er zur Antwort.
Toll! Genau, wie sie es sich gedacht hatte. Eine klare Antwort schien sie wohl niemals zu bekommen.
»Und wenn nicht?«
»Oh, ich bin sicher, du wirst es.« Wieder grinste er füchsisch. Das Thema war beendet. »Du wolltest schlafen«, erinnerte er Piper stattdessen.
»Und wenn die Bewohner der Taverne zurückkommen?«, gab Piper zu bedenken. Irgendwann würden sie mit ihren Strandpiratensachen fertig sein und den Feierabend genießen wollen.
»Ich kann vor der Tür wachen. Wenn sie kommen, dann wecke ich dich.«
Piper ging zu dem kleinen Fenster und lugte nach draußen. Ein lauter Sturm peitschte Regen gegen das trübe Glas und die Küstengegend sah grau und unheimlich aus.
»Na dann«, sagte sie zu dem Fuchs, »Gute Nacht.«
Belstone sagte: »Süße Träume.«
Danach schloss Piper die Tür hinter sich und war allein. Sie ließ sich auf das Bett fallen. Die Matratze war hart und das Bettzeug roch muffig. Piper warf einen Blick auf ihre Umgebung. Es war alles andere als gemütlich. Sie sehnte sich nach ihrem Zimmer zu Hause in St. Ives.
Nur für einen winzigen Moment wollte sie die Augen schließen, nicht länger. Sie hatte ja noch viel zu tun. Doch dann, wohl wissend, dass es einen Fuchs in ihrem Leben gab,
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