Pippi Langstrumpf
Donner-Karlsson und Pippi, und sie aßen, bis sie beinahe viereckig 72
waren. Pippi goß etwas Milch in ihr eines Ohr.
„Das ist gut gegen Ohrenreißen“, sagte sie.
„Du Ärmste, hast du Ohrenreißen bekommen?“ fragte Blom.
„Nee“, sagte Pippi, „aber ich krieg es vielleicht.“
Schließlich standen die beiden Landstreicher auf, bedankten sich sehr für das Essen und baten, sich verabschieden zu dürfen.
„Was war das lustig, daß ihr gekommen seid! Müßt ihr wirklich schon gehen?“ sagte Pippi bedauernd.
„Niemals habe ich jemand gesehen, der so gut Schottisch tanzen kann wie du, mein Zuckerschweinchen“, sagte sie zu Donner-Karlsson.
Und zu Blom sagte sie: „Übe fleißig, auf dem Kamm zu blasen, dann fühlst du nicht mehr, daß es kitzelt.“
Gerade als sie schon an der Tür waren, kam Pippi angestürzt und gab jedem ein Goldstück.
„Das habt ihr ehrlich verdient“, sagte sie.
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Pippi geht zum Kaffeekränzchen
Thomas’ und Annikas Mutter hatte einige Damen zum Kaffeekränzchen eingeladen, und da sie so viel gebacken hatte, daß es reichte, meinte sie, Thomas und Annika könnten auch Pippi einladen. Sie glaubte, ihre eigenen Kinder würden ihr auf diese Weise weniger beschwerlich werden.
Thomas und Annika waren ganz glücklich, als sie das hörten, und sie liefen sofort zu Pippi rüber, um sie einzuladen. Pippi war im Garten und goß die wenigen Blumen, die noch übrig waren, mit einer alten rostigen Wasserkanne.
Da es gerade an diesen Tagen in Strömen regnete, sagte Thomas zu Pippi, das wäre doch wohl ganz unnötig.
„Ja, du hast gut reden“, sagte Pippi verdrießlich. „Aber wenn ich die ganze Nacht wachgelegen und mich darauf gefreut habe, aufzustehen und die Blumen zu gießen, dann lasse ich mich durch das bißchen Regen nicht daran hindern. Merk dir das!“
Jetzt kam Annika mit der wunderbaren Neuigkeit vom Kaffeekränzchen.
„Kaffeekränzchen – ich?“ rief Pippi und wurde so nervös, daß sie anfing, Thomas zu begießen statt des Rosenstrauches, der eigentlich gemeint war. „Oh, wie soll das werden! Gott, wie nervös ich bin! Denkt bloß, wenn ich mich nicht benehmen kann!“
„Aber das kannst du sicher“, sagte Annika.
„Sei nicht so sicher“, sagte Pippi. „Ich versuche es, das kannst du mir glauben, aber ich habe schon viele Male gemerkt, daß die Leute finden, ich könne mich nicht benehmen, obwohl ich es immer wieder versucht und mich so 74
gut aufgeführt habe, wie ich nur konnte. Auf dem Meer haben wir das nicht so genau genommen. Aber ich verspreche euch, daß ich mich ordentlich ins Zeug legen will, so daß ihr euch nicht für mich zu schämen braucht.“
„Fein“, sagte Thomas, und dann rannten er und Annika im Regen wieder nach Hause.
„Heute nachmittag um drei, vergiß es nicht!“ rief Annika und sah unter dem Regenschirm hervor.
Nachmittags um drei stieg ein sehr feines Fräulein die Treppe zu Familie Settergrens Villa hinauf. Das war Pippi Langstrumpf. Das rote Haar trug sie des besonderen Anlasses wegen offen herunterhängend, und es lag wie eine Löwenmähne um ihre Schultern. Ihren Mund hatte sie mit einem Rotstift knallrot gemalt, und dann hatte sie sich die Augenbrauen mit Ruß geschwärzt, so daß sie beinahe gefährlich aussah. Auch ihre Nägel hatte sie mit Rotstift bemalt, und auf ihren Schuhen hatte sie große grüne Schleifen befestigt.
„Ich glaube, ich werde die Feinste von der ganzen Gesellschaft sein“, murmelte sie zufrieden vor sich hin, als sie an der Tür klingelte.
Im Wohnzimmer der Familie Settergren saßen drei vornehme Damen und Thomas und Annika und ihre Mutter. Es war ein herrlicher Kaffeetisch gedeckt, und in dem offenen Kamin brannte ein Feuer. Die Damen plauderten ruhig miteinander, und Thomas und Annika saßen auf dem Sofa und blätterten in einem Album. Alles war voller Frieden. Aber plötzlich wurde der Friede gestört.
„Gebt acht! “
Ein durchdringender Ruf kam aus der Diele, und im nächsten Augenblick stand Pippi Langstrumpf auf der Schwelle. Sie hatte so laut und so unerwartet geschrien, daß die Damen in die Höhe fuhren.
„Abteilung vorwärts marsch! “ ertönte der nächste Ruf, und 75
Pippi ging mit taktfesten Schritten zu Frau Settergren hin.
Sie faßte mit beiden Händen ihre Hand, die sie herzlich schüttelte.
„Ich bin nämlich sehr schüchtern“, sagte sie, „und wenn ich mich nicht selber kommandierte, dann würde ich nur im Eingang stehenbleiben und nicht wagen,
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