Pippi Langstrumpf
zu 96
spielen.
„Wollen wir auf den Boden raufgehen und die Gespenster besuchen?“ fragte Pippi.
Annika erschrak.
„G… g… gibt es Gespenster auf dem Boden?“ fragte sie.
„Und ob es welche gibt! Massenhaft!“ sagte Pippi. „Es wimmelt da oben von allen möglichen Gespenstern und Geistern. Man fällt direkt über sie. Wollen wir rauf gehen?“
„Oh“, sagte Annika und sah Pippi vorwurfsvoll an.
„Mutter hat gesagt, es gibt keine Gespenster und Geister“, sagte Thomas bestimmt.
„Das glaube ich“, sagte Pippi. „Denn alle, die es gibt, wohnen auf meinem Boden. Und es hat keinen Zweck, sie zu bitten, wegzuziehen. Aber sie sind nicht gefährlich. Sie kneifen einen bloß in die Arme, daß man blaue Flecke kriegt. Und dann heulen sie. Und spielen Kegel mit ihren Köpfen.“
„Sp… sp… spielen Kegel mit ihren Köpfen?“ flüsterte Annika.
„Ja, genau das tun sie“, sagte Pippi. „Kommt, wir gehn nach oben und plaudern mit ihnen. Ich kann fein Kegel spielen.“
Thomas wollte nicht zeigen, daß er Angst hatte, und eigentlich wollte er ganz gern ein Gespenst sehen. Dann hätte er den Jungen in der Schule was zu erzählen! Außerdem tröstete er sich damit, daß die Gespenster sich wohl nicht an Pippi heranwagen würden. Er entschloß sich, mitzugehen.
Die arme Annika wollte unter keinen Umständen, aber dann fiel ihr ein, daß vielleicht ein ganz kleines Gespenst sich zu ihr herunterschleichen könnte, während sie allein in der Küche war. Und das entschied die Sache. Lieber zusammen mit Pippi und Thomas zwischen tausend Gespenstern als allein mit dem allerkleinsten Gespensterkind in der Küche.
Pippi ging voran. Sie machte die Tür zur Bodentreppe auf.
Da war es kohlschwarz. Thomas hielt Pippi ganz fest, und Annika hielt Thomas noch fester. Nun gingen sie die Treppe 97
hinauf. Es knarrte und knackte bei jedem Schritt. Thomas fing an zu überlegen, ob sie nicht besser unten geblieben wären.
Annika war ohnehin davon überzeugt.
Schließlich waren sie oben, und sie standen in der Bodenkammer. Es war vollständig dunkel, abgesehen von einem kleinen Mondstrahl, der quer über den Fußboden fiel. Es stöhnte und pfiff in allen Ecken, wenn der Wind durch die Ritzen blies.
„Servus, ihr Gespenster alle!“ rief Pippi.
Aber wenn ein Gespenst da war, so antwortete es jedenfalls nicht.
„Das konnte ich mir denken“, sagte Pippi. „Sie sind zur Vorstandssitzung des Geister- und Gespenster Vereins gegangen.“
Ein Seufzer der Erleichterung entschlüpfte Annika, und sie hoffte, daß die Sitzung recht lange dauern möge. Aber da gerade hörte man einen furchtbaren Laut aus einer Ecke der Bodenkammer.
„Kläuit“, tönte es, und einen Augenblick später sah Thomas etwas im Dunkeln auf sich zugesaust kommen. Er fühlte ein Wehen an seiner Stirn und sah etwas Schwarzes durch ein kleines Fenster, das offen stand, verschwinden. Er schrie in den höchsten Tönen:
„Ein Gespenst! Ein Gespenst!“
Und Annika stimmte ein.
„Der Ärmste kommt zu spät zur Sitzung“, sagte Pippi.
„Wenn es überhaupt ein Gespenst war. Und nicht eine Eule! Im übrigen gibt es gar keine Gespenster“, fuhr sie nach einer Weile fort, „denn je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, daß es eine Eule war. Wer behauptet, daß es Gespenster gibt, dem drehe ich die Nase um.“
„Ja aber, du hast es ja selbst gesagt“, sagte Annika.
„Wirklich? Dann werde ich mir selbst die Nase umdrehen!“
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Und sie packte ihre Nase und drehte sie um.
Nun waren Thomas und Annika etwas beruhigter. Sie wurden sogar so mutig, daß sie wagten, zum Fenster zu gehen und in den Garten hinunterzuschauen. Große, dunkle Wolken zogen am Himmel entlang und taten ihr Bestes, den Mond zu verdunkeln. Und die Bäume rauschten.
Thomas und Annika drehten sich um. Aber da – o wie schrecklich! – sahen sie eine weiße Gestalt, die auf sie zukam.
„Ein Geist!“ schrie Thomas wild.
Annika hatte solche Angst, daß sie nicht einmal schreien konnte. Die Gestalt kam immer näher, und Thomas und Annika drückten sich fest aneinander und schlossen die Augen. Aber da hörten sie den Geist sagen:
„Seht bloß, was ich gefunden habe! Vaters Nachthemd lag da drüben in einer alten Seemannskiste. Wenn ich es ringsherum kürzer mache, kann ich es tragen.“
Pippi kam in dem langen Nachthemd, das um ihre Beine schlotterte, zu ihnen heran.
„O Pippi, ich wäre vor Schreck beinahe gestorben“, sagte Annika.
„Ja, aber
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