Pippi Langstrumpf
Hause“, sagte er.
Da spannte Pippi das Pferd los, das noch immer vor Müdigkeit und Schreck zitterte.
„So, mein kleines Pferdchen, jetzt sollst du mal was anderes erleben“, sagte sie.
Sie hob es auf ihre starken Arme und trug es in seinen Stall.
Das Pferd sah ebenso erstaunt aus wie Blomsterlund.
Die Kinder und die Lehrerin standen noch auf der Straße und warteten auf Pippi. Und Blomsterlund stand neben seiner Fuhre und kratzte sich den Kopf. Er wußte nicht, wie er sie nach Hause kriegen sollte. Da kam Pippi zurück. Sie nahm einen der 135
großen, schweren Säcke und packte ihn Blomsterlund auf den Rücken.
„So“, sagte sie. „Nun wollen wir mal sehen, ob du ebenso tüchtig im Tragen bist wie im Prügeln.“ Sie nahm die Peitsche.
„Eigentlich sollte ich dich damit verhauen, da du es so gern hast. Aber die Peitsche ist wohl ein bißchen kaputt“, sagte sie und brach ein Stück ab. „Vollkommen kaputt, traurig genug.“
Und sie zerbrach die Peitsche in kleine Stücke.
Blomsterlund stiefelte ohne ein Wort mit den Säcken los. Er stöhnte nur ein bißchen. Und Pippi nahm die Deichsel und zog den Wagen zu Blomsterlunds Haus.
„Bitte sehr, das kostet nichts“, sagte sie, nachdem sie den Wagen vor Blomsterlunds Stall gestellt hatte. „Das habe ich gern getan. Die Luftreise hast du auch gratis bekommen.“
Dann ging sie. Blomsterlund stand lange da und starrte ihr nach.
„Pippi soll leben!“ schrien die Kinder, als Pippi zurückkam.
Die Lehrerin war auch mit Pippi zufrieden und lobte sie.
„Das hast du gut gemacht“, sagte sie. „Man soll gut sein zu Tieren. Und zu Menschen natürlich auch.“
Pippi saß auf ihrem Pferd und sah zufrieden aus.
„Ja, ich war weiß Gott gut zu Blomsterlund“, sagte sie. „So viel fliegen, und ganz umsonst!“
„Dazu sind wir ja da“, fuhr die Lehrerin fort, „damit wir gut und freundlich zu anderen Menschen sind.“
Pippi stellte sich auf dem Pferderücken auf den Kopf und strampelte mit den Beinen.
„Hehe“, sagte sie, „und wozu sind die anderen Menschen da?“
In Ullas Garten war ein großer Tisch gedeckt. Es gab so viel Milchbrötchen und Kuchen, daß allen Kindern das Wasser im Munde zusammenlief, und sie setzten sich eiligst um den Tisch herum.
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An der einen kurzen Seite saß Pippi. Das erste, was sie tat, war, zwei Brötchen zu nehmen und sie in den Mund zu stopfen. Sie sah aus wie ein Kirchenengel mit kugelrunden Backen.
„Pippi, man wartet, bis man aufgefordert wird“, sagte die Lehrerin vorwurfsvoll.
„Keine M-schtände m-twegen“, preßte Pippi zwischen den Brötchen hervor. „Ich nehm’s nich so genau.“
Gerade da kam Ullas Mutter zu ihr. Sie hatte eine Kanne mit Himbeersaft in der einen Hand und eine mit Schokolade in der anderen.
„Saft oder Schokolade?“ fragte sie.
„Schaft und Schokolade“, sagte Pippi. „Schaft auf das eine Brötchen und Schokolade auf das andere.“
Sie nahm ohne weiteres Ullas Mutter beide Kannen aus der Hand und trank aus jeder einen ordentlichen Schluck.
„Sie war ihr ganzes Leben lang auf See“, flüsterte die Lehrerin Ullas Mutter zu, die sehr erstaunt aussah.
„Ich verstehe“, nickte Ullas Mutter und nahm sich vor, Pippis schlechtes Benehmen nicht zu beachten.
„Sollen es Pfefferkuchen sein?“ fragte sie und hielt Pippi einen Kuchenteller hin.
„Ja, es sieht so aus“, sagte Pippi und kicherte vergnügt über ihren eigenen Witz. „Sie sind allerdings etwas in der Form mißraten, aber ich hoffe, daß sie doch gut schmecken“, sagte sie und nahm sich eine ordentliche Handvoll. Dann erblickte sie einige feine rosa Kuchen, die etwas weiter weg auf dem Tisch standen. Sie zog Herrn Nilsson leicht am Schwanz und sagte:
„Du, Herr Nilsson, lauf hin und hole so ein rosa Ding für mich. Du kannst übrigens gern zwei, drei Stücke nehmen.“
Und Herr Nilsson rannte los, quer über den Tisch, so daß der Saft in den Gläsern überschwappte.
„Ich hoffe, du bist jetzt satt“, sagte Ullas Mutter, als Pippi 137
nachher zu ihr kam, um sich zu bedanken.
„Nee, satt bin ich nicht, aber durstig“, sagte Pippi und kratzte sich am Ohr.
„Ja, es war nicht so viel, was wir zu bieten hatten“, sagte Ullas Mutter.
„Nee, aber das schadet ja nichts“, sagte Pippi freundlich.
Da nahm die Lehrerin sich vor, mit Pippi darüber zu reden, wie man sich benehmen soll.
„Hör mal, kleine Pippi“, sagte sie, „du willst doch sicher eine wirklich feine Dame werden, wenn du
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