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Pippi Langstrumpf

Pippi Langstrumpf

Titel: Pippi Langstrumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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nicht wachsen und groß und stark werden. Und wenn du nicht groß und stark wirst, 229

    dann kannst du deine Kinder, wenn du welche bekommst, nicht zwingen, ihre gute Grütze zu essen. Nein, Annika, das geht nicht. Das gäbe ja die furchtbarste Unordnung mit der Grütze-Esserei hier im Lande, wenn alle so denken würden wie du.“
    Thomas und Annika aßen jeder zwei Löffel Grütze. Pippi betrachtete sie mit großer Teilnahme.
    „Ihr solltet mal eine Weile auf See sein“, sagte sie und ließ ihren Stuhl auf zwei Beinen schaukeln. „Dann würdet ihr bald essen lernen. Ich erinnere mich, als ich noch auf dem Schiff meines Vaters war, daß Fridolf, einer unserer Matrosen, eines Morgens ganz plötzlich nur sieben Teller Grütze aß. Vater geriet ganz außer sich vor Unruhe über seinen schlechten Appetit. ,Fridolfchen‘, sagte er fast weinend, ,ich fürchte, daß du eine Zehrkrankheit bekommen hast. Es ist wohl am besten, wenn du heute in deiner Koje bleibst, bis du dich etwas wohler fühlst und wieder richtig essen kannst. Ich werde dich zudecken und dir etwas stärkende Medusin geben.‘“
    „Medizin heißt es“, sagte Annika.
    „Fridolf wackelte ins Bett“, fuhr Pippi fort, „denn er war selbst ängstlich und wunderte sich, was das für eine Krankheit sein könne, die ihn befallen hatte, da er nicht mehr als sieben Teller Grütze hatte essen können. Er lag da und überlegte, ob er wohl bis zum Abend leben würde, als Vater mit der Medusin kam. Es war eine schwarze, abscheuliche Medusin, aber man kann sagen, was man will, stärkend war sie. Denn als Fridolf den ersten Löffel hinuntergeschluckt hatte, da schlug es gleichsam wie eine Flamme aus seinem Mund hervor. Er stieß einen Schrei aus, der die Hoppetosse von vorn bis hinten erschütterte und den man auf allen Fahrzeugen im Umkreis von fünfzig Seemeilen hören konnte. Der Koch hatte noch nicht den Frühstückstisch abgeräumt, als Fridolf unter andauerndem lautem Gebrüll aus seiner Koje angedampft kam. Er stürzte sich an den Tisch und fing an, Grütze zu essen, und noch nach dem fünfzehnten Teller schrie er vor Hunger. Aber da war die 230

    Grütze alle, und dem Koch blieb nichts anderes übrig, als kalte gekochte Kartoffeln in Fridolfs offenen Rachen zu werfen.
    Sobald er Miene machte, aufzuhören, stieß Fridolf ein wütendes Knurren aus, so daß der Koch einsah, daß er weitermachen mußte, wenn er nicht selbst aufgefressen werden wollte. Aber leider hatte er nur 117 schäbige Kartoffeln, und als er die letzte in Fridolf hineingeworfen hatte, schoß er eiligst zur Tür hinaus und schloß sie zu. Und wir standen alle draußen und betrachteten Fridolf durch ein Fenster. Er plärrte wie ein kleines, hungriges Kind und aß hintereinander die Brotschüssel und eine Kanne und fünfzehn Teller auf. Dann machte er sich an den Tisch. Er brach alle vier Beine ab und aß, so daß die Sägespäne um seinen Mund flogen, aber er meinte, wenn das Spargel sein solle, so wäre es der allerholzigste, den es gäbe.
    Dann fand er wohl, daß die Tischplatte besser wäre, denn er schmatzte, als er sie aß, und sagte, sie wäre das beste Butterbrot, das er bekommen hätte, seit er klein gewesen war.
    Da fand Vater, daß Fridolf von seiner zehrenden Krankheit wiederhergestellt war, und er ging zu ihm rein und sagte, daß er nun versuchen solle, sich zu beherrschen, bis es in zwei Stunden Mittagessen gäbe, und da sollte er Schweinefleisch und Rübenmus bekommen. – ,Ach, ach, Käpten‘, sagte er und trocknete sich den Mund. ,Aber noch etwas, Käpten‘, fuhr er fort, und seine Augen leuchteten vor Eifer, ,wann gibt es Abendbrot, und warum können wir es nicht etwas früher bekommen?‘“
    Pippi legte den Kopf auf die Seite und schaute Thomas und Annika und ihre Grützeteller an.
    „Wie gesagt, ihr solltet eine Weile auf See sein, dann würdet ihr von eurer Appetitlosigkeit schon geheilt werden.“
    Gerade da ging der Briefträger auf dem Weg zur Villa Kunterbunt am Settergrenschen Haus vorbei. Er sah Pippi durch das Fenster und rief:
    „Pippi Langstrumpf, hier ist ein Brief für dich!“

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    Pippi war so erstaunt, daß sie beinah vom Stuhl gefallen wäre.
    „Ein Brief! Für mich! Ein brichtiger Rief – ich meine: ein richtiger Brief? Das will ich erst sehen, bevor ich es glaube.“
    Aber es war ein richtiger Brief, ein Brief mit vielen und merkwürdigen Briefmarken drauf.
    „Lies du ihn, Thomas, du verstehst die Kunst“, sagte Pippi.
    Und Thomas

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