Pirat des Herzens
Polstersessel. Juliet machte einen Ausritt, und Lord Hixley inspizierte die Minen. Doch der Verwalter schickte Juliet einen Stallburschen entgegen. John und Katherine vertrieben sich die Zeit mit Plaudern.
Und bald hörte Katherine leichte, eilige Schritte. Gleich darauf stürmte Juliet in die Halle, wunderschön anzusehen mit ihren dunklen Locken, rosigen Wangen und glänzenden Augen. Sie trug ein smaragdgrünes Reitkleid. »Katherine! Katherine!«
Die beiden Mädchen umarmten einander stürmisch. »Du warst immer schon eine Schönheit, doch das rauhe Klima in Cornwall scheint dir ausgezeichnet zu bekommen, Juliet. Du bist noch schöner geworden!«
»Katherine, wie süß von dir. Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Aber wie kommst du hierher?« Juliets Blick wanderte über Katherines Schulter zu Hawke. Ihr Lächeln schwand. Sie blickte ihn unverwandt an.
Katherine schmunzelte, da Juliet die Augen nicht von ihrem gutaussehenden Verlobten wandte. Sie stellte John vor und wurde ein wenig unsicher. Hawke starrte Juliet mit der nämlichen verwunderten Intensität an. Eine merkwürdige Stille legte sich über den Raum - eine Stille voll knisternder Spannung.
Hawke schien wieder zum Leben zu erwachen. Er verbeugte sich förmlich. »Lady Stratheclyde«, murmelte er, »erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen.« Sein Blick, der mit Juliets Blick verschmolzen war, wanderte nun über ihre Figur - in unmißverständlich männlicher Bewunderung.
Juliet schien keine Worte zu finden. Unruhig flog ihr Blick zu Katherine und wieder zu John zurück. »Sir John... ich gratuliere Euch... Euch und Katherine... zu Eurem Glück.«
Hawkes Gesichtszüge waren angespannt. Er nickte.
Juliet lächelte gezwungen. »Katherine, ich freue mich so für dich«, begann sie hastig, allerdings etwas schrill. »Wie glücklich du sein mußt! Wann findet die Trauung statt? Und wo? Wie lange bleibst du auf Hawkehurst?«
Katherine warf John einen Seitenblick zu, der den Damen den Rücken zugewandt hatte und einen Gobelin studierte, der Wilhelm den Eroberer bei der Schlacht von Hastings darstellte. »Wir heiraten am fünfzehnten April in London. Und in Hawkehurst bleiben wir nur noch zwei Nächte.«
Juliet machte ein trauriges Gesicht. »Wie schade. Dann sehe ich dich nicht wieder.«
»Kommst du denn nicht zum Bankett, das Johns Vater uns zu Ehren gibt?« fragte Katherine.
»Ich denke nicht«, antwortete Juliet.
»Bist du nicht eingeladen?«
Juliet zögerte. »Doch, doch... aber mein Onkel hat wohl abgesagt.«
»Und warum?«
Juliet blieb ihr die Antwort schuldig. »Katherine, ich würde dich so gern noch einmal sehen, bevor du abreist.« Katherine nahm ihre Hand. »Machen wir einen Spaziergang?« Sie wandte sich an ihren Verlobten. »John, hast du etwas dagegen, wenn ich mit Juliet ein wenig spazierengehe?«
Erst jetzt drehte er sich wieder um. Sein Blick glitt zu Juliet, blieb auf ihrem feinen, herzförmigen Gesicht haften.
»Katherine, wir dürfen uns nicht verspäten. Wir haben Gäste zum Abendessen.«
»Ich weiß, nur ein paar Minuten. Bitte.«
Er nickte. »Bleib nicht zu lange!«
Juliet nahm Katherines Hand und warf Hawke einen dankbaren Blick zu. Die beiden Mädchen eilten in den Garten. Unter einem Kirschbaum blieben sie stehen. »Juliet, bedrückt dich etwas?«
Juliet machte ein unglückliches Gesicht. »Ich beneide dich«, flüsterte sie, »einen Mann wie Sir John zu heiraten.«
Katherine erwartete beinahe, daß Juliet ihr gestand, sie habe sich in John Hawke verliebt.
»Mein Onkel will mich an meinem sechzehnten Geburtstag verloben, in acht Wochen. Er hat die Liste der Heiratskandidaten auf drei zusammengestrichen. Lord Carey ist dreimal so alt wie ich, zweimal verwitwet und hat sechs Kinder. Ralph Benston ist ein schlaksiger, pickeliger Junge, der seine Hände nicht von mir lassen kann. Und der dritte, Simon Hunt, ist zwar freundlich, aber unglaublich fett. Ich hasse sie alle drei!« rief Juliet.
»Ach Juliet« seufzte Katherine, teils erleichtert, teils aus aufrichtigem Mitleid mit Juliet, sie wußte nicht, wie sie die Freundin trösten konnte. Eine Dame von Stand heiratete nicht aus Liebe; wichtig war, daß sie eine gute Partie machte. »Kannst du Hixley nicht bitten, dir einen Gemahl auszusuchen, mit dem du einverstanden bist?«
»Unmöglich!« antwortete Juliet bitter. »Meine Gefühle kümmern ihn nicht. Ihm wäre Lord Carey am liebsten, der mir schauerliche Angst einjagt. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wie
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