Pirat des Herzens
«
Elisabeth erbebte. Sie wünschte, mit ihm allein zu sein. Dudley würde sie stürmisch in die Arme schließen, und wenn sie sich noch so sehr wehrte. Die Frau in ihr fühlte sich geschmeichelt, die Regentin war erzürnt.
Sie wußte nicht genau, was seine glatten Worte wirklich bedeuteten. Sprach er von ihrem Körper, den sie ihm bislang verweigert hatte, oder von ihrem Thron? »Ich werde Euch verwehren, was mir beliebt, Robin«, entgegnete sie kalt.
Leicester blickte sie weiterhin unverwandt an. Elisabeth wurde bang ums Herz. Vielleicht provozierte sie Dudley zu sehr. Dann lächelte sie ihn strahlend an und berührte seine Hand unter der Rüschenmanschette. »Verzeiht, Liebster. Ich neige wie viele Frauen zur Herrschsucht.«
Er entspannte sich. »Laßt mich heute nacht zu Euch kommen, Bess.«
Ihr Blick flackerte unruhig. »Ich brauche Bedenkzeit.«
Er nahm ihre Hand, hinderte sie, ihm den Rücken zuzukehren. »Ich komme, Bess.« Es klang wie eine Drohung.
Elisabeths Herz schlug hämmernd. Seit Wochen hatte sie keinen Abend mit Dudley allein verbracht. Endlich nickte sie und bemerkte das triumphierende Funkeln in seinen Augen.
Elisabeth wandte sich an Ormond. »Ich stimme Euch zu, Tom. Wir müssen einen Ehemann für sie finden.«
Ormonds Gesicht hellte sich auf, während Leicester neben ihr unruhig wurde. In diesem Augenblick trat Cecil vor. »Habt Ihr Eure Meinung geändert, Königliche Hoheit?«
»Ja«, entgegnete Elisabeth knapp. Es war nichts Ungewöhnliches. Die Monarchin war dafür bekannt, von einer Sekunde zur nächsten eine gegenteilige Meinung zu vertreten. Elisabeth war gewillt, ihre Pläne - wenn auch nicht alle - ihren engsten Vertrauten mitzuteilen. »Ich habe die Person näher kennengelernt und halte sie für zu naiv, um sich an Umsturzplänen zu beteiligen. Allerdings würde es mich nicht wundern, wenn einer dieser schlauen Füchse, ihr Vater oder O’Neill, sie für ihre Machenschaften benutzen sollten. Deshalb wünsche ich, sie als Figur vom Schachbrett zu nehmen, ehe das Spiel beginnt.«
William Cecil schwieg. Seiner Meinung nach hatte das Spiel längst begonnen. Er hatte vor einigen Tagen seltsame Nachrichten von seinen Spionen erhalten. Die Sea Dagger lag in der Dingle Bay nahe Askeaton vor Anker. Diese Bucht wurde auch von dem Papisten FitzMaurice benutzt. Der Pirat war ein ausgesprochen schlauer Bursche. Doch Cecil behielt seine Weisheit für sich. Der Pirat mußte weiterhin freie Hand haben.
Elisabeth setzte ihre Ausführungen fort. »Ich möchte das Mädchen mit einem loyalen Untertan verheiraten«, verkündete sie. »Als verheiratete Frau ist sie für Liam wertlos und auch für ihren Vater.«
»Habt Ihr einen treuen Untertan im Auge?« fragte Ormond mit grimmiger Zufriedenheit.
Elisabeth nickte. Im Grunde ihres Herzens waren ihre Beweggründe, Katherine zu verheiraten, höchst eigennütziger Natur.
Das Mädchen war zu schön, um bei Hofe zu bleiben, eine ständige Versuchung für Elisabeths Günstlinge. Die Königin duldete nicht, daß Katherine Graf Leicester den Kopf verdrehte, ebensowenig behagte ihr, daß Liam O’Neill offenbar bis über beide Ohren in sie verschossen war. Selbst der liebe, gute Tom schien sich zu ihr hingezogen zu fühlen. Das Mädchen bei Hofe aufzunehmen war ein grober Fehler gewesen.
Elisabeth gefiel der Gedanke, Katherine in einem abgelegenen Landgut in Cornwall zu wissen - mit einer Schar kleiner Kinder am Rockzipfel. Ein Lächeln umspielte die Lippen der Monarchin. Weder Leicester noch O’Neill noch der Schwarze Tom würden sie dann noch sonderlich attraktiv finden.
»Ich habe bereits mit dem Bräutigam gesprochen.« Sie strahlte. »John Hawke hatte zwar ehrgeizigere Pläne, als eine bettelarme, katholische Irin zu heiraten, doch ich werde ihr ein florierendes Landgut als Mitgift vermachen.« Elisabeth war die Güte selbst. »Sir John hat sich bereit erklärt. Die Hochzeit findet am 15. April statt, also in sechs Wochen. Nun bleibt mir nur noch, das Mädchen von ihrem Glück zu unterrichten.«
Und Cecil fragte sich, welchen Zug der Pirat als nächsten planen würde.
18
»Katherine!«
Katherine hatte soeben den Speisesaal verlassen und drehte sich um. John Hawke trat auf sie zu. »Kann ich mit Euch sprechen?«
Sie blickte in sein hübsches Gesicht, in seine glänzenden Augen. »Ihr scheint guter Dinge zu sein, Sir«, schmunzelte sie. »Habt Ihr gute Nachrichten für mich?«
Seine blauen Augen suchten die ihren. »Wir wollen ein wenig in
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