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Pirat des Herzens

Titel: Pirat des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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hatte den Brief an die zehn Mal gelesen. Er gehörte nicht zu den Menschen, die mit Bedauern auf ihr Leben zurückblicken; nur Narren grübeln über Dinge nach, die nicht zu ändern sind. Seine Mutter verurteilte ihn zwar nicht, weil er ein Pirat war, doch Liam wußte, daß sie sich insgeheim wünschte, eines Tages könne aus ihm ein ehrbarer Engländer werden. Er war weder Ire noch Engländer und zu einem Leben auf See verurteilt. Seine Mutter wußte das ebenso wie er.
    Liam faltete den Brief sorgsam, legte ihn in eine hübsche Kassette und verschloß sie mit einem zierlichen Schlüssel, den er am Gürtel trug. Dann stellte er die Kassette in den Eichenschrank.
    Liam wanderte ruhelos auf und ab. Bislang war er mit der Einsamkeit des Lebens auf der Insel fertig geworden. Doch jetzt... jetzt verfolgte ihn das Bild der feuerroten Verführerin, wo er ging und stand. Sogar seine Mutter schrieb von ihr.
    Katherine hatte seinen Heiratsantrag entrüstet abgelehnt. Eine Woge aus Zorn und Demütigung wallte in Liam hoch. Sein Stolz hatte ihm verboten, sie erneut zu bitten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken.
    Liam starrte ins Feuer, die Fäuste geballt. Katherine war bei Hofe gut untergebracht. Das Spiel hatte begonnen, und das Ende war noch nicht abzusehen. Liam überlegte, ob er Katherine gegen ihren Willen zur Frau nehmen sollte. Auf keinen Fall konnte er sie einem anderen Mann überlassen. Sein lauter Fluch hallte unheilvoll von den kahlen Steinmauern wider.
    Macgregor hatte aufgehört zu spielen. Er und der Junge blickten ihn besorgt an. Liam warf dem Burschen ein schiefes Lächeln zu. Guy stand auf. »Kapitän, braucht Ihr etwas?« Sein ängstlicher Blick suchte Liams Augen.
    Ich brauche diese rothaarige, leidenschaftliche Frau! dachte Liam zähneknirschend.
    »Nein, Guy.«
    Guy blieb unschlüssig stehen.
    »Setz dich und hör Macgregor zu.« Guy hockte sich wieder hin.
    »Da kommt jemand«, sagte Macgregor.
    Auch Liam hörte das entfernte Läuten der Glocke vom Wachtturm. Kurz darauf trat einer seiner Männer mit von der Kälte gerötetem Gesicht ein, hinter ihm ein dick vermummter Fremder. »Kapitän, ein Bote.«
    Liam beobachtete den Fremden scharf, der seine Kapuze abnahm und die Handschuhe auszog. Er mußte mit dem monatlichen Versorgungsschiff gekommen sein. Liam bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, Platz zu nehmen.
    Kurz darauf erschien ein Diener mit heißem, gewürztem Wein und einem Imbiß. »Jack, wärme dich in der Küche auf und iß etwas Warmes«, sagte Liam zu seinem Wachtposten, der sich das nicht zweimal sagen ließ und in die Küche eilte.
    Liam setzte sich dem Boten gegenüber. Macgregor fing wieder leise an zu spielen.
    »Wer schickt Euch?« fragte Liam leise.
    »Gerald FitzGerald.«
    Liam straffte die Schultern. Der Mann holte ein versiegeltes Pergament unter dem Umhang hervor. Liam trat damit ans Feuer. Beim Lesen weiteten sich seine Augen, sein Gesicht wurde kalkweiß.
    Katherine FitzGerald hatte sich mit Sir John Hawke verlobt. Die Hochzeit sollte am fünfzehnten April in der St. Pauls Kathedrale stattfinden. Die Königin hatte ihr als Mitgift ein Gut in Kent geschenkt.
    Liam kochte vor Wut. »Was ist heute für ein gottverdammter Tag?« brüllte er.
    Macgregor legte den Dudelsack beiseite. »Der dreizehnte März«, antwortete er.
    Liam stand zornbebend da. Doch als er sprach, war seine Stimme eiskalt. »Wir brechen nach London auf«, verkündete er tonlos. Seine Stimme verriet nicht, daß das wilde Tier in ihm ausgebrochen war. »Auf der Stelle!«
    Doch der Schneesturm vereitelte die Abfahrt. Zwölf lange Tage.

London, 15. April 1571
    Die mächtigen Glocken der St. Pauls Kathedrale läuteten, ihr voller Klang schwang über die Stadt London hinweg. Auf der Straße vor der Kathedrale drängten sich Kutschen, Karossen und Pferde der Hochzeitsgäste. Berittene Soldaten patrouillierten und sorgten für Ordnung. Hunderte schaulustiger Bürger säumten die Straße. Die Hochzeit eines Paares aus dem Hochadel war ein großes Ereignis, und alle wollten das Brautpaar sehen.
    Endlich erschienen die Frischvermählten. Die Menge reckte die Hälse, Frauen gerieten in Verzückung. Sir John Hawke trug seine rotgoldene Paradeuniform, sein prächtiges Zeremonienschwert, hohe, glänzende, schwarze Stiefel und einen schwarzen Federhut. Ein ehrfurchtsvolles Raunen flog durch die gaffende Menge. Die Braut war von märchenhafter Schönheit.
    Sie trug ein perlenbesticktes weißes Samtkleid und eine gleichfalls

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