Pirat des Herzens
ihm in die Augen zu sehen. Sie würde sich an ihn gewöhnen. Bald würde sie sich nach seiner Umarmung sehnen, wie sie sich letzte Nacht nach Liams Umarmung gesehnt hatte. Einen Moment lang glaubte sie Verwirrung in seinen Augen zu lesen, Verwirrung und Enttäuschung.
Doch dann legte er lächelnd seinen Arm um sie, und Katherine wußte, daß sie ihn mißverstanden hatte.
Die Hochzeit sollte in der St. Pauls Kathedrale in London stattfinden. Die Königin und ihr gesamter Hofstaat würden der Trauung beiwohnen. Danach würden Braut und Bräutigam nach Barby Hall reiten, auf das Landgut, das die Königin Katherine zur Hochzeit geschenkt hatte, dort würden sie die Hochzeitsnacht verbringen. Umgehend wurde mit den Vorbereitungen begonnen. Katherine wurde von der Königin beurlaubt, um sich mit ihrem Verlobten auf das Schloß seiner Vorfahren in Cornwall zu begeben, damit sie seinen Vater kennenlernen konnte.
Katherine war glücklich. Bald würde sie die Gemahlin eines edlen Ritters sein, der im Dienste der Königin eine glänzende Karriere vor sich hatte. Eines Tages würde er vielleicht sogar zum Ritter des Hosenbandordens ernannt oder in den Kronrat aufgenommen werden. Erst vor einem Monat hatte Sir William Cecil die Peerswürde erhalten und war nun neben Lord Burghley Schatzmeister des Königreiches - einer der mächtigsten Männer Englands.
Katherine wir glücklich: Mit einem Mal fiel ihr alles in de Schoß, wovon eine Frau träumte. Sie mußte sich nicht länger über räuberische Piraten ärgern, die sich nachts mit sündigen, lüsternen Absichten in ihre Kammer schlichen, über Piraten, die harmlose Handelsschiffe ausplünderten und unschuldige junge Frauen entführten.
Katherine wußte, daß ihr großes Glück beschieden war.
Die Aufforderungen ihres Vaters, ihn aufzusuchen, die seit ihrer Verlobung mit Sir John ständig bei ihr eingingen, hatte sie nicht beachtet.
Sie verdrängte ihr schlechtes Gewissen, ihrem Vater den Gehorsam verweigert zu haben. Zu gegebener Zeit würde sie mit ihrem Gemahl über das Schicksal ihres Vaters sprechen Sir John stand in hohem Ansehen bei der Herrscherin, ihm würde es mit Sicherheit gelingen, die Rückkehr ihres Vaters nach Irland durchzusetzen.
Das Paar brach umgehend nach Cornwall auf. Katherine kam der eilige Aufbruch sehr gelegen, nicht nur, um Gerald und Eleanor aus dem Weg zu gehen, sondern auch, um Liam auszuweichen, der dreist genug sein könnte, erneut in ihre Kammer einzudringen - diesmal mit katastrophalen Konsequenzen.
Unterdessen wälzte Katherine sich Nacht um Nacht ruhelos in ihren Kissen, nicht in Gedanken an ihren Verlobten, sondern an den verwegenen Piraten.
Sir Henry Hawke war ein korpulenter, dennoch gutaussehender Mann, der die Ankömmlinge begrüßte, ehe sie aus dem Sattel gestiegen waren. Katherine las in seiner bitteren Miene, daß er über die Wahl seines Sohnes nicht glücklich war. Sie war Irin. Ihr Vater war Gefangener der Königin und in Ungnade. Und außerdem war sie Katholikin.
Sie und John hatten ein kurzes Gespräch über die religiöse Erziehung ihrer Kinder gehabt. Er war überzeugter Protestant und haßte das Papsttum. Man ließ das Thema fallen, ehe es zu einem Streit kam.
Sir Henry Hawke war von der Braut seines Sohnes nicht begeistert. Er hatte gehofft, sein vielversprechender Sohn würde eine reiche Erbin aus dem Hochadel heimführen. Doch Sir Henry war nicht unhöflich oder unfreundlich zu ihr und begann bald aufzutauen.
Am zweiten Tag ihres Aufenthalts, einem milden, sonnigen Märztag, machte das Paar einen Ausritt in die Moorlandschaft.
John erzählte ihr, welche Gäste zu dem Festbankett geladen waren, das sein Vater zu Ehren des Brautpaars gab. Eine Gelegenheit, bei der sie die benachbarten Lords und Ladys kennenlernen würde. Zu Katherines großem Erstaunen stellte sie fest, daß Lord Hixley von Thurlstone Manor ihr unmittelbarer Nachbar war.
John, meine beste Freundin aus dem Kloster in Frankreich ist Juliet Stratheclyde, die Erbin von Thurlstone und Lord Hixleys Mündel«, rief sie begeistert.
»Stratheclyde starb vor einigen Jahren«, meinte John nachdenklich. »Ja, es gibt eine Tochter. Ich wußte aber nicht, daß sie im Kloster lebte.«
»John! Wollen wir nach Thurlstone reiten und Juliet besuchen? O bitte!«
John lächelte. »Wie schön du bist, Katherine, wenn deine Augen strahlen. Komm, auf nach Thurlstone!«
Sie warteten in der großen Halle, bewunderten die kostbaren Gobelins, die Silbergefäße, die
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