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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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habt recht«, sagte René schwer, »kam nicht wieder. Mein Bruder und ich gingen, nachdem meine Mutter vor Gram gestorben war, nach Amerika. Und hier trafen wir durch Zufall einen betrunkenen Matrosen, der uns berichtete, weshalb die Schiffe der Reederei von durch van Groot gedungene Piraten auf den Grund des Meeres geschickt wurden. Wir gaben uns nicht zu erkennen. Von diesem Tag an nannten wir uns nicht mehr Mounsier, sondern Musset. Ich ging eines Tages, nachdem wir nach Europa zurückgekehrt waren, nach Rotterdam. Verkleidet machte ich mich auf den Weg zu van Groot. Ich bot mich ihm als ehemaliger Kapitän der Reederei Mounsier an. Ein Patent konnte ich erbringen. Unsere Kapitäne standen im Ruf, gute Seeleute zu sein.
    Van Groot nahm mich. Im Verlauf der Unterhaltung gab ich zu erkennen, daß ich Mounsier während meiner Zeit in seinen Diensten hassen gelernt hätte. Van Groot freute sich darüber. Und dann ließ er die Worte fallen: ,Da wird es Ihnen ja Freude bereiten, daß ich die Brut von den sieben Meeren entfernt habe. Sie waren Konkurrenten schlimmster Sorte, kann ich Ihnen sagen. Auf ihren Märkten hatte ich nichts zu bestellen. Nun, wir haben diese Konkurrenz ausgeschaltet, für immer ausgeschaltet. Sie sind erledigt. —
    Ihr könnt Euch denken, daß ich mich gewaltsam beherrschen mußte. Ich ging nach der Bretagne zurück und berief einen Familienrat ein. Wir, die männlichen Angehörigen der ganzen Familie, verkauften allen Besitz. Von dem Erlös rüsteten mein Bruder Léon und ich zwei Schiffe aus. Eines davon ist der »Schwarzrote«. Mit dem anderen ist mein Bruder geflüchtet. Die Männer meines Schiffes« — er lachte — »sie sind erst Piraten geworden, wir alle sind erst Piraten geworden. Sie sind meine Vettern. Pierre ist ein Vetter meines Vaters. Ja, die ganze Familie ist aufgebrochen, um an van Groot Rache zu nehmen. Bien, das ist meine Geschichte. — — Gefällt sie Euch?« »Ihr seid eine tüchtige Familie, scheint es.«
    »Gemessen an den Schiffen, die van Groot noch geblieben sind, ja. Aber gemessen an Euch und Euern Burschen auf diesem Schiff hier, sind wir Stümper. Ich sagte schon, daß ich die »Trueno« kenne. Von der Flagge mit den zwei Händen hat jeder Seemann schon gehört. Habt Ihr diese geschulte Piratenflottille aufgebaut?« Michel sah ihn an.
    »Es ist eine lange Geschichte. Ich werde sie Euch irgendwann einmal erzählen. Jetzt muß ich
hinaus, um nachzusehen, ob der Reeder noch immer in seinem Bootsitzt und wartet.
Wahrscheinlich spuckt er schon Gift und Galle.«
Er erhob sich vom Rand der Koje.
    Bevor er den Verwundeten allein ließ, stellte dieser noch eine Frage:
    »Ihr werdet Euer Wort halten und mir freien Abzug gewähren?«
    »Ich habe noch nie mein Wort gebrochen. Und im Vertrauen, Monsieur, wenn ich an Eurer Stelle gewesen wäre, ich hätte genauso gehandelt. Wo die natürliche Macht des Rechts aufhört, muß man ihr mit Gewalt Geltung verschaffen. Das einzige, was mir an der Art Eurer Vergeltung nicht gefällt, ist, daß Ihr keinen Unterschied gemacht habt zwischen der Person van Groots und den vielen Menschen, die von ihm abhängen. Ihr habt geschossen, habt seine Schiffe versenkt, habt also Eure Rache ausgedehnt auf alle, die ahnungslos für die van Groot'sche Reederei tätig waren. Wieviel Unschuldige sind dieser Rache zum Opfer gefallen?«
    »Sehr wenige nur. Getötet haben wir mit Absicht nie. Bisher ist noch jede Mannschaft in die Boote gezwungen worden und meines Wissens auch gerettet worden. Irgendwie mußte ich den größten Hai der sieben Meere treffen.«
    Michel nickte und reichte ihm die Hand hin.
    »Jeder tut es auf seine Weise. Ich selbst habe kein Talent zur Rache, ja, ich lehne sie ab; denn Rache zeugt wieder Rache und wird zu dem endlosen Kreis des Leidens, an dem unsere ganze Welt krankt. Der Mensch ist zu unvollkommen, um Richter über andere Unvollkommene zu sein. Faßt das nicht als Vorwurf auf. Es ist nichts als meine ganz persönliche Meinung.« »Ihr habt so Schweres nicht erlebt«, sagte René kurz. Und in seiner Stimme war ein Anflug von Unwille.
    »Lassen wir das«, antwortete Michel freundlich. »Schlaft ein wenig und erholt Euch.« Er ging hinaus. Zum erstenmal seit langer Zeit pfiff er wieder ein paar Takte vor sich hin. Ohne Eile schlenderte er über den Gang und stieg die Treppe zum Oberdeck hinauf.
    An der Reling stand mittlerweile die gesamte Schiffsbesatzung versammelt. Vom Wasser her erklangen wüste Schimpfworte, über die

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