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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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an den Flaggast durch, daß er signalisieren solle, was los sei. »Abwarten«, kam die Antwort.
    »Bei Allah, sie haben die schwarz-weiße Flagge eingezogen«, staunte der Kapitän, als sich der Pulverdampf verflüchtigt hatte und die Sicht wieder einigermaßen klar war. — Michel hatte das Sprachrohr am Mund und rief:
    »Dieuxdonné soll herüberkommen. Ich will mit ihm sprechen. Ich garantiere freien Abzug.«
»Der Kapitän ist schwer verwundet. Er kann nicht kommen«, rief Pierre zurück. »Wollt Ihr nicht
mit mir verhandeln?«
»Schwer verwundet? Lebensgefährlich?«
»Ich weiß nicht. Ich bin kein Arzt.«
»Habt ihr keinen Arzt an Bord?«
»Nein.«
»Gewährt ihr mir ebenfalls freien Abzug, wenn ichnach drüben komme, um nach dem
Verwundeten zu sehen?«
»Unser Wort darauf.«
»Gut, ich komme. Ich werde ihm helfen. Ich bin Arzt. Verbandzeug an Bord?«
»Ja.«
»In fünf Minuten bin ich drüben.«
Er warf das Sprachrohr weg.
    »Diaz, mach ein Boot klar! Schnell, drüben braucht jemand meine Hilfe.«
    »Sind viele Verwundete auf dem »Schwarzroten«?« fragte Marina. »Ich weiß es nicht. Aber es ist anzunehmen.«
    »Gut, dann begleite ich Euch, Miguel. Laßt mich an Eurer Seite wieder einmal den Arztgehilfen spielen. Es ist lange her, seit ich es tat. Erinnert Ihr Euch noch?«
    Sie lächelte. Und er lächelte zurück.
    »Ich kann mich noch daran erinnern. Und wäret Ihr mein Heilgehilfe geblieben, so wären wir
heute wahrscheinlich längst im Land unserer Sehnsucht, in Amerika. Ich möchte wissen, ob wir
wohl jemals noch dahin gelangen werden.«
»Böse?« fragte sie.
    »Nein. Man kann nicht für Jahre böse sein. — Bueno, kommt, das Boot ist klar.« —
    Finstere Blicke trafen sie aus glühenden Augen, als sie an Bord kamen. Die Franzosen standen
oder lagen an Deck. Wohl jeder von den Piraten hatte etwas abbekommen. Ihre Gesichter waren
rußgeschwärzt. Und über diese Schwärze zog sich bei manch einem der Umstehenden ein
dünnes Rinnsal Blut.
»Wo ist Dieuxdonné?« fragte der Pfeifer.
»In der Kajüte.«
    Sie folgten ihm schweigend. Von den Leuten schien sidi jetzt niemand mehr um sie zu kümmern. Entweder hatten sie mit sich selbst oder mit der Löschung immer wieder aufflackernder Brände zu tun. Trotzdem fühlte Michel deutlich, daß Marina und er unter gesenkten Lidern hervor von aller Augen scharf beobachtet wurden.
    Als er sich mit dem bewußtlosen Dieuxdonné beschäftigte, hielten alle in ihrer Arbeit inné, bereit, sich sogleich auf den Arzt zu stürzen, wenn dieser die Lage des Besinnungslosen für dunkle Zwecke ausnützen sollte.
    »Sie scheinen ihren Kapitän zu lieben«, flüsterte Manna dem Pfeifer zu.
    »Denkt, was Eure Leute in der gleichen Lage tun würden«, antwortete Michel ebenso leise. »Stellt Euch das Gesicht von Ernesto vor oder das von Fernando.«
    Er wusch die Wunden mit Wein aus. Die Verletzungen waren nicht lebensgefährlich; aber der Blutverlust hatte den Körper geschwächt. Zudem war René eine sehr schmale, feingliedrige und zarte Gestalt, der man ohnehin nicht allzu große Strapazen zutrauen würde.
    »Möchte wissen, wie ein solcher Mann dazu kommt, Pirat zu werden«, wunderte sich der Pfeifer. Dann wandte er sich zu Pierre und fragte diesen, ob er irgendwo einen Sdiluck Rum auf treiben könne.
    Es dauerte nicht lange, und der Koch kam mit einem ganzen Tonkrug voll angelaufen. Michel hob den Kopf des Bewußtlosen an und goß ihm das scharfe Zeug zwischen die Zähne. Dieuxdonné erwachte fast augenblicklich.
    Er lächelte, als er die Augen aufschlug. Sein Blick fiel auf Pierre. »Ich danke dir, mon ami.«
    Pierre stand verlegen da und stammelte irgendwelcheszusammenhangloses Zeug. Das einzige, was man verstehen konnte, war »mon Capitain«.
    Als die übrigen wahrnahmen, daß Dieuxdonné erwacht war, schwand ihr Mißtrauen, und sie widmeten sich nun wirklich ihrer Arbeit.
    Renés Blicke blieben erstaunt an dem Gesicht des Fremden über ihm haften.
»Wer seid Ihr?« fragte er.
»Der Arzt«, lächelte Michel.
»Der Arzt? Welcher Arzt?«
»Der Arzt von der »Trueno«. Ich bin herübergekommen, um nach Euch zu sehen, als ich von
Euerm Bootsmann hörte, daß Ihr bewußtlos wart. Ich hoffe, Ihr nehmt es mir nicht übel. Der
Bärtige hat mir übrigens freies Geleit zugesprochen.«
René lachte bitter.
    »Freies Geleit?« spottete er. »Wie kann sich ein Sieger freies Geleit zusichern lassen?« Marina schaltete sich jetzt ein.
    »Ich glaube, wir sprechen besser nicht von Sieger und

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