Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
Vom Netzwerk:
sich das Original bereits auf dem Wege nach England befindet.« Stineway blickte ein wenig töricht drein.
    »Ein sonderbarer Wunsch, Gräfin; aber weshalb soll ich ihn nicht erfüllen! Wenn Ihr die Sache mit einem solchen Anstrich verseht, dann muß ja wirklich etwas dahinterstecken. Ich bin einverstanden mit Eurer Bedingung. Wie gesagt, unter der Voraussetzung natürlich, daß die Geschichte gut ist. Bitte, beginnt.« Marina lächelte.
    »Oh, ich bin nicht die zuständige Persönlichkeit. Ihr sollt sie aus dem Munde dessen hören, der
sie selbst erlebt hat.«
»Ah. Und wo treffe ich diesen Jemand?«
»Habt Ihr ein Pferd? Könnt Ihr reiten?«
    »Sagen wir, ich kann mit einem Pferd umgehen. Und auf seinem Rücken halten kann ich mich zur Not auch. Im Hotel kann man Pferde ausleihen.«
    »Gut, dann leiht Euch eins und macht einen Spazierritt mit mir.«
    »Sehr gern, Mylady. Für eine gute Geschichte würde ich mich selbst auf ein Rennpferd setzen.« —

    17

    Jardín hörte Huf schlag. Er schob die Bastmatte beiseite und spähte durch den Einlaß der Hütte.
Von der Stadt näherten sich zwei Reiter in scharfem Trab. Er wandte sich an Ojo, der, mit einer
Weinflasche im Arm, tief schlafend auf einer Matte lag.
»Hé, steh auf, amigo, Reiter kommen.«
    Ojo grunzte und drehte sich auf die andere Seite. Jardín schüttelte ihn abermals. Als er den Riesen auf diese Weise nicht wach bekam, versetzte er ihm zwei Ohrfeigen. Das half. Ojo fuhr auf und packte ihn an der Kehle. Dann merkte er, wer da in seinen Riesenfäusten zappelte. »Nanu, du, Alfonso? Wer hat mich eben geohrfeigt?«
    »Geohrfeigt?« fragte Jardín mit gut gespielter Verwunderung. »Geohrfeigt hat dich niemand. Ich habe dir lediglich die Wangen gestreichelt, damit du wach werden solltest. Wir bekommen nämlich Besuch.«
    Ojo ließ den Kleinen fahren und fuhr sich mit beiden Händen über die gestreichelten Wangen. »Mensch«, sagte er mit einem gutmütigen Lachen, »wenn du auch mal dein Liebchen so streichelst, dann kannst du ihr gleich ein neues Gebiß kaufen. Solche Liebkosungen hält das Gesicht einer zarten Señorita nicht aus.«
    »Nichts für ungut, alter Säufer. Du bist ja auf normalem Wege nicht wachzukriegen. Vielleicht gewöhnst du dir mal einen leiseren Schlaf an. Es ist eine ewige Plage mit dir.« »Schon gut«, brummte Ojo. »Wer kommt?«
    »Die Señorita Capitán mit einem baumlangen rotgebrannten Kerl, den ich noch nie gesehen habe.«
    »Ist er länger als ich?« fragte Ojo und reckte die Fäuste, daß es knackte.
    »Das kann ich nicht unterscheiden. Warte, bis er hier ist, dann wirst du es schon sehen.«Der Hufschlag war ganz nah herangekommen und verstummte jetzt.
    »Hier ist es, Mr. Stineway«, sagte Marina auf englisch. Dann wechselte sie die Sprache und fragte zur Hütte hin:
    »Señor Baum, können wir hineinkommen? Ich habe Besuch mitgebracht.«
    Die Matte wurde vollends zurückgeschlagen, und Jardín trat ins Freie.
    »Buenas tardes, Señorita. El Silbador ist noch nicht da. Er wollte aber nicht lange bleiben. Er wird in Kürze zurück sein.«
    »Bien, Jardín, verbergt unsere Pferde. Come on, Mr. Stineway, gehen wir in die Hütte. Der Mann, der Euch die Geschichte erzählen wird, ist noch unterwegs, muß aber bald zurück sein.« Jardín kam herein. Ojo erhob sich und staunte den Engländer an, der noch eine halbe Handbreit größer war als er.
    »Demonio«, schrie er begeistert, »ein Riese, ein richtiger Riese !« Seine Augen blitzten, und mit seiner mächtigen rechten Pranke schlug er dem armen Stineway voller Freude derartig auf die Schulter, daß der Engländer in die Knie ging und ein lautes »Au weh« ausstieß. Marina lachte.
    »Halt ein, Diaz, hau unsere Freunde nicht zusammen! Wir werden sie noch brauchen.« Und zu Stineway gewandt fuhr sie fort: »Dieser Schlag bedeutet keine Feindseligkeit. Es war lediglich der Ausdruck einer übergroßen Freude unseres Diaz. Diaz ist immer begeistert, wenn er einmal einen ebenso langen Menschen trifft.«
    »Ein schmerzhafter Freudenbeweis«, sagte Stineway, dessen Gesicht noch immer verzerrt war, und fuhr sich nach der Schulter.
    Wieder klang Hufschlag auf. Von Süden her kam ein einzelner Reiter. Bald war er heran. Es war der Pfeifer. Er begrüßte Marina. Und diese stellte ihm den Engländer vor.
    »Wo wart Ihr, Miguel?« fragte sie. »Ist es nicht zu gefährlich für Euch, in der Stadt herumzureiten?«
    Aus Höflichkeit gegen den Besucher hatte sie sich der englischen Sprache bedient.

Weitere Kostenlose Bücher