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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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Kutscher Weisung, zum Hotel zu fahren.
»Was wird mit Euch, Mr. Stineway?« fragte er den Engländer.
    »Wenn Ihr nichts dagegen habt, begleite ich Euch. Ich glaube, mit Euch zusammen werde ich mehr Stories erleben, als der »Daily Courant« jemals drucken kann.« »Und Eure Sachen?«
    »Pah, ich besitze nichts als einen Hut, und einen vernünftigen Anzug werde ich unterwegs auftreiben.«
    »Also dann los«, sagte Michel. »Kutscher«, rief er, »fahrt dem Wagen des Radschas nach.«Als sie im Hotel ankamen, war alles bereit. Marina stürmte auf Michel zu.
    »Gott sei Dank, Miguel, ich dachte schon, sie würden Euch wieder verhaften. Ich konnte den
Jungen nicht überreden, sich seine Vorwürfe gegen Hastings für später aufzuheben. Nun aber auf
die Pferde und fort!«
»Habt Ihr einen Gaul für Mr. Stineway?«
    »Por Dios, ich konnte ja nicht wissen, daß er mitgehen würde! Aber wartet, ich werfe die Sachen von meinem Packpferd. Die Abendkleider und den ganzen Plunder brauche ich sowieso nicht.«

    22

    Die Pferde griffen in nordöstlicher Richtung aus. Die Flüchtlinge kamen in der Nacht zum Montag am Ufer des Padma an. So heißen Ganges und Brahmaputra nach ihrem Zusammenfluß, etwa fünfzig Meilen vor dem großen Delta. Eine schwierige Aufgabe lag vor ihnen. Sie mußten den hier sehr breiten, träge dahinfließenden Strom überschreiten. Damit war aber noch nicht alles getan. In den Deltaarm, Megna genannt, ergoß sich von Nordwesten her ein weiterer Strom, der dem Padma an Größe und Gewalt in nichts nachstand.
    Erst nach Überwindung auch dieses Hindernisses konnten sie zwischen dem Bergland Tripura und dem Meer auf dem schmalen Küstenstreifen die birmaische Halbinsel erreichen. »Was nun?« fragte Marina und starrte auf die gelben Fluten. Tscham brachte sein Pferd dicht neben das des Pfeifers. »Wir müssen ein Floß bauen, mein Freund.«
    Michel blickte sich um. In der Ebene standen nur ein paar vereinzelte Bäume. Ihr Holz hätte allerdings gereicht, um ein ganzes Schiff zu bauen; aber es waren Riesen mit großem Umfang, und niemand hatte daran gedacht, Äxte mitzubringen. Und selbst wenn solche dagewesen wären, wäre es fraglich gewesen, ob man diese Gebilde aus Urzeiten hätte überwinden können. »Woraus sollen wir dieses Floß bauen, Tscham?« fragte Michel. Tscham lachte.
    »Nichts einfacher als das! Hier wächst Bambus. Wenn man die Bambusrohre an den Enden gut
verschließt, so bilden die hohlen Stöcke vorzügliche Schwimmer.«
»Und womit willst du sie verschließen?«
»Mit Rinde und Lehm.«
»Lehm weicht im Wasser, soviel ich weiß.«
    »Ganz recht, aber er weicht langsam. Er braucht auch nur eine Zeitlang zu halten, nämlich, bis wir drüben sind. Die Bauern verstreichen die Rohre oft nur mit Lehm, weil es eine Sünde ist, die Bö-Bäume zu verletzen, indem man Stücke ihrer Rinde herausschneidet.«
    »Nun, wenn auch Bambus da ist, so haben wir noch lange kein Floß. Unsere wenigen Riemen reichen nicht, um die vielen Stöcke, die erforderlich sind, uns alle und die Pferde zu tragen, zusammenzubinden.«
    »Hier wachsen Weiden genug. Weiden sind vorzügliches und haltbares Flechtmaterial. Man muß nur damit umzugehen verstehen.«
    »Eben«, lachte Michel. »Daran wird es fehlen. Oder meinst du, daß unsere Freunde je ein anständiges Flechtwerk zustande bringen würden?«
    »Nicht alle. Aber dein langer Freund hat geschickteFinger. Und der Kleine, der mit euch im
Gefängnis saß, sieht auch nicht aus, als wäre er ein unpraktischer Mensch. Gib mir die beiden
zur Hilfe, und morgen früh ist das Floß fertig.«
Der Pfeifer sah ihn mißtrauisch an.
»Du, der Radscha von Bihar, willst mit deinen eigenen Händen helfen, ein Floß zu bauen?«
»Ich war nicht immer Radscha. Und ich war auch nicht immer Prinz. Ich bin auf einem Dorf
aufgewachsen und habe viele praktische Dinge gelernt.«
Michel nickte und sprang vom Pferd.
    »Gut, dann laßt uns gleich an die Arbeit gehen. Auch ich werde helfen. Bambusrohre zusammenlesen oder schneiden können alle.«
    Er wandte sich in spanischer Sprache an Ojo und erklärte ihm, was jetzt zu tun war.
    »Sí, Señor Doktor«, nickte Ojo eifrig. »So brauche ich also nicht durch das Wasser zu
schwimmen?«
»Nein, amigo, du sollst dem Radscha nur ein wenig helfen.«
»Das tu ich gern«, freute sich Ojo.
    Die ganze Gesellschaft beschäftigte sich nun damit, Bambusrohre zu schneiden und zusammenzutragen.
    Als der Morgen graute, waren zwanzig Bambusteppiche auf kunstvolle

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