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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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gab.
    Und obwohl Ojo sonst stets wie ein Toter schlief, war doch diesmal sein Unterbewußtsein auf die ungewöhnliche Lage eingestellt.
    Er riß die Augen auf und dachte, daß sie ihm eben erst zugefallen sein müßten. Aber da erblickte
er die Gestalt des Oberleutnants zum Greifen nahe vor sich.
Roach schrie ihn auch sofort an:
»Was tust du hier, wer bist du?«
    Ojo verstand ihn natürlich nicht. Aber sein Gefühl sagte ihm, daß drohende Gefahr im Anzug war.
    Er schnellte auf, packte mit seinen Riesenpranken den anderen und zischte auf spanisch: »Schweig. Sonst drehe ich dir den Hals um.«
    Das nun wiederum verstand Roach nicht; aber er war intelligent genug, um an der spanischen Sprache zu erkennen, wen er vor sich hatte. Der Kerl gehörte sicher zu denen, die er suchte. Diese Erkenntnis verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Wandte sich ihm nun das Glück doch noch zu? Er holte mit der rechten Faust aus und schlug sie mitaller Kraft gegen Ojos Brust. Der aber schüttelte sich nur, zwinkerte mit den Augen und drückte fester zu.
    Roach sah ein, daß er diesem Gegner nie und nimmer gewachsen war.
»Alarm!« schrie er aus Leibeskräften. »Alarm!«
Einige seiner Leute taumelten schlaftrunken hoch.
    »Du verflixter Kerl«, schrie Ojo laut. »Jetzt hat deine letzte Stunde geschlagen.«
    Mit seiner Last in den Fäusten schnellte er aus dem Gebüsch auf den freien Plan, packte mit der
Linken den Oberleutnant, holte mit der Rechten aus und setzte ihm seine Faust mit solcher
Wucht unters Kinn, daß er zehn Schritte weit flog und inmitten seiner Soldaten bewußtlos liegen
blieb.
»Was ist?«
»Was ist los?«
»Was gibt es?«
    Aus dem Mund der Wachwerdenden kamen nach und nach schläfrig diese Fragen. Im Osten lichtete sich das Dunkel.
    Ojo war sich keine Sekunde über die Gefahr im unklaren, in der er schwebte. Er konnte es unmöglich mit zwanzig wachen Leuten aufnehmen. Und es würde nur noch Augenblicke dauern, bis die ganze Gesellschaft wußte, woran sie war.
    Ojo hob sein Gewehr auf und sprang dann mitten unter die Soldaten, die er samt und sonders um
Haupteslänge überragte.
»Werft die Waffen weg«, donnerte sein Baß.
    Aber sie verstanden ihn nicht. Jetzt erwachten auch die hartnäckigsten Schläfer. Einer, der sich soeben erhoben hatte, nestelte am Hahn seines Gewehrs herum. Das entging Ojos Augen nicht. »Maldito«, fluchte er, »jetzt wird's brenzlig. Wenn nicht augenblicklich etwas geschieht, bin ich erledigt.«
    Es geschah etwas. Ojo hätte hinterher nicht mehr zu sagen vermocht, ob er es gewollt hatte. Verzweiflung und rasende Angst ließen ihn das Gewehr hochreißen, es beim Lauf packen und wie ein Berserker um sich schlagen. Dabei brüllte er wie ein Orang-Utan. Die Soldaten sahen nur ein dunkles, bärtiges Gesicht, in dem das Weiß der Augäpfel gespenstisch leuchtete. Zwei — drei — vier brachten den Mut auf, ihre Bajonette zu ziehen, um ihn anzugreifen. Dadurch kamen sie in die Schußlinie der hinter ihnen befindlichen Kameraden, welche die Situation langsam begriffen. Als sie gegen Ojo anrannten, stürzten sie, von seinen fürchterlichen Hieben getroffen, wie vom Blitz getroffen zu Boden.
    Ojo hatte den Überblick verloren. Seine Augen sahen Köpfe, sahen andere Augen, erfaßten die drohenden Blicke der Soldaten. Einer stampfenden und keuchenden Maschine gleich hieb Ojo seinen Gewehrkolben auf jeden Kopf, den seine Augen wahrnahmen. Wahllos schlug er zu. Seine Stiefel trampelten über die Leiber der Gestürzten hinweg.
    Keine fünf Minuten währte der Kampf. In blinder Wut schlug Ojo weiter um sich, bis er auf einmal feststellte, daß niemand mehr Widerstand leistete. Er hielt inné und ließ erschöpft das Gewehr sinken. Sein Brustkasten wogte. Er blickte um sich. Was war das?
    Erstaunt glitten seine Augen über zwanzig am Boden liegende Gestalten, die sich nicht rührten. Er zwinkerte. Narrte ihn ein Trugbild?
    Er bückte sich und zog den ihm am nächsten Liegen-den zu sich empor. Erschrocken ließ er ihn fahren, als er die gräßliche Kopfwunde gewahrte. Die Schädeldecke klaffte auseinander. »Santa Maria, Madre de Dios«, stöhnte er jetzt und wandte sich dem nächsten zu. Auch hier blickte er in gebrochene Augen. Beim nächsten das gleiche, und immer wieder das gleiche. Ojo fuhr sich nach der Stirn. Träumte er? Er taumelte zurück.
    »Ha — — habe — — ich sie all — — alle erschlagen?« murmelten seine Lippen.
    Da bewegten sich zwei. Sie richteten sich langsam auf. Ihre verstörten Blicke

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