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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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gesund.«
»Ihr seid keine Holländer?« fragte Mutatulli.
»Nein. Warum?«
»Nur so. — Sagt, das Schiff liegt doch vor Anker?«
»Ja. Wir liegen vor Banda.«
    Mutatullis Augen weiteten sich schreckhaft. Mit plötzlichem Ruck richtete er sich auf. »Vor Banda«, stammelte er entsetzt. »Vor Banda?« »Ja«, bestätigte Michel verwundert. »Was ist mit Banda?«
    Mutatullis Blicke gingen hastig zwischen Michel und Marina hin und her. »Ihr seid auch keine Freunde der Holländer?« fragte er.
    »Noch nicht«, meinte Michel. »Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wir wollen Handel
treiben.«
»Muskatnüsse kaufen?«
»Ja.«
»Werdet Ihr mich den Holländern ausliefern?«
    »Ausliefern? Wir liefern niemanden aus. Weshalb meint Ihr, daß die Holländer Eure Auslieferung verlangen würden?«
    »Ich — — ich — — war Sklave auf Banda. Ich bin geflohen. Und dann hat mich der Sturm
überrascht.«
Michel und Marina blickten einander an.
    »Ihr wart Sklave?« fragte Michel. »Ihr sprecht Englisch wie ein Gebildeter. Ich kann kaum glauben, was Ihr sagt.«
    »Ich war Häuptling eines großen Volkes im Dschungel. In Indien bin ich auf einer britischen Militärschule gewesen. Dann — — ja — — dann kamen die Holländer, als ich wieder bei meinem Volk war, und fingen mich und viele andere Angehörige des Stammes. Sie verfrachteten uns in den finsteren Bäuchen ihrer großen Schiffe und brachten uns nach Banda, wo wir für sie arbeiten müssen. Manche Sklaven wohnen schon in der dritten Generation dort. Sie haben sich daran gewöhnt. Ich — — ich konnte es nicht und floh.« Mutatulli sank erschöpft zurück auf das Kissen.
    Michel und Marina schwiegen. Sie mochten sich fragen, was überhaupt der Sinn solchen Daseins sei. In Deutschland verkauften habgierige Fürsten ihre Untertanen als Soldaten an fremde Mächte, in Spanien war noch heute das Wüten der Inquisition zu spüren. In Indien nahmen die Engländer den Bewohnern das Land weg, und hier fingen oder kauften die Holländer Sklaven. Und alle behaupteten von sich, sie seien Kulturnationen: die Spanier, die Deutschen, die Engländer, die Holländer. Oder war Kultur nur etwas für diejenigen, die sie sidi kaufen konnten? Für die wenigen, die sicherlich niemals in die Verlegenheit kommen würden, selbst Untertanen, Sklaven, Unterjochte oder Verkaufte zu sein?
    Michel drängte die Gedanken zurück. Das Philosophieren half nichts. Hier waren Tatsachen, an
sie mußte man sich halten.
»Wie seid Ihr geflohen?« fragte Michel.
Mutatulli schloß die Augen.
    »Laßt ihn«, sagte Marina. »Er ist noch zu schwach, wir können ihn später nach den Einzelheiten fragen.«
    Michel sah nachdenklich drein. Später? Hatte er später nicht vielleicht anderes zu tun? Und hing sein Handeln nicht vielleicht von dem ab, was Mutatulli berichtete? Er blickte auf den Malaien.
    »Ihr seid nicht zu schwach, daß Ihr meine Fragen nicht beantworten könntet, nicht wahr?« Der Sklave, der die Augen noch immer geschlossen hielt, nickte. Dann flüsterten seine Lippen: »Ihr braucht nicht zu fragen. Ich werde Euch alles erzählen. Ich — — ich — — stahl ungeleimte Muskatnüsse und verkaufte sie an einen arabischen Händler. Auf diese Weise sparte ich mir ein paar Gulden zusammen, um Geld für die beschwerliche Reise zu haben. Sie haben mich dabei erwischt, beim Stehlen. — — Sie fingen mich; aber ich konnte entkommen, schob meinen ausgehöhlten Baumstamm ins Wasser und floh überstürzt. — — Dann kam der Sturm — — und dann weiß ich nichts mehr.«
    »Ist es hierzulande ein Verbrechen, ein paar Muskatnüsse zu stehlen?«
    »Es kommt darauf an, was für Nüsse es sind. Ihr kennt nicht die Bedeutung der ungeleimten
Nuß?«
»Nein, was hat es damit auf sich?«
»Die Ausfuhr dieser Nüsse ist streng verboten; denn der Keim ist nicht abgetötet, und so können
sie in anderen Gegenden neue Frucht tragen. Das aber wäre das Ende des Reichtums der
Muskatnußpflanzer.«
»Aha, so haben die Pflanzer sozusagen ein Monopol?«
»Das Monopol gehört der Kompanie.«
»Der Niederländischen Ostindien-Kompanie?«
»Ja.«
    »Und was sagen die anderen Länder dazu?«
    »Sie werden sich damit abgefunden haben; sonst müßten sie einen Krieg wegen der Muskatnüsse anfangen. Ich glaube nicht, daß sich ein solcher lohnen würde.«
    »Hm — — danke Euch für Eure Offenheit. Es wird besser sein, niemand weiß, wer Ihr seid und
weshalb Ihr hier seid. Ihr könnt bei uns bleiben. Sollten wir indie

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