Piratenblut
und kam nicht mehr zurück. Wie gelangte er an Bord Ihres Schiffes?«
Michel überlegte blitzschnell. Davon, daß der Hund dem früheren Herrn Mutatullis gehörte, hatte letzterer kein Wort erwähnt. Immerhin war es eigenartig, daß Karo auf der Jagd nach dem Sklaven sich anscheinend in dessen Freund verwandelt hatte. »Wir haben ihn nach dem Sturm in offener See aufgefischt.«
»So, das ist interessant. Der Sklave, von dem ich sprach, floh nämlich in die See. Der Hund wird ihn verfolgt haben. Dann hat sie der Sturm überrascht, der Sklave ist ertrunken und Sie haben Karo gerettet. Ich bin jedenfalls froh, daß er wieder da ist.«
Van Groot wandte sich zum Gehen. Karo begleitete ihn, und Michel dachte nicht daran, das Tier zurückzuhalten; denn er wollte sich Unannehmlichkeiten ersparen.
Als der Pflanzer jedoch die Strickleiter hinabkletterte, wandte sich Karo an der Reling um und lief zurück zur Krankenkoje.
»Wie bekomme ich den Hund herunter?« wandte sich van Groot an Michel.
Der hatte das Betragen des Tieres beobachtet. Die Anhänglichkeit Karos an seinen
Schicksalsgefährten schien doch größer zu sein als die alte Gewohnheit, die ihn mit seinem Herrn verband.
»Ich glaube«, antwortete Michel, »Karo möchte anBord bleiben. Jedenfalls ist er im Augenblick verschwunden. Er macht mir nicht den Eindruck, als wolle er Ihnen folgen.« Van Groot lachte.
»Kunststück. Haben Sie schon mal einen Schäferhund gesehen, der eine Strickleiter
hinabklettert? — Können Sie ihn nicht anseilen und herablassen?«
»Ich will sehen, ob er sich anseilen läßt. Wenn das nicht klappt und Sie darauf bestehen, ihn heute schon mitzunehmen, so werfen wir ihn einfach ins Wasser.«
»Das ist überhaupt am einfachsten. Wenn er erst mal unten ist, kommt er schon zu mir ins Boot.«
Michel beauftragte zwei Leute, den Hund herbeizuschaffen. Karo ließ sich gutwillig bis zur Reling führen. Als man ihn jedoch anhob, um ihn über Bord zu werfen, jaulte er kläglich und ließ keinen Blick von dem Gang, der zur Krankenkoje führte.
Die beiden ehemaligen Piraten hatten zu viel Herz. Sie wollten das Tier nicht hinauswerfen.
Aber van Groot schien nicht so zart besaitet. Sein Gesicht verzog sich zu breitem Lachen beim
Anblick des widerstrebenden Hundes.
»Schmeißt doch, schmeißt«, rief er.
Die Spanier verstanden ihn nicht.
»Er will, daß ihr ihn hinabwerft«, sagte Michel.
Die Seeleute zögerten noch, gehorchten dann aber dem von Gesten untermalten Geschrei des Pflanzers und stießen Karo über Bord.
Der Hund schwamm prustend an der Bordwand hin und her, bellte und äugte nach oben. Er folgte in keiner Weise dem Locken und Rufen seines Herrn.
Als dieser den Ruderern befahl, näher an den Hund zu fahren, wandte sich Karo ab und schwamm dem Boot davon.
Auf der »Trueno« hatte sich der größte Teil der Mannschaft an Deck versammelt und beobachtete das eigenartige Spiel. Der Hund blickte unausgesetzt nach oben, knurrte und bellte und schwamm im selben Augenblick um das Heck, als van Groots Boot am Bug auftauchte. »Der will nicht«, sagte Ojo zu Jardín. »Scheint mir ein schöner Herr zu sein. Wäre mir lieber, wir könnten das Hundchen bei uns behalten.« »Hundchen ist gut, mein kleines Ojochen«, lachte Jardín. Der Riese reckte die Schultern. Dann knurrte er:
»Ich frage den Señor Doktor, ob ich ihn wieder heraufholen kann. Das ist doch Tierquälerei.« »Warte noch eine Weile«, sagte Michel, der hinter die beiden getreten war. »Vielleicht sieht van Groot ein, daß der Hund nichts mehr von ihm wissen will.«
Sechs- oder siebenmal hetzte der Holländer das Tier urn das ganze Schiff. Endlich wurde es ihm zu bunt.
»Warte, du Köter, am Nachmittag bringe ich meine Flinte mit. Ich werde dich lehren, was Untreue gegen den Herrn heißt.« Er gab den Ruderern Weisung, Kurs zum Land zu nehmen.
Kaum hatte er sich entfernt, da schoß Karo auf die Strickleiter zu und wartete geduldig, bis Ojo unten war und ihn aufnahm.
Oben bellte er freudig, schüttelte sich und stob dann mit mächtigen Sätzen zur Krankenkoje. Er stellte die Vorderpfoten auf Mutatullis Lager und leckte ihm liebkosend das Gesicht. Mutatulli lächelte im Halbschlaf und streichelte mit schwacher Bewegung den Kopf des Tieres. »Miguel«, sagte Marina zu Michel, »der Holländer kriegt den Hund nie und nimmer wieder, und wenn wir ohne Muskatnüsse weiterfahren müssen.«
44
Mit dem Boot van Groots landete gleichzeitig ein weiteres Beiboot. Zwei Kapitäne
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