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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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Terrasse Wache zu schieben, und niemals durfte man
    zulassen, daß die Trinkwasserreserven unter einen bestimmten Pegel fielen.
    Beim Trinkwasser nahm es der alte Gaston Barriere
    sehr genau. Der einzige Zugang zur riesigen Zisterne, die man in den Felssockel der Festung geschlagen hatte, befand sich in der Mitte seines Schlafgemachs, und niemand hatte dort Zutritt, unter keinen Umständen.
    Die Rinnen der schrägen Dächer mußten immer sau-
    ber und frei gehalten werden, damit das Regenwasser ungehindert in die Zisterne laufen konnte. Und wenn zu Beginn der Trockenheit der Brunnen nicht bis zum
    Überlaufen voll war, dann mußten die schwarzen Die-
    ner Wasser aus den Küstenflüssen holen. Denn wenn
    der Korse vor etwas Angst hatte, dann davor, daß ihm eines Tages sein geliebtes Regenwasser fehlen könnte.
    »In Afrika verbirgt sich der Tod im Wasser«, wiederholte er ein ums andere Mal geradezu besessen. »Im
    Wasser lauert der Tod, aber mich wird dieses Wasser niemals umbringen.«
    Casa-Mar lag weitab von der Küste und den Moskitos.
    Eine sanfte Seebrise sorgte für ein recht mildes Klima, und da die Festung mit dicken Mauern und intelligent angelegten Luftschächten errichtet worden war, die einer natürlichen Klimaanlage gleichkamen, hatte das Leben dort nichts mit dem Leben auf dem Festland ge-
    mein. Daher war der energische Korse mehr als gerü-
    stet, dafür zu sorgen, daß sein Reich weiterhin das blieb, was es in Wahrheit auch war: eine Insel fernab der Welt.
    Wenn in den heißesten Stunden der heißesten Tage
    nicht einmal mehr das leiseste Lüftchen das Innere seines riesigen »Palasts« kühlte, dann schloß er sich in seinem Schlafzimmer ein, hob die viereckige Falltür, die mit einem dicken Riegel gesichert war und den Zugang zur Zisterne bildete, ließ eine Strickleiter hinunter und tauchte bis zum Hals in eisiges, sauberes Süßwasser ein. Dort blieb er gern so lange, bis ihm die Haut an den Fingern schrumpelig wurde.
    »Das ist das Leben!« murmelte er dann, während er
    mit dem Nacken an die Leiter gelehnt vor sich hin dö-
    ste. »Das ist das Leben!«
    Das Bad war ihm ein doppelter Genuß, denn auf dem
    Grund dieser Zisterne hütete er eifersüchtig Tausende von Goldguineen, die er in seinem langen Leben als
    Menschenhändler angehäuft hatte.
    Über ihnen im Wasser zu treiben verschaffte ihm eine krankhafte Befriedigung. Ebenso faszinierend fand er es, eine Fackel bis zur Oberfläche des kristallklaren Wassers hinunterzulassen, so daß die schwarzen Fels-wände den märchenhaften goldenen Schimmer unzäh-
    liger Münzen, die auf dem Grund lagen, tausendfach
    zurückwarfen.
    Anschließend schlief er über Wasser und Gold: seinen am meisten geschätzten Reichtümern. Solange er der
    Herr über beide Dinge war, davon war er überzeugt,
    konnte ihm nichts Schlimmes widerfahren.
    Sein Sohn Jean-Claude – so viele hatte er gehabt mit so vielen Frauen! – kam eines schönen Tages in die
    Pubertät, und das mit der Gewißheit, daß sich sein geiziger Erzeuger um keinen einzigen Menschen auch nur einen Deut scherte und er, Jean-Claude, selbst nur einer der vielen verwahrlosten Knaben war, von denen es auf den Innenhöfen und Terrassen nur so wimmelte. Er
    brauchte nur auf einen der häufigen Augenblicke zu
    warten, in denen der weinselige Tyrann ihn im Suff an den erstbesten seiner gierigen Sklavenkapitäne verkaufen würde, mit denen er seine langen und lärmenden
    Orgien feierte.
    Er hatte gesehen, wie viele seiner Stiefbrüder die lange Reise ohne Wiederkehr angetreten hatten und wie
    der Vater manche Stiefschwester, die schon »zu abgenutzt« war, Seeleuten geschenkt oder an der Küste ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen hatte. So machte er sich niemals Illusionen, was seine Zukunft betraf, auch wenn Gaston Barriere versichert hatte, daß er, Jean-Claude, sein »Lieblingssohn« sei, weil er mit etwas hellerer Haut geboren worden war.
    Wenn sich der schmutzige Junge gelegentlich traute, danach zu fragen, wo seine Mutter geblieben war, dann sah ihn der verblüffte Korse lediglich an, wie man einen Schimpansen ansieht, der plötzlich das Sprechen gelernt hat.
    »Und woher zum Teufel soll ich das wissen?« fuhr er ihn barsch an. »War doch nur eine Negerin.«
    Mulatte oder Schwarzer, da gab es eigentlich keinen Unterschied, und wenn doch, dann scherte es die Herren von Casa-Mar wenig. Die waren alle weiß, in der Mehrheit Franzosen und bis zum letzten ungebildeten Kerl davon überzeugt, daß

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