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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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übermäßig von ihren Nachbarn an der Küste un-
    terschieden, doch auch für sie waren die »Schwarzen«
    nach wie vor eine wertvolle Ware. Weiße Kapitäne
    zahlten dafür, ohne auf die Hautfarbe des Verkäufers zu achten. So blieb Casa-Mar auch weiterhin ein wichtiges Zentrum dieses Tauschhandels, wie es das schon zu
    Lebzeiten seines verabscheuten Vaters gewesen war.
    Nur die Zahlungsweise änderte sich. Jean-Claude Barriere verlangte für das wertvolle Menschenfleisch keine edlen Weine, luxuriösen Kleider, Silberteller oder
    schweren Möbel, sondern einzig und allein Goldmün-
    zen oder die modernsten Waffen, die man auf dem
    Markt finden konnte.
    Als er siebzehn Jahre alt geworden war, hatte er weder jemals das Festland betreten noch einen Baum aus der Nähe gesehen, aber er bereitete sich ganz bewußt auf den Tag vor, an dem er sich dazu entscheiden sollte, einen ganzen Kontinent zu erobern.
    Er war ein ehrgeiziger und aufgeweckter Junge.
    So ehrgeizig und aufgeweckt, daß er eines bald be-
    griff: Der Sklavenhandel lag in der Hand der weißen Kapitäne und der arabischen Kaufleute. Ein weißer Kapitän konnte er nun einmal nicht werden, aber die arabischen Händler sahen die vielen Schwarzen vom Stamm
    der Fulbe, die zum Islam übergetreten waren, als
    gleichrangig an, und so sah er den Augenblick für gekommen, sich öffentlich zum glühenden Anhänger Al-
    lahs zu erklären.
    Von heute auf morgen verlangte er, daß man ihn Mu-
    lay-Ali nennen sollte, Diener Allahs des Großen, Einzigen und Barmherzigen, und Geißel der Ungläubigen.
    In seiner leidenschaftlichen Bekehrung riß er die meisten seiner Stiefbrüder, Sbirren, Ehefrauen und Konkubinen mit sich, denn die Weinfässer seines Vaters hatte er gleich nach seiner Machtübernahme ins Meer werfen lassen, dessen Geliebte jedoch mitnichten.
    Kurz darauf ließ er aus dem fernen Ibadan einen be-
    kannten Marabut kommen, den er mit Reichtümern
    überhäufte, damit dieser ihm Weisheit eintrichterte.
    Schließlich wog er noch die Dienste eines schottischen Oberst in Gold auf, damit dieser einige »Freiwillige« in den Kriegskünsten unterwies. Exerziert werden mußte auf der von Zinnen gesäumten Dachterrasse.
    Der Schotte war degradiert worden, weil er für die
    Soldaten wesentlich mehr übrig hatte als für die Armee.
    Nach Afrika hatte ihn der Duft jungen Fleisches ge-
    lockt: »Appetitliche schwarze Schafe, die nur darauf warteten, verschlungen zu werden.« Nun fühlte er sich wie im siebten Himmel. Jetzt hatte er soviel junges Fleisch und so viele schwarze Schafe zur Verfügung, wie er nur wollte.
    Er war ein großer, fast riesiger Dickwanst, der reichlich lächerlich aussah mit seinem karierten Schottenrock, seinem blütenweißen Hemd und seinem riesigen
    violetten Turban. Oberst MacLean fackelte nicht lange, das erste weiße »Vorbild« der vielen zu werden, die Jahrhunderte später Afrika im Sturm nahmen. Und es
    zeigte sich schon vom ersten Augenblick an, daß er sein Handwerk verstand. Wenn er nicht auf allen vieren
    zugange war, sondern aufrecht seine beneidenswerte
    Statur zeigte, dann war er in der Tat ein richtiger Mann mit Haaren auf der Brust.
    Mit seiner Peitsche, dem langen sonnengebleichten
    Schwanz eines Teufelsrochens, seinen Riesenpranken
    und seinen polierten Pistolen, die an seinem Gürtel schimmerten und die er mit teuflischer Zielgenauigkeit abfeuerte, setzte er binnen Tagen eine eiserne Disziplin unter den »Soldaten« durch, die Mulay-Ali unter den Sklaven zu »rekrutieren« pflegte. Letztere wurden entweder mit einem Brandzeichen auf der Brust in eine
    unbekannte Welt verschifft, aus der niemand jemals
    wiederkehrte, oder hatten die Chance, mit einem
    Brandmal auf dem Arm zur Elite eines zukünftigen
    Expeditionskorps zu gehören, das gut bewaffnet und
    noch besser ernährt wurde. Da fiel die Wahl nicht
    schwer.
    Gleichzeitig hatte der helle Mulatte alle möglichen Informationen über das Festland gesammelt. Er befragte die Sklaven oder zog den arabischen Händlern Auskünfte aus der Nase. Zwei Jahre nach dem schreckli-
    chen Tod von Gaston Barriere war der Sohn dann in der Lage, endlich den kahlen Felsen zu verlassen, auf dem er bis dahin seine schwierige Existenz gefristet hatte.
    Er bemannte ein halbes Dutzend Sklavenschiffe, die
    auf der Suche nach Handelsware gekommen waren,
    und befahl ihnen, an den offenen Stränden von Cotonou zu landen. Von dort aus fiel er wie ein Falke über die ahnungslose Seestadt Ganvie her. Deren

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