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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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Gestern lag ein schwarzer Schatten. Da war nur die vage Erinnerung an einen Traum. Nur der Schmerz in der Seite und diese säuselnde Visage.
    Iwan schaute und schwieg. Seine Gehirnzellen waren so leer wie die Stockbetten in einem verlassenen Luftschutzbunker. Durch sein Bewusstsein spukte der Geruch von Fäulnis und das plätschernde Geräusch von Gummistiefeln, die durch einen Tunnel stapfen.
    Die dicke Visage beugte sich so weit herab, dass sie Iwans gesamtes Sichtfeld ausfüllte.
    Noch ein bisschen näher, dachte Iwan, dann füllt sie die gesamte Metro aus und drückt mich an die Oberfläche. Und dann macht sie sich auch dort oben breit.
    »Wer … Wer bist du?«, fragte Iwan mit zittrigen Lippen.
    Seine Stimme hallte, als käme sie aus einer Wasserzisterne. Unmittelbar nach der Katastrophe hatten sie eine solche genutzt. Mit Kossolapy zusammen hatte Iwan sie Raum für Raum erkundet. Das war in einem Bunker an der Primorskaja gewesen. Oder doch nicht?
    »Steh auf, mein Lieber«, sagte die Visage. »Ich komme dich abholen. Wir müssen aufbrechen.«
    Iwan zwinkerte krampfhaft mit den Augen, um wenigstens ein bisschen schärfer zu sehen.
    Es funktionierte. Die Visage entfernte sich. Sie gehörte zu einem Mann in einem grauen Tarnanzug, der vor ihm hockte, die Hände auf ein Gewehr gestützt. Iwan schluckte. Die Arme des Mannes waren rotblond behaart.
    »Wohin?«, fragte Iwan.
    Der scheußliche Traum war also doch bittere Realität gewesen.
    Wie viel ich wohl verbraten habe?, fragte sich Iwan. Und wie gingen sie hier mit Schuldnern um? Züchtigung mit dem Kupferkabel wie an der Sadowaja-Spasskaja ? Oder Schuldgefängnis?
    Iwan setzte sich auf, doch das erwies sich als Fehler. Sein Gehirn explodierte förmlich. Er stöhnte.
    »Ei-ei-ei, du siehst aber gar nicht gut aus«, sagte der Mann und richtete sich auf. »Aber das wird schon. Wenn wir erst mal ein Stück gegangen sind, geht’s dir sicher wieder besser.«
    »Wohin denn überhaupt?«
    Iwan kalkulierte, wie er springen musste, um den Mann von den Beinen zu holen. Wenn sein bleierner Schädel da überhaupt mitspielte …
    Ich muss nach Hause, dachte Iwan. Und dafür werde ich notfalls über Leichen gehen.
    »Es ist gar nicht weit«, antwortete der Mann. »Wir registrieren dich, wie es sich gehört. Bei uns läuft alles seriös ab, keine Sorge.«
    Diese Dreckskerle. Iwan tat so, als würde er aufstehen. Er stützte sich mit den Armen am Boden ab und zog die Beine an. Sein Magen rebellierte und ihm wurde schwindlig. Egal – jetzt oder nie! Meine Lieblingsbonbons …
    »Hier wird nicht betrog…«
    Der Mann kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Der Digger zog ihm mit einer brachialen Sense die Beine weg. Die ruckartige Bewegung ließ Iwans Gehirn wie einen losen Klumpen in seinem Schädel umherwabbeln. Der Körper im grauen Tarnanzug schlug der Länge nach auf den Boden. Iwan rappelte sich blitzschnell hoch, warf sich auf ihn, entriss ihm das Gewehr (einAbakan, ganz schön verwöhnt, die Halsabschneider) und zielte auf seinen Kopf. Unter den Knien, die er dem Mann auf die Brust gesetzt hatte, spürte er eine harte Platte. Eine schusssichere Weste, sieh mal einer an. Aus der runden Visage sprach blankes Entsetzen. Der Mund klappte auf und die Augen traten aus ihren Höhlen.
    »Nicht … Nicht schießen!«
    »Wo wolltest du mich abliefern, hm?!«
    Iwan entsicherte das Gewehr und legte den Finger an den Abzug.
    »Was?!«
    »Wo wolltest du mich hinbringen, raus mit der Sprache!«
    Das Gesicht unter ihm verzog sich zu einer verständnislosen Grimasse.
    »Aber du wolltest doch selbst dorthin!«
    Meine Lieblingsbonbons heißen Bato-ontschiki …
    »Wo wollte ich hin?« Jetzt war es Iwan, dem der Mund aufklappte. »In den Knast?«
    Der Mann blinzelte verstört.
    »Wieso denn in den Knast? Du hast mich doch selbst darum gebeten, dich zur Linie 2 zu führen. Unter Umgehung der Ploschtschad Wosstanija , über die Sampsonijewskaja und die Botanitscheskaja . Ich habe mich doch nicht aufgedrängt, Mensch! Zuerst wollten wir zum Kommandanten gehen und einen Vertrag aufsetzen. Hast du das etwa vergessen? Du hast mir sogar einen Vorschuss bezahlt!«
    »Ich?«
    Iwan machte große Augen. Hatte er das tatsächlich? Er schwenkte den Lauf des Gewehrs ein Stück zur Seite.
    »Ja, du! Wer denn sonst?!«, blaffte der Mann. »Du hast dir wohl die letzten grauen Zellen kaputt gesoffen. Und ich hab dir noch gesagt, dass du nicht so viel trinken sollst, weil wir einen weiten Weg vor

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