Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
aus Mensch und Pflanze. Schrecklich. Unmittelbar nach der Geburt sind Säuglinge ja nie besonders hübsch, aber das war einfach zu viel. Als ich ihn gesehen habe, wollte ich ihn sofort töten. Ich hatte sogar schon ein Skalpell geholt. Aber dann hörte Marina ihn schreien, hob den Kopf und fragte: Was ist es? Ein Junge, antwortete ich. Und? Gesund?« Fjodor hielt inne. Sein Kinn zitterte. »Sie fragte, ob das Kind gesund sei, und ich stand da mit dem Messer in der Hand, um das kleine Monster umzubringen. Noch mal fragte Marina: Ist er gesund? Sie war so besorgt. Ja, sagte ich zu ihr. Ein kerngesunder Junge. Keine Sorge, er wird groß und stark werden. Dann fing Marina an zu weinen – vor Glück. Stellen Sie sich das vor. Von der Strahlung war sie blind geworden, die Haare waren ihr ausgefallen und ihr ganzer Körper von Geschwüren zerfressen. Aber sie weinte vor Glück. Ich habe es nicht fertiggebracht, das Kind zu töten. Sie lehnte sich zurück und sagte: Gib ihn mir. Du bist zu schwach, sagte ich, aber sie bestand darauf: Gib ihn mir. Er ist mein Junge. Bitte! Mein Junge. Da habe ich ihn ihr auf die Brust gelegt. Du bist so hungrig, hat sie noch gesagt. Und dann nichts mehr. Ich habe gar nicht gleich mitbekommen, dass sie gestorben ist.«
In den Augen des Alten standen Tränen.
Iwan ließ das Gewehr sinken.
»Ich glaube, wir sollten uns alle mal an einen Tisch setzen und ein paar Dinge klären«, sagte er.
Der graue Dämon steht im Regen und betrachtet das Leningrader Atomkraftwerk.
Regentropfen prasseln auf seine graue, glatte Haut und sammeln sich in den tiefen Risswunden, die der Baummensch ihm zugefügt hat. Ist ein Hohlraum gefüllt, überwindet das Wasser die Oberflächenspannung und fließt von den glatten Schultern des Riesen herab.
Die blauen Flecken von den Schlägen sind fast schwarz. Wie die Flüssigkeit, die in seinem Körper zirkuliert. Ein Teil dieser Flüssigkeit quillt aus einer tiefen Wunde am Rücken des Dämons und versickert in der Erde.
Der graue Dämon empfängt Radiowellen.
Er betrachtet das Gebäude. Hier und da gibt es elektrische Entladungen.
Der Wind rauscht und die kosmischen Ströme der Radiowellen heulen.
Am interessantesten ist das Gebäude.
Dort befindet sich derjenige, den er verfolgt. Doch in letzter Zeit hat der Dämon seine Zweifel. Sein potenzielles Opfer hat einen ganz charakteristischen Gehirnabdruck. Der Dämon sieht ihn in diesem Augenblick vor sich. Ein verzweigtes rot-gelbes Netzwerk, das ins Rückenmark übergeht. Da ist es. Der Dämon dreht langsam den Kopf.
Dieser Abdruck passt nicht hundertprozentig.
Als wäre derjenige, den er verfolgt, der Richtige und gleichzeitig doch der Falsche.
Oder sogar zwei Menschen in einem. Gibt es so was?
Der graue Dämon schaut.
Ein feiner Regenschleier trübt die Sicht auf das Gebäude und stört den Empfang der Signale. Deshalb kann der Dämon nicht genau erkennen, wo sich die Menschen gerade aufhalten. In diesem Gebäude gibt es viele Störquellen, die den Äther mit Fremdstrahlung verunreinigen. Und außerdem …
Der Dämon hebt den Kopf.
Dort drin befindet sich ein riesiges, rotes Herz. Es verfügt über gigantische Kraft. Wenn der Dämon zu Gefühlen fähig wäre, würde er Ehrfurcht empfinden. Aber so steht er nur da und schaut.
Das rote Herz ist in Wallung und brennt.
Und es strahlt. Ach, wie es strahlt.
Die Wunden schmerzen.
Der Baummensch hat sich als gefährlich erwiesen. Der Dämon ist erstaunt. Der Baummensch hat sich auf einen Kampf mit ihm eingelassen. Mehr noch, er war ein ebenbürtiger Gegner. Die Wunden schmerzen, aber der Dämon empfindet dies nicht als Schmerz, sondern eher als eine lästige Störung. Der Signalempfang ist beeinträchtigt.
Aber das wird vorübergehen.
Der graue Dämon holt Luft. Unter der grauen Haut, die wegen der Kälte und wegen des Blutverlusts zu zittern beginnt, kollert die Lunge. Er muss jetzt tief atmen, damit er wieder zu Kräften kommt.
Mit dem Baummenschen wird er sich besser nicht mehr einlassen.
Der graue Dämon steht reglos da. Er hat Zeit. Er kann warten, bis die Menschen die Jagdgründe des Baummenschen verlassen.
Und dann wird er zur Stelle sein. Früher oder später.
Die Veganer sind keine Menschen, hat der General gesagt. Ich habe ihm nicht geglaubt. Und jetzt sehe ich dieses Zwitterwesen vor mir, das der Alte seinen Sohn nennt. Da kann man schon ins Grübeln kommen. Was, wenn der General recht hat und die Veganer schon lang keine Menschen mehr sind?
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