Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
Vom Netzwerk:
Gesicht gegen die dunkle Wand. Die Kunststoffbrille klapperte. Eine Weile blieb der Digger so stehen. Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Iwan griff mit den Fingern unter die Brille und drückte gegen die Augäpfel, um sicherzugehen, dass sie noch da waren. Vorsichtig schlug er die Lider hoch.
    Licht.
    Er blinzelte. Seine Wimpern waren völlig verklebt.
    Endlich konnte Iwan wieder etwas sehen. Ein Gang, der entlang der Außenwand des Reaktorgebäudes verlief. Alle paar Meter ein Fenster. Rechts ein staubiges Sofa, darüber ein Bild an der Wand – irgendwas Grünes. Neben dem Sofa ein vertrocknetes Bäumchen in einem riesigen Plastikkübel. Das grelle Sonnenlicht erzeugte einen sonderbaren Schwarz-Weiß-Effekt. In der Luft schwebten glimmernde Staubkörnchen. Das Licht füllte den Raum bis zur Decke. Es wirkte irgendwie stofflich, als könnte man es berühren und hinunterschlucken wie Wasser. Ein fantastisches Gefühl.
    Lange konnte man sich hier jedoch nicht aufhalten. Iwan rannte zur Tür zurück, riss sie auf und schlug sie hinter sich zu. Das Halbdunkel war eine Wohltat.
    So was, dachte Iwan.
    Die grelle Silhouette des Fensters verblasste langsam vor seinen Augen.
    Plötzlich hörte der Digger Schritte. Sie kamen näher. Iwan drückte sich in die Türnische und spähte um die Ecke. Durch einen Seitengang huschte ein Schatten. Fjodor? Warum hatte er es so eilig?
    Iwan lief ihm nach. Der Seitengang befand sich im Inneren des Gebäudes. Grelles Sonnenlicht hatte er hier nicht zu befürchten. Als er um die Ecke bog, sah er ihn. Ein dunkler, gekrümmter Rücken. Fjodor lief und schien etwas zu tragen.
    Aber was?
    Iwan sah sich um. Dann machte er einen Schritt vorwärts und bückte sich.
    Auf dem Boden lag ein Verbandpäckchen. Noch ungeöffnet. Iwan hob es auf, betrachtete es und grinste.
    So, so. Der Graue hat also recht gehabt. Der Alte versteckt jemanden. Und dieser Jemand ist offenbar verletzt.
    Hinter der gelben Sperrholztür waren zwei Stimmen zu hören.
    Der Alte war nicht allein. Und dem Zweiten ging es offenbar nicht besonders gut. Fjodor hatte das Verbandszeug bestimmt nicht zum Vergnügen durch die Gegend geschleppt.
    Iwan trat näher und lauschte an der Tür. Die zweite Stimme war tiefer und leiser. Außerdem klang sie äußerst befremdlich. Iwan wusste selbst nicht, woran das lag. Jedenfalls sprach diese zweite Person so schnell und undeutlich, dass er kein Wort verstand. Der Tonfall war eher klagend, manchmal jammernd, wie vor Schmerz.
    Der Unbekannte war also draußen gewesen und dort auf eine Bestie gestoßen, schlussfolgerte Iwan. Aber warum versteckte der Alte ihn vor den Diggern?
    Das würde sich gleich herausstellen.
    Iwan öffnete die Tür, trat ein und – erstarrte.
    Der Anblick schockierte den Digger.
    Endlich treffen wir uns mal, verdammt!
    Im nächsten Augenblick legte Iwan das Gewehr an. Sein Herz hämmerte. Vor ihm stand eine fast drei Meter große, grässliche Kreatur. Sie hatte ein menschliches Gesicht, das in ein Geflecht von Ästen gepresst war, lange Beine, die aussahen wie Wurzeln, und unterschiedlich lange, ebenfalls umflochtene Arme, die in Lianen ausliefen. Eine Mischung aus Mensch und Pflanze. Die Kreatur schwankte und trat von einem Bein auf das andere wie auf Stelzen. Ein Arm – der längere – und die Hüfte waren verbunden. Durch den dicken Mullverband sickerte Blut. Rot-grünes Blut.
    Das Monster öffnete die Augen. Sie sahen Iwan an. Grau und ausdruckslos.
    »Ich … Ich u…« Seine Lippen bewegten sich. Die Stimme dieses Wesens klang tief und alles andere als menschlich.
    Iwan atmete durch und legte den Finger auf den Abzug.
    Blitzschnell stellte sich Fjodor in die Schusslinie und breitete die Arme aus. Hinter ihm erhob sich das riesige, ungelenke Monster, das halb Mensch, halb Pflanze war.
    »Geh aus dem Weg, Alter, verdammt!«, schrie Iwan.
    »Nein«, entgegnete Fjodor.
    »Geh weg, du Idiot. Sonst frisst es dich auf!«
    »Er heißt Laes.«
    »Was?« Iwan traute seinen Ohren nicht. »Das ist doch … kein Mensch.«
    Fjodor schwieg. Seine Greisenaugen fixierten Iwan trotzig.
    »Was auch immer er ist«, entgegnete er schließlich. »Er ist und bleibt mein Sohn.«
    Was hatte der Alte da gesagt? Sein Sohn?
    »Und seine Mutter?«
    »Können Sie sich an das eine Grab erinnern?«, fragte der Alte. »Marina. Sie war seine Mutter. Kurz nach der Geburt ist sie gestorben. Sie konnte kaum mehr sehen, als das Kind zu schreien begann. Es war von Anfang an … bizarr. Ein Geflecht

Weitere Kostenlose Bücher