Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

tiefe Grube springen. Sollte es den vereinigten Streitkräften der Allianz gelingen, die Majakowskaja zu erobern, wäre es bis zur Einnahme der Ploschtschad Wosstanija nur noch ein kleiner Schritt. Doch die Majakowskaja war eine Festung. Wie die Wassileostrowskaja .
    Iwan seufzte. Er musste plötzlich an Tanjas Gesichtsausdruck denken, als er ihr sagte, dass er wegen des Krieges gehen müsse. Ein Ausdruck des Befremdens. Nicht, weil er ging. Vielmehr verbarg sich darin die Frage: Kann das denn sein? Dass der Krieg genauso wichtig ist wie das Glück?
    Frauen haben ihre eigene Vorstellung von Glück. Für uns Männer sind Symbole nicht so wichtig. Was bedeutet uns schon ein Ring am Finger? Wenn eine Frau zu uns gehört, dann wissen wir das auch so. Der Ring spielt dabei keine Rolle. Hochzeitskleid, Ring, feierliche Zeremonie – weibliche Flausen. Frauen! Sie trauen sich erst, glücklich zu sein, wenn sie den offiziellen Segen dafür haben.
    In unmittelbarer Nähe schepperte Metall. Iwan hätte dem Schuldigen am liebsten einen Tritt in den Hintern verpasst.
    So ein Trottel, verdammt! Der Tunnel verläuft kerzengerade. Wenn die Moskowiter so paranoid sind, wie man ihnen nachsagt, haben sie ihre Maschinengewehre gewiss schon eingeschossen, um notfalls blind feuern zu können. Oder sind die Posten womöglich gar nicht mehr am Leben? Wo bleibt dann Schakilow?
    Und wo bleibt das Angriffssignal?
    Iwans Hände schwitzten. Er wischte sie an seiner Jacke ab.
    Pläne gehen nie hundertprozentig auf. Irgendeiner baut immer irgendeinen Mist. Trotzdem – es musste einfach klappen!
    Iwan sah auf die Uhr. In der Dunkelheit schimmerten die Zeiger grün. Er hatte die Uhr aus dem Geschäft an der Linie 5 besorgt. Eine gute Mechanik war das A und O – einfach aufziehen und das Ding funktionierte zuverlässig. Vor Beginn der Aktion hatte Memow einen Uhrenvergleich angeordnet. Jetzt standen die Zeiger exakt auf vier Uhr zweiunddreißig.
    Schakilow war vor zwanzig Minuten aufgebrochen – eine Ewigkeit.
    Doch es kam immer noch kein Signal.
    Was tun?
    »Ist es so weit?«, flüsterte jemand. »Chef, ist es so weit?«
    Da brauchte wohl schon wieder jemand einen Tritt in den Hintern.
    »Ruhe!«, zischte Iwan.
    Die hermetischen Tore waren eine unverzichtbare Einrichtung, um die Tunnel der Metro gegen drohende Überflutungen zu schützen. Dabei handelte es sich um quadratische, einen halben Meter dicke Stahltore, die in den Tunneln und an den Ausgängen zu den Rolltreppen installiert waren. In jedem Tunnel gab es zwei bis vier davon.
    Die automatischen Schließmechanismen funktionierten nicht mehr, doch die Tore ließen sich auch von Hand bedienen. Mithilfe eines Spezialschlüssels und eines Hebels konnte ein solches Tor innerhalb von acht bis neun Minuten geschlossen werden.
    Iwan schätzte die Lage nüchtern ein: Wenn die Moskowiter Wind von der Sache bekamen und sich lange genug hielten, um die hermetischen Tore am Tunnelausgang (etwa zwanzig Meter vor der Bahnsteighalle) und im Übergang von der Majakowskaja zur Ploschtschad Wosstanija zu schließen, dann hatten sie den Krieg so gut wie gewonnen.
    Denn eine Sprengung war keine realistische Option. Wer war schon so verrückt, ein hermetisches Tor zu sprengen? Andererseits, wer war schon so verrückt, einen Dieselgenerator zu stehlen?
    Diese verdammten Bastarde. Wegen ihnen steh ich mir hier die Beine in den Bauch.
    Die Anspannung wurde allmählich unerträglich. Iwan schloss für ein paar Sekunden die Lider, um seinen überanstrengten Augen eine kurze Pause zu verschaffen. Sein Sturmtrupp wartete immer noch auf Befehle.
    Als sie die Station verließen, hatte Wodjanik sie als Grenadiere Peters des Großen betitelt. Der Professor selbst hielt sich bei den Hauptstreitkräften auf. Er war nicht allzu schnell auf den Beinen und allein mit seinem flinken Verstand hätte er gegen die Moskowiter nichts ausrichten können – die standen eher aufs Abknallen als aufs Zuhören.
    Iwan seufzte. Er hatte plötzlich Kossolapys Gesicht vor Augen – sein in die Finsternis gestanztes Abschiedslächeln.
    Verdammt, ausgerechnet jetzt.
    Iwan zuckte zusammen. Das Signal!
    Im nächsten Moment stürmte er mit vorgehaltener Kalaschnikow los.
    »Granaten klarmachen!«, kommandierte er.
    Das deutlich vernehmbare Stampfen einzelner Stiefel erinnerte ihn daran, wie klein sein Trupp war. Neben ihm hörte er ein heiseres, angestrengtes Schnaufen. Der Admiralze Koljan rannte wie besessen. Er war mit einerSimonow SKS