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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Gaebel
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beantwortet werden mussten. Jones war das, was Gene hätte sein sollen.
    Wenn Jones an Dicks Mutter dachte, an ihren Schmerz, an ihre Einsamkeit, dann fühlte er sich steif und arthritisch, alles in ihm knirschte.
    Er drehte sich auf dem Absatz um und hörte Mort Cassis, wie er ihn etwas fragte. Ohne sich wieder umzuwenden, hob Jones seine Hand zum Abschied und ging.
    Mort Cassis blieb nichts anderes übrig, als ein fragendes Gesicht zu machen wie alle anderen.
    Es war Pepper, der als Erster wieder den Mund aufmachte:«Wo geht der denn jetzt hin? Was sollen wir denn jetzt machen? Er kennt das hier doch viel besser als wir.»Er zeigte auf den Pick-up und die Lichtung und auf sie alle.
    «Pepper, alles wird gut. Komm, wir kümmern uns jetzt mal um deinen Kran und sehen nach, was ihm fehlt.»Mort nahm Pepper bei der Hand und führte ihn zu seinem störrischen Kran. Und während sie sich von der Lichtung und den ratlosen Gesichtern entfernten,
brabbelte Pepper irgendetwas von bösen Geistern und seinem sensiblen Kran.
    Mort wusste, er musste einfach nur da sein, dann würde Pepper sich auch den Geistern stellen, die sich in den Drähten des Krans breitgemacht hatten.
    Father Svenson blickte den beiden hinterher, griff in seine Tasche und wollte gerade seinen Geist stärken, als Jack Griffins ihm den Flachmann aus der Hand nahm. Svensons Lippen aber merkten nicht, dass keine Flasche zu ihnen unterwegs war, und schnappten ins Leere.
    Der Priester bekreuzigte sich.
    Jack Griffins raunte ihm zu:«Father, seit wann so fromm?»
    «Seitdem du meinen Whiskey hast, du kleine Mistkröte. »
    Sie sahen gebannt zu, wie Pepper mit Morts wortgewaltiger Unterstützung den Kran anwarf und ihn zur Lichtung lenkte. Er war auch schon fast am Ziel, aber dann streikte der Kran erneut. Er sprotzte, gurgelte, hickste, um sich dann mit einem Knall und einer Rußwolke zu verabschieden.
    «Ich hab’s euch doch gesagt, er mag nicht», jaulte Pepper.
    Da standen sie nun. Mit einem auf wundersame Weise aufgetauchten Pick-up und einem sensiblen Kran, der streikte.
     
    «Ist dir kalt?»Dick sah Pitty von der Seite an.
    «Nein, ich glaub nicht.»

    Dick zog seine Jacke aus und legte sie Pitty um die Schultern.
    Er ließ sie nicht los, ließ seine Hände auf ihren Schultern und drehte sie zu sich. Und ohne sich noch ein weiteres Mal anzusehen, damit sie es sich vielleicht in letzter Sekunde doch noch anders überlegen konnte, weil alles zu viel und viel zu schnell und zu neu und auf einmal war, küssten sich Dick TreLuke und Pitty Pruitt.
    Es war kein sanfter, sich langsam annähernder, Spannung aufbauender Kuss. Es war ein Kuss, der geküsst werden musste, wenn nicht zu dem Zeitpunkt, dann nie. Ein Kuss wie Pflasterabreißen, schnell und schmerzhaft. Er war eigentlich unmöglich als erster Kuss. Aber so wurde er nun mal geküsst, der erste Kuss. So und nicht anders.
    Dick schämte sich im Nachhinein auch ein bisschen dafür, meinte immer, wenn er eine Wahl gehabt hätte, er hätte das besser gemacht.
    Das Boot fing bedenklich an zu schaukeln.
    Pitty klammerte sich an Dick, schnappte nach Luft und wandte den Blick aber nicht von ihm ab. Dick war noch vollkommen überrumpelt und sah sie verblüfft an. Die Dämmerung begann Rickville und Umgebung in Beschlag zu nehmen und freute sich darauf, die Gegend in nächtliches Graublau zu tunken.
    «Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?»
    «Yowp.»Er antwortete, ohne nachzudenken.
    Ihre Hände fanden sich wieder, aber jetzt war es kein leichtes Handauflegen, sondern ein fester Griff. Dicks Hand umfing die von Pitty und ließ sie verschwinden.

    Nachdem Dicks Hirn sich wieder in Gang gesetzt hatte, wunderte Dick sich, dass er bis zuletzt den Drang verspürt hatte, allein zu sein, und leichtfertig die letzte Chance vertan hatte, sein Sofa, sein Bett, sein Haus, sein Ich nur für sich zu haben. Er war immer allein gewesen. Nur selten hatte es ihn gewurmt, keine Gesellschaft zu haben. Er hatte zu viele schlechte Beispiele gesehen. Diese schlechten Beispiele hatten ihn davon abgehalten, jemanden zu nah an sich heranzulassen. Keifende Frauen, saufende Männer, die sich duckten, wenn ihre Frauen um die Ecke bogen. Menschen, zwischen denen keine Liebe war. Für die der andere nur da war, um bloß nicht allein zu sein. Dann doch lieber allein. Und jetzt saß diese Pitty neben ihm und sorgte allein durch ihre Anwesenheit dafür, dass er sich auch in Gesellschaft sauwohl fühlte.
    «Wir sollten wieder zurück, es wird

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