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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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Wohnzimmer wurde von einer einzelnen gelben Lampe in der Ecke beleuchtet. Wie lange war sie ... nebenan gewesen?
    Gem rannte in die Küche, wobei sie keinen ihrer Schritte wahrzunehmen vermochte. Als sie die Hintertür öffnete, schrak sie vor dem lauten Quietschen zurück. Offensichtlich konnte sie alles hören, außer sich selbst. Nebenan, dachte sie. Alle sind noch dort .
    Dieses Mal war sie auf das Geräusch, das die Tür beim Öffnen verursachte, gefasst und rannte unbeirrt hinaus. Gem spurtete die Verandastufen hinunter und während sie über das Gras zum Haus der Watts’ lief, sogen sich ihre Socken mit Tau voll. Die hohen Fenster der Nachbarhäuser waren dunkel, es schien keiner zu Hause zu sein. Sie erinnerte sich, wie der komische schwarze Rauch, oder was immer es gewesen sein mochte, über das Fenster gekrochen war und die Szene mit ihrem Bruder wie hinter einem spritzlackierten Fenster verborgen hatte. Wie war sie da rausgekommen? Irgendetwas musste sie nach Hause transportiert haben. Vielleicht hatte Gott sie wirklich gerettet.
    Gem war an dem Fenster angelangt, das am nächsten zur Rückseite des Hauses lag. Unglücklicherweise war es eines dieser Buntglasdinger. Sie machte einen Schritt zur Seite und stand vor einem der neuen Fenster; so hoch wie das Original, aber durchsichtig. Es reflektierte sowohl das Bild der Straßenlaterne als auch umrisshaft ihr Haus. Doch selbst wenn sie sich hin- und herbewegte, konnte sie keine Spiegelung ihrer selbst in der Scheibe sehen. Wie ein Vampir , dachte sie.
    Die Episode im Nachbarhaus musste bloß ein Traum gewesen sein. Sie war vermutlich auf der Couch eingeschlafen und hatte geträumt, dass Joyce Lindu zurückgekehrt war. Okay , dachte sie. Okay, das ergibt, verdammt noch mal, viel mehr Sinn .
    Allerdings erklärte es nicht, weshalb sie weder ihre Stimme noch irgendein Spiegelbild besaß.
    Ich träume immer noch.
    Sie beugte sich so weit nach vorn, bis ihre Stirn die Scheibe berührte. Sie schirmte mit beiden Händen ihre Augen ab, doch da war nichts zu sehen – jedenfalls nicht anfangs. Vielleicht waren hier Vorhänge oder so etwas in der Art angebracht. Als das Ding, das auf der anderen Seite des Glases gestanden hatte, die Lider hob, starrten sie zwei gelbe Augen an.
    Gem zuckte zurück, stolperte über ihre eigenen Füße und landete hart auf dem Hintern. Der Schmerz war scharf und kam sofort. Sie keuchte auf und blickte zum Fenster, zu den Augen, die im Inneren des Hauses schwebten. Der untere Fensterflügel öffnete sich, einer Zugbrücke gleich, in ihre Richtung. Die Augen glitten durch die Öffnung, sie schienen sogar das Fliegengitter mühelos durchqueren zu können. Ein dunkler Kopf kam in der Nachtluft zum Vorschein.
    Das ließ Gem ihren Schmerz vergessen, und sie krabbelte im Krebsgang in die entgegengesetzte Richtung. Irgendetwas – und etwas war der einzig passende Begriff dafür – kroch aus dem Haus und fiel mit einem dumpfen Schlag in das Blumenbeet unter dem Fenster. Eilig zog Gem die Füße zurück, da sie dem Ding nicht zu nahe kommen wollte. Der Körper der Kreatur glänzte im Licht der Straßenlampe, als sie ihre Glieder ausstreckte. Doch da der Mond auf der anderen Seite des Hauses aufgegangen war, blieben die Details des Wesens größtenteils verborgen. Eine Ausnahme bildeten die Augen – große, vorquellende Augen, wie die von Tolkiens Gollum, stierten im Garten umher, bis sie sich auf Gem fixierten. Wo sich die Augäpfel gewöhnlich weiß zeigten, präsentierten sie sich hier gelb mit grellroten Venen durchzogen und runden, schwarzen Pupillen in der Mitte. Die Augen glühten mit einem halbtoten Licht, das in dem kahlen, missgestalteten Kopf versteckt sein musste.
    Gem rührte sich nicht, auch nicht, als sich das Ding auf zwei spindeldürre Beine erhob. Es war nackt und geschlechtslos. Die Augen wanderten von dem Mädchen fort, suchten die Straße und die weitere Umgebung ab und schauten dann zu Gem zurück. Nach diesem zweiten, langen Blick schnellten Augen und Kopf nach oben.
    Die Kreatur verharrte für einige Sekunden in dieser Position, ohne Gem erneut zu betrachten. Sie riskierte es, nach hinten zu spähen, um zu erfahren, was das Ding anglotzte; nur ein kurzer Blick, aus Furcht, es könnte bemerken, dass sie nicht aufpasste und über sie herfallen. Das Dachbodenfenster war erleuchtet. Es bedeutete, ihr Vater hielt sich zu Hause auf, wie immer mit seinem Funkgerät auf dem Speicher abgeschottet.
    Ein Zischen lenkte Gems

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